Ester 3 bis 8.
Nahezu 50.000 verbannte Juden hatten den Erlass des Königs Kyrus in Anspruch genommen, der ihnen die Heimkehr gestattete. Doch im Vergleich zu den Hunderttausenden, die über die vielen Provinzen des Me- do-Persischen Reiches zerstreut waren, machten sie nur einen Teil aus. Die große Mehrheit der Israeliten hatte es vorgezogen, im Land ihres Exils zu bleiben, statt die Mühen der Heimreise und des Wiederaufbaus ihrer verwüsteten Städte und Häuser auf sich zu nehmen.
Missachtete Aufforderungen Zur Rückkehr
Mehr als 20 Jahre vergingen, als ein zweiter, ebenso großzügiger Erlass wie der erste herauskam, und zwar vom damaligen Herrscher Darius I. So sorgte Gott in seiner Güte für eine weitere Gelegenheit, dass die Juden im Medo-Persischen Reich in das Land ihrer Vorväter zurückkehren konnten. Der Herr sah die unruhigen Zeiten voraus, die während der Regierung von Xerxes (im Buch Ester "Ahasveros" genannt) folgen würden. Er bewirkte daher nicht nur einen Sinneswandel in den Herzen der Machthaber, sondern inspirierte auch Sacharja dazu, die Verbannten eindringlich zur Heimkehr aufzufordern. "Auf, auf! Flieht aus dem Land im Norden!", lautete die Botschaft an die zerstreuten Stämme Israels, die sich in vielen Ländern fern von ihrer früheren Heimat niedergelassen hatten. ">Ich habe euch in alle Winde zerstreut‹, spricht der Herr. ›Auf! Ihr Menschen aus Zion, die ihr noch in Babel wohnt, flieht!‹ Denn so spricht der Herr, der Allmächtige, der mich zu den Völkern gesandt hat, die euch ausgeplündert haben: ›Wer euch antastet, tastet meinen kostbarsten Besitz an. Ich werde meine Hand gegen sie erheben und sie werden zur Beute ihrer eigenen Sklaven werden.‹ Dann sollt ihr erkennen, dass der Herr, der Allmächtige, mich gesandt hat." (Sacharja 2,1013 NLB)
Wie von Beginn an war es immer noch die Absicht des Herrn, dass sein Volk ein Lobpreis auf Erden sein sollte, um seinen Namen zu verherrlichen. Während der langen Jahre der Verbannung hatte er den Israeliten viele Gelegenheiten geschenkt, in das Treueverhältnis zu ihm zurückzukehren. Einige hatten sich entschlossen, auf ihn zu hören und zu lernen und hatten mitten in der Not Rettung gefunden. Viele von ihnen gehörten zu den Übrigen des Volkes, die heimkehren sollten. Das inspirierte Wort verglich sie mit der Spitze "vom Wipfel der Zeder", die Gott "auf einen hohen und erhabenen Berg" pflanzen wollte. "Ich werde ihn auf den höchsten Berg von Israel pflanzen." (Hesekiel 17,22.23 NLB)
Jene, "deren Geist Gott erweckt hatte" (Esra 1,5), waren aufgrund des Erlasses von König Kyrus heimgekehrt. Aber Gott hörte nicht auf, an denen zu wirken, die freiwillig im Land ihres Exils blieben. Auf vielfache Weise wirkte er, sodass ihnen die Rückkehr ermöglicht wurde. Die große Menge hingegen, die nicht auf den Erlass von Kyrus reagiert hatte, blieb auch für spätere Aufrufe unempfänglich. Selbst als Sacharja sie aufforderte, unverzüglich aus Babylon zu fliehen, wurde seine Warnung missachtet.
Die Verhältnisse Ändern Sich Unter Xerxes
Die Verhältnisse im Medo-Persischen Reich änderten sich schnell. Auf Darius, unter dessen Regierung den Juden bemerkenswerte Gunst erwiesen worden war, folgte Xerxes der Große. Unter seiner Herrschaft erlebten jene Juden, die der Aufforderung zur Flucht keine Beachtung geschenkt hatten, eine schreckliche Krise. Nachdem sie sich geweigert hatten, den von Gott vorgesehenen Ausweg einzuschlagen, mussten sie bald dem Tod ins Auge sehen.
Zu jener Zeit benutzte Satan den Agagiter Haman, einen rücksichtslosen, sehr einflussreichen Mann im Reich, um den Absichten Gottes entgegenzuwirken. Haman hegte bitteren Groll gegen Mordechai, einen Juden. Mordechai hatte ihm kein Leid angetan. Er hatte sich bloß geweigert, ihm gnädigste Ehrerbietung zu erweisen. Nur an Mordechai Hand anzulegen war aber Haman zu wenig. Er plante, "alle Juden im Persischen Reich, das ganze Volk von Mordechai, auszurotten" (Ester 3,6b GNB).
Durch falsche Aussagen Hamans wurde Xerxes zum Befehl bewogen, alle Juden niedermetzeln zu lassen, die "verstreut und abgesondert unter den Völkern in allen Provinzen" des Persischen Reiches wohnten (Ester 3,8 NLB). Man setzte einen bestimmten Tag fest, an dem die Juden getötet und ihre Besitztümer eingezogen werden sollten. Der König war sich kaum bewusst, welch weitreichende Folgen die vollständige Durchführung dieses Erlasses nach sich gezogen hätte. Der verborgene Anstifter war Satan selbst, der durch dieses Ränkespiel versuchte, die Erde von denen zu säubern, die die Erkenntnis des wahren Gottes bewahrten.
"In jeder einzelnen Provinz, in der der Erlass des Königs eintraf, herrschte große Trauer unter den Juden. Sie fasteten, weinten und klagten, und viele betteten sich auf Sack und Asche." (Ester 4,3 NLB) Ein Erlass der Meder und Perser konnte nicht widerrufen werden. Anscheinend gab es keine Hoffnung. Alle Israeliten waren zum Untergang verurteilt.
Ester Tritt Für Ihr Volk Ein
Doch die Anschläge des Feindes wurden durch eine Macht vereitelt, die über den Menschen steht. Nach der Vorsehung Gottes war Ester, eine Jüdin, die den Höchsten fürchtete, zur neuen Königin des Persischen Reiches erkoren worden. Mordechai war nahe mit ihr verwandt. In ihrer äußersten Not beschlossen sie, sich um ihres Volkes willen an Xerxes zu wenden. Ester sollte sich als Fürsprecherin in seine Gegenwart wagen. "Wer weiß, ob du nicht für eine Situation wie diese zur Königin wurdest", sagte Mordechai zu ihr (Ester 4,14b NLB).
Die Krise, der Ester ins Auge sah, verlangte rasches, entschiedenes Handeln. Sie und Mordechai erkannten jedoch, dass ihre Bemühungen vergeblich sein würden, wenn nicht Gott machtvoll zu ihren Gunsten wirkte. Daher nahm sich Ester Zeit zur Gebetsgemeinschaft mit Gott, der Quelle ihrer Kraft, und wies Mordechai an: "Geh, sammle alle Juden, die sich in Susa befinden, und fastet für mich. Drei Tage und Nächte sollt ihr nichts essen und trinken. Meine Dienerinnen und ich werden dasselbe tun. Nach dieser Vorbereitung werde ich dann, obwohl es gegen das Gesetz verstößt, zum König gehen. Wenn ich umkomme - dann komme ich um." (Ester 4,16 NLB)
Die Ereignisse, die rasch aufeinander folgten - Esters Auftritt vor dem König, die auffallende Gunstbezeugung, die ihr der König entgegenbrachte, die Festmähler des Königs und der Königin mit Haman als einzigem Gast, der gestörte Schlaf des Königs, der dann im Buch mit den täglichen Meldungen entdeckte, dass Mordechai eine Verschwörung gegen ihn aufgedeckt hatte (vgl. Ester 2,21-23; 6,1.2), die öffentliche Ehrung Mordechais, die Demütigung und der Sturz Hamans, als seine üble Verschwörung aufgedeckt wurde - all dies sind Einzelheiten einer wohl bekannten Geschichte.
Die Juden Dürfen Sich Wehren
Ein Gegenerlass des Königs, der den Juden erlaubte, für ihr Leben zu kämpfen, wurde durch berittene Boten "schnell und eilends nach dem Wort des Königs" in alle Teile des Königreiches getragen. "In allen Ländern und Städten, an welchen Ort auch immer des Königs Wort und Gesetz gelangte, war Freude und Wonne unter den Juden, Gastmahl und Festtag; und viele aus den Völkern im Lande wurden Juden; denn die Furcht vor den Juden war über sie gekommen." (Ester 8,14.17)
An dem Tag, der für ihre Vernichtung festgesetzt war, "versammelten sich die Juden in ihren Städten, um sich gegen alle, die sie bedrohten, zu wehren. Niemand konnte vor ihnen bestehen, denn alle hatte Furcht vor ihnen überfallen" (Ester 9,2 NLB). Engel, die sich durch ihre Stärke auszeichneten, waren von Gott beauftragt worden, sein Volk zu beschützen, während es sein Leben verteidigte.
Mordechai erhielt die ehrenvolle Stellung, die Haman vorher bekleidet hatte. Er "wurde nach dem König der wichtigste Mann im Reich. Er war unter den Juden beliebt und hoch geachtet, denn er handelte stets zum Wohl seines Volkes und zum Wohl seiner Nachkommen" (Ester 10,3 NLB). Er tat alles, um das Wohl Israels zu fördern. Gott brachte sein erwähltes Volk am persischen Hof wieder zu Ansehen, und seine Absicht, es in sein Heimatland zurückzuführen, wurde wieder möglich. Doch erst mehrere Jahre später, im siebten Regierungsjahr von Artaxerxes I., dem Nachfolger des großen Xerxes, kehrte eine nennenswerte Anzahl unter Esra nach Jerusalem zurück (vgl. Esra 8).
Ähnliche Schwierigkeiten In Der Endzeit
Die schwierigen Erfahrungen, die in der Zeit Esters Gottes Volk heimsuchten, waren nicht nur für jene Zeit kennzeichnend. Der Verfasser des Buches Offenbarung, der die Jahrhunderte bis zum Ende der Weltzeit überblickte, erklärte: "Der Drache wurde zornig über die Frau [die Gemeinde] und ging hin, zu kämpfen gegen die Übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu." (Offenbarung 12,17) Einige, die heute auf Erden leben, werden die Erfüllung dieser Aussage erleben. Derselbe Geist, der in der Vergangenheit Menschen dazu verleitete, die wahre Gemeinde Christi zu verfolgen, wird sich in der Zukunft denen gegenüber ähnlich verhalten, die Gott die Treue halten. Schon jetzt werden Vorbereitungen für diesen letzten großen Kampf getroffen.
Der Erlass gegen Gottes Volk am Ende der Zeit wird jenem von Xerxes gegen die Juden sehr ähnlich sein. Die Feinde der wahren Gemeinde sehen heute schon in der kleinen Schar, die das Sabbatgebot hält, einen Mordechai am Tor. Das Volk Gottes, das sein Gesetz in Ehren hält, ist Ziel ständiger Vorwürfe seitens derer, welche die Ehrfurcht vor dem Herrn verloren haben und seinen Sabbat mit Füßen treten.
Satan wird Entrüstung gegen jene Minderheit erwecken, die sich weigert, populäre Gewohnheiten und Traditionen anzunehmen. Männer von Rang und Würde werden sich mit Gesetzlosen und Niederträchtigen zusammentun, um sich gegen das Volk Gottes zu beraten. Reiche, Hochbegabte und Gebildete werden sich in der Verachtung und Abscheu der Gläubigen zusammentun.
Herrscher, Geistliche und Kirchenmitglieder werden sich als Verfolger gegen das Volk Gottes verschwören. Durch Reden und Veröffentlichungen, durch Prahlerei, Drohungen und Spott wird man versuchen, ihren Glauben zu überwinden. Durch falsche Darstellungen und zornige Aufrufe werden Männer die Bevölkerung aufpeitschen. Da sie gegen die Verteidiger des biblischen Sabbats kein "So lehrt es die Heilige Schrift" vorbringen können, werden sie auf unterdrückende Gesetze zurückgreifen, um den Mangel auszugleichen. Um sich Beliebtheit und Unterstützung zu sichern, werden die Gesetzgeber der Forderung nach Sonntagsgesetzen nachgeben. Wer jedoch wahre Ehrfurcht vor Gott besitzt, kann keiner Verordnung zustimmen, die eines der Zehn Gebote verletzt.
Auf diesem Schlachtfeld wird der letzte große Streit in der Auseinandersetzung zwischen Wahrheit und Irrtum ausgefochten werden. Und über den Ausgang werden wir nicht im Zweifel gelassen. Wie in den Tagen Esters und Mordechais wird der Herr auch dann seine Wahrheit und sein Volk verteidigen.