------------------------Wir haben einen Fürsprecher WHF 5 1 Vorwort WHF 10 1 Einführung WHF 27 1 Kapitel 1 -- Christus im Opferwesen des alten Testaments WHF 32 1 Kapitel 2 -- Die Stiftshütte und ihr Dienst WHF 53 1 Kapitel 3 -- Das Evangelium in Sinnbild und Erfüllung WHF 61 1 Kapitel 4 -- Die Wirkung der Göttlichen Gerichtsbotschaft im 19. Jahrhundert WHF 89 1 Kapitel 5 -- Licht durch Finsternis WHF 100 1 Kapitel 6 -- Die Erweckung am Ende der 2300 Jahre WHF 110 1 Kapitel 7 -- Die Herrlichkeit des himmlischen Heiligtums WHF 130 1 Kapitel 8 -- Unser Hoherpriester im Allerheiligsten WHF 144 1 Kapitel 9 -- Christi abschließender Dienst im himmlischen Heiligtum ------------------------Vorwort WHF 5 1 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es innerhalb der christlichen Kirchen und Gemeinschaften in verschiedenen Ländern, vorwiegend aber in Europa und Nordamerika, zu starken geistlichen Erweckungen. Anstoß dazu war die in jener Zeit zunehmende Bibelverbreitung und ein wachsendes Interesse am Studium des prophetischen Wortes der Heiligen Schrift. Dabei stießen ernste Christen der verschiedensten Bekenntnisse immer wieder auf die Botschaft von der Wiederkunft Christi. Die Worte aus dem christlichen Glaubensbekenntnis "von dannen er (Christus) kommen wird", lange Zeit fast völlig vergessen, gewannen neue Bedeutung. Viele glaubten, daß die Wiederkunft Christi nahe bevorstehe. Auf Grund der Bibelworte in Daniel 8,14 nahm beispielsweise der Prälat Bengel in Württemberg an, daß Jesus 1836 erscheinen wird, während man vor allem in Nordamerika die Überzeugung gewann, daß dieses große Ereignis im Jahre 1844 erfolgen werde. WHF 5 2 Hunderttausende wurden von dieser Erweckungsbewegung ergriffen. Tausende bekehrten sich und bereiteten sich mit allem Ernst auf das Kommen Christi vor. Als aber die angesetzte Zeit verstrich und nichts geschah, bemächtigte sich vieler eine große Enttäuschung. In tiefer Niedergeschlagenheit gaben sie die Adventhoffnung auf, die doch ihr Leben zu jener Zeit so stark geprägt hatte. Nicht wenige warfen ihren Glauben sogar völlig weg. WHF 6 1 Nur eine Handvoll Getreuer, die über das Ausbleiben ihrer Erwartung zwar ebenso niedergedrückt war, gab Gottes Wort nicht auf, sondern forschte unermüdlich weiter in der Bibel. Sie waren überzeugt, daß Gottes Wort wahrhaftig ist. Folglich konnte der Irrtum nur bei ihnen liegen, in einer verkehrten Auffassung des vom prophetischen Wort angekündigten Ereignisses. Bei ihrem Forschen stießen sie auf manche biblische Lehre, die im Laufe der Jahrhunderte vergessen oder entstellt worden war. Sie gewannen eine tiefere Erkenntnis des Heilshandelns Gottes und des hohenpriesterlichen Dienstes Jesu Christi. In diesem Ringen um das rechte Verständnis der Heiligen Schrift vereinigten sich ernste Christen verschiedener Kirchen und Gemeinschaften und schlössen sich fast zwei Jahrzehnte nach der großen Enttäuschung zur Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten zusammen. WHF 6 2 In diese Zeit der lebendigen Naherwartung, der niederschmetternden Enttäuschung und des darauffolgenden Suchens will diese Schrift einführen. Von ihren Erfahrungen in jenen Tagen berichtet in dieser Abhandlung vor allem E. G. White, die durch ihr festes Gottvertrauen vielen half, den Weg aus der Enttäuschung zu finden, die biblische Botschaft besser zu verstehen und die Aufgabe zu erkennen, die Gott seiner Gemeinde angesichts der Nähe der Wiederkunft Christi aufgetragen hat. Es handelt sich um Auszüge aus verschiedenen Büchern und Schriften von E. G. White. Daher kann diese Broschüre keine systematische Darstellung sein, sie gibt aber ein lebendiges Bild von den Erfahrungen jener Adventgläubigen. WHF 6 3 In den folgenden Ausführungen wird vor allem gezeigt, wie durch das Studium des Hebräerbriefes und der Sinnbilder des alttestamentlichen Opferdienstes eine tiefere Erkenntnis des hohenpriesterlichen Dienstes Christi gewonnen wurde. WHF 7 1 Die Broschüre, die vor einigen Jahren aus den Schriften von E. G. White zusammengestellt wurde, trägt den Originaltitel "Christ in his Sanctuary". Unter dem Titel "Wir haben einen Fürsprecher" soll sie nun Gemeindeglieder und Prediger anregen, sich eingehender mit dem hohenpriesterlichen Dienst Christi zu beschäftigen. WHF 7 2 "Die Gerechtigkeit durch den Glauben" ist die Mitte der biblischen Offenbarung. Zu einem tieferen Verständnis dieser wichtigen Botschaft der Heiligen Schrift verhilft uns das Wissen um den hohenpriesterlichen Dienst Jesu. Der Erlösungsplan schließt weit mehr ein als das stellvertretende Opfer Christi, das ohne Frage der Kern ist; er umfaßt auch den Dienst unseres Herrn als himmlischer Hoherpriester. Nachdem Christus das Opfer vollbracht hatte, stand er von den Toten auf "um unserer Rechtfertigung willen" (Römer 4,25) und ging in das himmlische Heiligtum ein, wo er seinen priesterlichen Dienst versieht. Am Kreuz "hat er eine ewige Erlösung für uns erworben" (Hebräer 9,12), nun dient er für uns, damit diese Versöhnung all denen zuteil wird, die bereit sind, die Fülle seiner Gnade anzunehmen. WHF 7 3 Das Opfer, das Christus am Kreuz brachte, ist für alle Menschen vorgesehen; der Dienst im Heiligtum kommt nur denen zugute, die diese Erlösung annehmen. In der Pfingstpredigt erklärte Petrus: "Diesen Jesus hat Gott auf erweckt, des sind wir alle Zeugen", er ist "durch die Rechte Gottes erhöht", und nun hat "Gott diesen Jesus (den ihr gekreuzigt habt) zum Herrn und Christus gemacht" Apostelgeschichte 2,33.34.36. WHF 7 4 Wenn die Apostel in ihren Predigten und Briefen auch vielfach auf die Erhöhung unseres Herrn hinweisen, so wird doch sein Dienst als Hoherpriester erst im Hebräerbrief ausführlich erläutert. Dieser Brief ist im wesentlichen eine Auslegung dieses Themas. Das Opfer Christi und sein priesterlicher Dienst im Himmel werden veranschaulicht am Opferdienst in der Stiftshütte und am Priesteramt Aarons. WHF 8 1 Der priesterliche Dienst unseres Herrn wird mit einem Gerichtswerk abgeschlossen, unmittelbar bevor er in seiner Herrlichkeit wiederkommt. Christus dient dabei nicht in einem Heiligtum, das mit "Händen gemacht ist". Doch die beiden Abschnitte im sinnbildlichen Dienst am irdischen Heiligtum -- die tägliche Versöhnung am Heiligtum und das Gericht, das einmal jährlich in der Reinigung des Allerheiligsten vollzogen wurde -- weisen auf die beiden Phasen des hohenpriesterlichen Dienstes unseres Herrn. Wenn er abgeschlossen sein wird, kommt Christus in Herrlichkeit und bringt mit sich seinen Lohn. WHF 8 2 Wenn der Herr wiederkommt, wird er nicht nur die Erlösten zu sich nehmen, sondern auch endgültig die Sünde vernichten und jede Spur des Bösen auslöschen. Dann wird das Universum völlig gereinigt sein von den furchtbaren Folgen der Empörung gegen Gott. Es wird keine Sünde und keinen Sünder mehr geben. "Christus aber hat uns erlöst" (Galater 3,13) "ein für allemal". Hebräer 10,10. Die Größe des Heilsplanes, der ganze Umfang der Versöhnung und des Dienstes unseres Herrn werden selbst von vielen, die ihn liebhaben und sein Wort schätzen, nicht recht verstanden, weil sie sich wenig oder gar nicht mit dem Dienst unseres Hohenpriesters im himmlischen Heiligtum beschäftigen. WHF 8 3 Stärkung im Glauben und eine tiefere Erkenntnis des Erlösungswerkes empfängt aber jeder, der erkannt hat, daß Jesus Christus heute für ihn als Fürsprecher und Hoherpriester wirkt. "Darum lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird." Hebräer 4,16. WHF 9 1 Möge diese Schrift mit den Fragen, die nach den einzelnen Kapiteln zum Nachdenken anregen wollen, vielen Gläubigen helfen, durch das Wissen von dem hohenpriesterlichen Wirken Christi ein klareres Verständnis von der biblischen Botschaft zu gewinnen: Gerechtigkeit durch den Glauben. Dann wird Jesus Christus wirklich und allein "unsere Gerechtigkeit" sein, und wir werden mit gläubiger Zuversicht ausschauen auf jenen Tag, da die Sünde ausgetilgt sein wird. Die Gläubigen aller Jahrtausende werden in den Lobgesang einstimmen, der vom Thron Gottes ausgeht und sich ausbreitet bis an die Enden des Universums: "Würdig ist das Lamm, das erwürgt ist." "Und alle Kreatur, die im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und im Meer, und alles, was darinnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit." Offenbarung 5,13. Der Herausgeber. ------------------------Einführung WHF 10 1 In ihren Aufzeichnungen erwähnte E. G. White 1883 besonders die Aufgabe, die von der damals noch jungen Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten bis zum zweiten Kommen Christi vollbracht werden muß. In Verbindung damit sagte sie: WHF 10 2 "Die Aufmerksamkeit der Gläubigen sollte auf das himmlische Heiligtum hingelenkt werden, in das Christus eingegangen ist, um für sein Volk die Versöhnung zu vollbringen." WHF 10 3 Als die Gemeinschaft im Jahre 1906 in einer entscheidenden Auseinandersetzung stand, in der grundlegende Lehren der Siebenten-Tags-Adventisten hart angefochten wurden, schrieb sie: "Das rechte Verständnis des Dienstes Jesu im himmlischen Heiligtum ist wesentlich für unseren Glauben." Das Ende der 2300 Tage WHF 10 4 Zu den Weissagungen, die in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Ausgangspunkt der erwachenden Adventhoffnung waren, gehörte die Daniel-Weissagung in Daniel 8,14: "Bis 2300 Abende und Morgen vergangen sind, dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden." WHF 11 1 Ellen White, die jene Erweckungszeit mit erlebt hatte, erklärte hinsichtlich dieser Weissagung: "Gemeinsam mit vielen Christen waren die Adventgläubigen der Ansicht, daß die Erde oder ein Teil von ihr das Heiligtum sei und daß die Weihe des Heiligtums die Reinigung der Erde durch das Feuer des letzten großen Tages bedeutete und bei der Wiederkunft Christi stattfände. Daraus entstand die Schlußfolgerung, daß Christus im Jahre 1844 auf die Erde zurückkehren würde." Der große Kampf 411. WHF 11 2 Diese prophetische Zeitspanne der 2300 Abende und Morgen endete am 22. Oktober 1844. Groß war die Enttäuschung derer, die gehofft hatten, an diesem Tage ihrem Herrn zu begegnen. Hiram Edson, der die Heilige Schrift gründlich durchforscht hatte und selbst zu diesen Gläubigen zählte, berichtet darüber: "Unsere Erwartungen waren sehr groß. Bis gegen Mitternacht erwarteten wir das Erscheinen des Herrn Jesus Christus. Nun war der Tag vergangen, und unsere Enttäuschung wurde bittere Gewißheit. Unsere Hoffnung, der wir uns völlig hingegeben hatten, war zunichte geworden, und eine nie gekannte Traurigkeit ergriff uns. Selbst der Verlust all unserer Freunde auf dieser Erde schien nicht so schmerzlich zu sein. Wir waren tief erschüttert, bis schließlich der Tag anbrach ... WHF 11 3 Ich grübelte darüber nach: War nicht die Adventhoffnung die tiefgreifendste und erhebendste meines ganzen christlichen Lebens gewesen? ... Können wir der Bibel nicht vertrauen? Gibt es keinen Gott, keinen Himmel, keine Stadt Gottes und keine himmlische Heimat? Soll das alles bloße Erfindung sein? Sind es nur kluge Fabeln? Gibt es keine feste Grundlage für die Hoffnung und Erwartung, die uns ergriffen hatten? WHF 11 4 Nach und nach ging mir auf, daß es für uns in unserer Niedergeschlagenheit doch Licht und Hilfe geben muß. Ich sagte zu einigen meiner Brüder, die zugegen waren: ‚Laßt uns zur Scheune gehen!' Wir gingen hinein, schlössen die Tore hinter uns und beugten unsere Knie vor Gott. Inbrünstig beteten wir, denn wir waren uns unserer Ohnmacht bewußt. WHF 12 1 Wir wurden nicht müde im Gebet, bis wir durch das Zeugnis des Geistes die Gewißheit erhielten, daß wir erhört worden waren und Klarheit empfangen sollten, durch die uns die Ursachen unserer Enttäuschung aufgezeigt werden würden. WHF 12 2 Nach dem Frühstück forderte ich einen meiner Brüder auf: ‚Laßt uns unsere Mitbrüder besuchen und sie ermutigen.' Als wir über ein großes Feld gingen, mußte ich ungewollt stehen bleiben. Der Himmel schien sich meinen Blicken zu öffnen. Deutlich erkannte ich, daß unser Hoherpriester Jesus, statt am 10. Tage des 7. Monats, dem Ende der 2300 Tage, vom Allerheiligsten im Himmel auf die Erde zu kommen, vor seiner Wiederkunft zunächst seinen Dienst in der zweiten Abteilung des himmlischen Heiligtums, im Allerheiligsten, aufnahm ... Nun wurden meine Gedanken auf das 10. Kapitel der Offenbarung gelenkt. Dabei erhielt ich die Gewißheit, daß die empfangene Schau der Wahrheit entsprach und nicht erfunden war." Unveröffentlichtes Manuskript, teilweise veröffentlicht in The Review and Herald, 23. Juni 1921. WHF 12 3 Daraufhin erfolgte durch Hiram Edson eine sorgfältige Prüfung all der Bibelstellen, die damit im Zusammenhang stehen, besonders aber des Hebräerbriefes. Das Ergebnis dieses gemeinsamen Forschens faßte Crosier zusammen. Es wurde zuerst in einer Schrift mit geringer Auflage veröffentlicht, dann neu verfaßt und erweitert in einer besonderen Ausgabe des "Day-Star" am 7. Februar 1846 gedruckt. Das war eine weitverbreitete adventistische Zeitschrift, die in Cincinnati, Ohio, herausgegeben wurde. So konnte eine größere Zahl der enttäuschten Adventgläubigen erreicht werden. Diese ausführliche Darlegung, durch Schriftstellen gut belegt, brachte ihnen Hoffnung und Zuversicht. Deutlich zeigte 13 sie, daß das Heiligtum, welches am Ende der 2300 Tage gereinigt werden sollte, im Himmel, also nicht auf der Erde ist, wie man es früher angenommen hatte. WHF 13 1 Ellen G. White bestätigte in einem Aufsatz vom 21. April 1857 den Artikel Crosiers über die Heiligtumsfrage: "Der Herr zeigte mir bereits vor einem Jahr in einem Gesicht, daß Br. Crosier das rechte Verständnis über die Reinigung des Heiligtums hat und daß es des Herrn Wille war, daß Br. Crosier diese Darstellung niederschreiben sollte, wie sie im ‚Day Star Extra' am 7. Februar 1846 gegeben wurde. Ich fühle mich verpflichtet, diesen Sonderdruck jedem Gläubigen zu empfehlen." Ein Wort an die kleine Herde 12. WHF 13 2 Hinsichtlich der wachsenden Erkenntnis auf dem Gebiet der Glaubenslehren unmittelbar nach der Enttäuschung schrieb sie: "Das Jahr 1844 brachte eine Reihe bedeutender Ereignisse für Gottes Volk auf Erden. Dadurch wurden uns die Augen geöffnet, um die Reinigung des himmlischen Heiligtums zu verstehen." Bestätigt durch das Zeugnis des Heiligen Geistes WHF 13 3 Niemals ersetzten die Offenbarungen, die Ellen White in Gesichten gegeben wurden, das gründliche Bibelstudium; sie dienten aber der Bestätigung der neu gewonnenen Überzeugung, daß 1844 ein wichtiger Abschnitt des Dienstes Jesu Christi im himmlischen Heiligtum begonnen hatte. Nach und nach erfaßten die Adventgläubigen die Bedeutung dieser Erkenntnis. In der Erinnerung an jene Studien und die sichtbaren Beweise göttlicher Führung schrieb Ellen White: "Viele unserer Leute erkennen nicht, wie fest die Grundlagen unseres Glaubens sind. Zu denen, die nach 1844 nach dem Verständnis der Wahrheit wie nach verborgenen Schätzen suchten, gehörten mein Mann und Joseph Bates, Stephan Pierce, Prediger Hiram Edson und andere eifrige, ehrbare, aufrichtige Männer. Gemeinsam studierten wir die Bibel und beteten inständig. Oft blieben wir bis zum späten Abend beisammen, manchmal die ganze Nacht hindurch. Wir forschten in der Heiligen Schrift und beteten um Klarheit. Immer wieder trafen sich die Brüder zum Studium der Bibel. Sie wollten Gottes Wort recht verstehen, um es dann mit Vollmacht verkündigen zu können. Kamen sie in ihrem Forschen dahin, daß sie abschließend feststellen konnten: ‚Wir haben alles getan, wozu wir in der Lage sind' dann kam der Geist des Herrn über mich und mir wurde im Gesicht Aufschluß gegeben über die Stellen, die wir durchforscht hatten. Damit verbunden waren Unterweisungen, wie wir fortan wirksam arbeiten und verkündigen sollten. So gelangten wir zu einem tieferen Verständnis der Schriftstellen über die Sendung und das Priestertum Christi. Ich erkannte, daß in Gottes Wahrheit alles eingeschlossen ist, von der Zeit der Enttäuschung an bis hin zu dem Tage, da wir Gottes Stadt betreten werden. Ich gab den ändern weiter, was mir vom Herrn offenbart worden war. WHF 14 1 Während dieser ganzen Zeit vermochte ich nicht den Überlegungen meiner Brüder zu folgen. Ich konnte die Bedeutung der Texte, die wir erforschten, nicht erfassen. Alles schien mir verschlossen zu sein. Das war eine der schwersten Prüfungen in meinem Leben. In dieser Geistesverfassung blieb ich, bis alle wesentlichen Lehren unseres Glaubens erforscht waren und in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes standen. Die Brüder stellten fest, daß ich nicht in der Lage war, ihre Gedankengänge zu verstehen, wenn sie mir nicht durch Gesichte offenbart worden waren. Darum nahmen sie die uns bereits geschenkten Offenbarungen als eine unmittelbar vom Himmel gegebene Bestätigung an." Selected Messages I, 206.207. WHF 15 1 Ehrfurcht ergriff die Pioniere der Adventbewegung, als sie erkannten, daß Christus in das Allerheiligste des himmlischen Heiligtums eingegangen war, um das Schlußwerk seines Mittleramtes für uns zu vollziehen, so wie es vor alters im Heiligtumsdienst Israels sinnbildlich geschah. Diese Botschaft war so deutlich -- so gewaltig --, daß sie es kaum fassen konnten, dafür Verantwortung zu tragen, daß die empfangene Erkenntnis ändern mitgeteilt werde. WHF 15 2 Über die Gewißheit ihrer Überzeugung schrieb E. G. White: "In der Erkenntnis der Wahrheit, die uns in jener frühen Zeit geschenkt wurde, mußten wir fest gegründet werden. Damals stürmte ein Irrtum nach dem ändern auf uns ein. Prediger und Ärzte brachten neue Anschauungen auf. Wir suchten unter viel Gebet in der Schrift, und dann offenbarte der Heilige Geist unserm Verständnis, was Wahrheit ist. Mitunter wurde ganze Nächte hindurch in der Schrift geforscht und um Gottes Führung im ernsten Gebet gerungen. Zu diesem Zweck versammelten sich ganze Gruppen gottergebener Männer und Frauen. Gottes Kraft ergriff und befähigte mich, zwischen Wahrheit und Irrtum klar zu unterscheiden. WHF 15 3 So gewannen wir in den Lehrpunkten unseres Glaubens ein Fundament, auf dem unsere Füße sicher stehen konnten. Unter dem Einfluß des Heiligen Geistes wurden wir immer tiefer in die göttliche Wahrheit eingeführt. Weitere Erläuterungen erhielt ich im Gesicht. Bildhafte Erklärungen himmlischer Dinge, vor allem des Heiligtums, wurden mir zuteil, so daß göttliches Licht in hellen, klaren Strahlen auf uns schien. WHF 15 4 Ich weiß, daß die Lehre über das Heiligtum auf Gerechtigkeit und Wahrheit gegründet ist, so wie wir sie seit vielen Jahren erkannt haben." Gospel Workers 302-303. Die Pioniere der Bewegung sahen in der Heiligtumswahrheit etwas Wesentliches für das ganze Gefüge der Glaubenslehren der Siebenten-Tags-Adventisten. James White veröffentlichte 1850 die wichtigsten Teile der ersten Ausführungen von O. R. L. Crosier und bemerkte dazu: WHF 16 1 "Die biblischen Fragen über das Heiligtum sollten sorgfältig untersucht werden, denn sie gehören zum Unerläßlichen unseres Glaubens und unserer Hoffnung." (The Advent Review, besondere kombinierte Ausgabe) Das Heiligtum und der Sabbat WHF 16 2 Als sich die Überzeugung vom himmlischen Heiligtum gefestigt hatte, wurde durch ein Gesicht, das Ellen White am 3. April 1847 im Heim der Familie Howland in Topsham, Maine, hatte, auch die Sabbatwahrheit bestätigt. Darüber schrieb sie: "Der Geist des Gebetes hatte uns in außergewöhnlicher Weise ergriffen. Während wir beteten, kam der Heilige Geist auf uns. Wir empfanden große Freude. Bald verlor ich die irdischen Dinge aus meinen Augen und wurde im Gesicht von der Herrlichkeit Gottes erfaßt. Ich sah einen Engel eilig auf mich zukommen. Rasch brachte er mich von der Erde zur Heiligen Stadt. In der Stadt erblickte ich einen Tempel und trat hinein. Ich ging durch ein Tor und kam zum ersten Vorhang. Der Vorhang wurde emporgehoben, und ich gelangte in das Heilige. Hier sah ich den Räucheraltar, den siebenarmigen Leuchter, den Tisch mit den Schaubroten. Nachdem ich die Herrlichkeit des Heiligen geschaut hatte, nahm Jesus den zweiten Vorhang weg, und ich gelangte in das Allerheiligste. WHF 16 3 Im Allerheiligsten sah ich eine Lade, die Oberfläche und die Seiten waren von reinem Golde. An jedem Ende der Lade stand ein herrlicher Cherubim, der seine Flügel über die Lade ausgebreitet hatte. Ihre Angesichter waren einander zugewandt, und sie blickten auf die Lade nieder. Zwischen den Engeln war ein goldenes Räuchergefäß. Oberhalb der Lade, wo die Engel standen, war ein herrlich strahlender Glanz. Es sah aus wie der Thron, wo Gott wohnt. Jesus stand bei der Lade, und als die Gebete der Heiligen zu ihm aufstiegen, hob sich der Rauch vom Räuchergefäß empor, und Jesus brachte ihre Gebete mit dem Räuchwerk seinem Vater dar. In der Lade waren der goldene Krug mit Manna, der Stab Aarons, der gegrünt hatte, und die steinernen Tafeln, wie ein Buch zusammengelegt. Jesus öffnete sie, und ich sah die Zehn Gebote, vom Finger Gottes geschrieben. Auf einer Tafel waren vier und auf der anderen sechs. Die vier Gebote auf der ersten Tafel leuchteten heller als die anderen sechs. Aber das vierte, das Sabbatgebot, leuchtete noch heller; denn der Sabbat war ausgesondert worden zur Ehre des heiligen Namens Gottes. Ein Lichtglanz umgab das Sabbatgebot. Ich sah, daß das Sabbatgebot nicht ans Kreuz genagelt war. Träfe das zu, dann wäre es ebenso mit den anderen neun Geboten. Wir könnten dann alle brechen, ebenso wie auch das vierte. Ich sah, daß Gott den Sabbat nicht geändert hat, denn er ändert sich nie." Early Writings 32.33. Die Heiligtumswahrheit: Zielscheibe der Angriffe WHF 17 1 Heftigem Widerstand waren diejenigen ausgesetzt, die klar die verbindlichen Forderungen des Gesetzes erkannten und nun anfingen, den siebenten Tag zu beobachten, wie es Gottes Gebote fordern. Ellen White zeigt die Ursachen dafür: WHF 17 2 "Viele ernste Anstrengungen wurden unternommen, um ihren Glauben zu Fall zu bringen. Niemals darf jedoch übersehen werden, daß, wenn das irdische Heiligtum ein Abbild und Gleichnis des himmlischen war, auch das irdische, in der Bundeslade aufbewahrte Gesetz mit den Geboten in der himmlischen Bundeslade übereinstimmen muß. So war mit der Annahme der Erkenntnis bezüglich des himmlischen Heiligtums folgerichtig die Anerkennung der Gebote Gottes verbunden und damit auch der Gehorsam dem vierten Gebot gegenüber. Hier lag die Ursache für die scharfe und entschiedene Ablehnung der übereinstimmenden Auslegung der Heiligen Schrift, die den Dienst Jesu Christi im himmlischen Heiligtum offenbarte." Gospel Workers, 435. WHF 18 1 Darum war es nicht verwunderlich, daß diejenigen, die in den nachfolgenden Jahren der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten den Rücken kehrten, immer wieder die Heiligtumswahrheit als Argument für ihre Ablehnung gebrauchten. So ist es auch zu verstehen, daß die pantheistischen Ideen, die von ärztlichen Mitarbeitern und Predigern an der Schwelle des 20. Jahrhunderts aufgegriffen und verteidigt wurden, sich gegen die Lehre vom Heiligtum richteten. Aus diesem Anlaß warnte Ellen White am 20. November 1905: "Die Zeit ist nicht fern, da die verführerischen Kräfte satanischen Wirkens sich voll entfalten werden. Auf der einen Seite steht Christus, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist; auf der anderen ist Satan, der ständig seine Macht gebraucht, um durch allerlei spitzfindige Gedankengänge zu verführen. Er ist darauf bedacht, Gott von dem Platz zu entfernen, den er im Denken der Menschen einnehmen soll. WHF 18 2 Beständig ist Satan am Werk, schwärmerische Meinungen über das Heiligtum in die Gemeinde zu tragen. So versucht er die wunderbare Heilsbotschaft vom Dienst Christi zu verfälschen, damit sie dem unbekehrten Herzen angenehm wird. Dadurch soll die beherrschende göttliche Kraft aus den Herzen der Gläubigen entfernt und durch phantastische Ideen ersetzt werden, die Satan erfunden hat, um die Wahrheit von der Erlösung unwirksam zu machen und unser Vertrauen zur Botschaft zu zerstören, die wir seit der Zeit, da die dritte Engelsbotschaft gegeben wurde, hochgehalten haben. Er will uns den Glauben an die Botschaft aus Offenbarung 14 nehmen, die uns zu einem besonderen Volk machte, die uns Gepräge und Kraft in unserem Werk gegeben hat." Testimonies for the Church Containing Messages of Warning and Instruction to Seventh-day Adventists 16.17. WHF 19 1 In dieser Auseinandersetzung mit pantheistischen Lehrmeinungen äußerte Ellen White auf der Generalkonferenz im Jahre 1905 Gedanken, die auch für uns noch bedeutsam sind: "Allerlei Irrlehren und Täuschungen werden sich in Zukunft erheben, so daß wir festen Grund unter den Füßen nötig haben. Wir brauchen starke Säulen für das Gebäude unseres Glaubens. Nichts, so gering es auch erscheinen mag, darf von dem entfernt werden, was der Herr aufgebaut hat. Der Feind wird verkehrte Lehren in die Gemeinschaft hineintragen, z. B. die Lehre, daß es kein Heiligtum gäbe. Dies ist eine der Ursachen, wodurch es zum Abfall vom Glauben kommen wird. Wo wollen wir dann Sicherheit finden, wenn nicht in der Wahrheit, die der Herr uns in den letzten 50 Jahren wieder neu gegeben hat?" Counsels to Writers and Editors 53. WHF 19 2 Ellen White bezog sich mehrmals auf die feste und umfassende Erkenntnis dieser Glaubenswahrheit. So schrieb sie 1904: WHF 19 3 "Gottes Kinder werden weder durch Worte oder Handlungen Anlaß geben, daß andere zweifeln müssen am Dasein eines persönlichen Gottes oder an der Existenz eines Heiligtums und des darin ausgeübten Dienstes. WHF 19 4 Die Bedeutung des Heiligtums dürfen wir nicht übersehen. Gott verhüte, daß durch wohlklingende Worte aus menschlichem Munde der Glaube unseres Volkes an die Wahrheit eines Heiligtums im Himmel abgeschwächt oder daran gezweifelt wird, daß einst ein Abbild des Heiligtums auf dieser Erde errichtet wurde. Gott erwartet, daß wir uns mit dem Modell vertraut machen und dabei im Geiste stets das himmlische Heiligtum sehen, wo Gott alles in allem ist. Durch Gebet und Studium des Wortes Gottes müssen wir unseren Geist zurüsten lassen, damit wir diese Wahrheit erfassen können" Brief 233, 1904. Irrtümliche Auffassungen wurden durch mißbrauchte Bibeltexte gestützt WHF 20 1 Ein Anliegen war E. G. White besonders wichtig: "Wenn die Kraft Gottes uns bezeugt, was Wahrheit ist, dann muß die Wahrheit auch immer Wahrheit bleiben. Nachträglich dürfen keine Mutmaßungen und Meinungen angenommen werden, wenn sie im Gegensatz zu der Erkenntnis stehen, die Gott bereits gegeben hat. Es werden Männer aufstehen und Schriftauslegungen vertreten, die sie als Wahrheit ausgeben, die aber nicht wirklich Wahrheit sind. Die Wahrheit für diese Zeit ist uns als Glaubensgrund von Gott gegeben worden. Er hat uns selbst gelehrt, was Wahrheit ist. Es werden hin und wieder Menschen auftreten, die da vorgeben, neue Erkenntnisse zu besitzen; sie stehen jedoch im Widerspruch zu dem Licht, das Gott durch die Wirkung seines Heiligen Geistes gegeben hat. Einige leben noch, die selber erfahren haben, wie diese Wahrheit erforscht wurde, wie wir sie nach und nach erkannten. Gott hat sie in seiner Gnade bis jetzt am Leben erhalten, damit sie es immer wieder bis zu ihrem Lebensende bezeugen können, so wie es der Apostel Johannes auch bis zu seinem Tode tat. Die das Banner des Glaubens getragen haben und nun zur Ruhe gelegt wurden, sollen weiterreden durch ihre Schriften. Auf diese Weise wird ihr Wort weiterhin gehört werden. So werden sie auch künftig die Wahrheit für diese Zeit verkünden. WHF 20 2 Wir sollten aber niemals die Worte derjenigen annehmen, die mit Schriftauslegungen kommen, die den klaren Aussagen biblischer Glaubenslehren widersprechen; mögen sie auch eine Menge Schriftstellen zusammentragen und damit ihre Theorien beweisen wollen. Das ist in den vergangenen 50 Jahren immer wieder geschehen. Die Heilige Schrift ist Gottes Wort; darum ist sie so hoch zu schätzen. Wird sie aber gebraucht, um auch nur ein Stück des Fundaments der Wahrheit herauszubrechen, die Gott uns während der vergangenen 50 Jahre geschenkt hat, dann wird sich das als verhängnisvoller Fehler herausstellen. Wer mit solchen Auslegungen kommt, beweist, daß er nichts von der wunderbaren Bekundung des Heiligen Geistes weiß, der sich in der Vergangenheit kraftvoll und mächtig in der Verkündigung der Botschaft unter dem Volk Gottes gezeigt hat. WHF 21 1 Die Darlegungen zur Heiligtumsfrage wurden unter der Leitung des Heiligen Geistes gegeben. Die am Ringen um die Merkmale unseres Glaubens keinen persönlichen Anteil nahmen, sollten besser schweigen. Gott widerspricht sich niemals. Bibelworte sind falsch angewandt, wenn man sie zwingen will, etwas auszusagen, was nicht mit der göttlichen Heilsbotschaft übereinstimmt. Gewiß werden immer wieder Personen auftreten, die Behauptungen aufstellen und angeblich größere Erkenntnisse zu bringen haben. Wir aber stehen fest bei den altbewährten Meilensteinen der göttlichen Wahrheit." Selected Messages I, 160-162. Die Wirklichkeit des himmlischen Heiligtums bestätigt WHF 21 2 In den Schriften von E. G. White wird häufig erwähnt, daß das himmlische Heiligtum mit seinen Einrichtungen und seinem Dienst wirklich besteht. Als sie um 1880 die Erfahrung der Adventgläubigen nach der Enttäuschung beschrieb, machte sie auf folgendes aufmerksam: WHF 21 3 "Durch ihr gründliches Forschen erkannten sie, daß das einst von Mose auf Gottes Befehl errichtete irdische Heiligtum nach dem ihm auf dem Berge gezeigten Modell gebaut war. Es ‚ist ein Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit: es werden da Gaben und Opfer geopfert.' Hebräer 9,9. Die beiden Abteilungen des Heiligtums waren ‚Abbild und Schatten des Himmlischen'. Hebräer 8,5. Christus, unser großer Hoherpriester, ist ‚ein Diener am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte, welche Gott aufgerichtet hat und kein Mensch.' Hebräer 8,2. Das Heiligtum im Himmel, in dem Jesus um unsertwillen dient, ist demnach das große Urbild; das durch Mose errichtete Heiligtum ist darum nur ein Abbild ... Die außerordentliche Pracht des irdischen Heiligtums sollte dem Betrachter eine Vorstellung von der Herrlichkeit des himmlischen Tempels vermitteln, in dem Christus für uns vor dem Thron Gottes als unser Vorläufer dient. WHF 22 1 Das Heiligtum auf der Erde hatte zwei Abteilungen, das Heilige und das Allerheiligste. Ähnlich ist es auch im himmlischen Heiligtum. Die Bundeslade, in der Gottes Gesetz lag, der Räucheraltar und die anderen Gegenstände des irdischen Heiligtums haben gleicherweise ihr Gegenstück im Heiligtum droben. In einem Gesicht erhielt Johannes, der Apostel, die Möglichkeit, den Himmel zu betreten. Dort sah er den Leuchter und ebenso den Räucheraltar. Und als ‚der Tempel im Himmel aufgetan' war, sah er ‚die Lade seines Bundes'. Offenbarung 4,5; 8,3; 11,19. WHF 22 2 Die damals nach der Wahrheit suchten, fanden unwiderlegbare Beweise für das Vorhandensein eines Heiligtums im Himmel. Mose baute das irdische Heiligtum nach dem Modell, das ihm gezeigt worden war. Paulus lehrt, daß es ein Abbild des wahren Heiligtums im Himmel war. Johannes bezeugt, daß er es im Himmel gesehen hat. The Spirit of Prophecy IV, 260. 261. WHF 22 3 Früher hatte sie bereits mit Nachdruck von der Einrichtung geschrieben: WHF 23 1 "Mir wurde auch ein Heiligtum auf der Erde mit zwei Abteilungen gezeigt. Es war dem himmlischen ähnlich, und mir wurde gesagt, daß es ein Abbild des himmlischen sei. Die Ausstattung der ersten Abteilung des irdischen Heiligtums entsprach der ersten Abteilung des himmlischen. Der Vorhang wurde emporgehoben, und ich schaute in das Allerheiligste; ich sah, daß das Gerät dem vergleichbar war, das sich im Allerheiligsten auf Erden befand." Early Writings 252-253. Die Lade und das Gesetz im himmlischen Heiligtum WHF 23 2 Bei verschiedenen Gelegenheiten sprach und schrieb E. G. White von der Bundeslade im Allerheiligsten des himmlischen Heiligtums. In einer Predigt, die sie im Jahre 1886 in Orebro, Schweden, hielt, sagte sie: "Ich ermahne euch: Stellt euch nicht gegen Gottes Gebote. Es sind dieselben, die einst im Tempel im Himmel niedergeschrieben wurden. Mögen Menschen auf Erden die Abschrift der Gebote mit Füßen treten, die Urschrift befindet sich in der Lade Gottes im Himmel. Der Gnadenstuhl bedeckt die Lade mit dem Gesetz. Vor der Lade steht Jesus als Mittler, um für uns Menschen einzutreten." The S.D.A. Bible Commentary I, 1109. WHF 23 3 1903 schrieb sie noch einmal von dem Vorhandensein des himmlischen Heiligtums. Die heilswichtige Wahrheit durch Irrlehren entstellt WHF 23 4 Es liegt auf der Hand, daß Satan in unsern Tagen versuchen wird, den Glauben des Volkes an den Versöhnungsdienst Jesu im himmlischen Heiligtum zu erschüttern. Ellen White schrieb: WHF 23 5 "Der Heiland sah voraus, daß in den letzten Tagen falsche Propheten aufstehen werden, um die Jünger an sich zu ziehen. Das gilt auch für diejenigen, die entsprechend dem Zeugnis der Offenbarung in dieser gefahrvollen Zeit treu zur Wahrheit stehen. Sie werden sich mit derartigen Irrtümern auseinanderzusetzen haben, daß, wenn möglich auch die Auserwählten verführt werden. WHF 24 1 Gott will, daß die wahre Erkenntnis den Sieg davonträgt. Satan aber spielt in sehr geschickter Weise mit den Menschen. Er arbeitet betrügerisch und versucht so, den Glauben des Volkes Gottes zugrunde zu richten und Jesu Nachfolger zu entmutigen ... Heute treibt er sein Spiel ebenso wie einst im Himmel. Er setzt alles daran, Gottes Volk gerade auf der letzten Wegstrecke durch Uneinigkeit zu spalten. Er sät Unfriede und Streit, um, wenn möglich, die alten Meilensteine der Wahrheit, wie sie einst Gottes Volk gegeben wurden, zu beseitigen. Dabei stellt er die Dinge so dar, als ob der Herr sich selbst widerspreche. Satan erscheint in der Gestalt eines Engels des Lichts, um die Menschen in seinen Schlingen zu fangen. Männer werden auftreten, die falsche Lehren verbreiten und behaupten, sie hätten diese von Gott erhalten. Sie werden diese Irrlehren so bestechend darstellen, daß die satanischen Täuschungen Eingang finden werden. Satan wird wie ein Engel des Lichts aufgenommen und erhält damit Gelegenheit, seine Fabeln anzubringen. WHF 24 2 Diesen falschen Propheten muß entschieden entgegengetreten werden. Sie werden Anstrengungen machen, viele zu verführen und sie verleiten, falsche Lehren anzunehmen. Schriftstellen werden falsch angewandt werden, um trügerischen Lehren den Anschein zu geben, als seien sie auf Gottes Wort gegründet. So wird die kostbare Wahrheit der Bibel mißbraucht werden, um Irrtümer zu beweisen und zu erhärten. Diese falschen Propheten erheben den Anspruch, von Gott gelehrt zu sein. Sie gebrauchen Schriftworte, die der Wahrheit dienen sollen, und verdrehen sie, um damit ihre falschen und gefährlichen Ansichten zu umschreiben. Und selbst einige von denen, die der Herr in früherer Zeit wertschätzte, werden so weit von der Wahrheit abweichen, daß sie irreführende Anschauungen hinsichtlich vieler Lehrpunkte einschließlich der Heiligtumsfrage vertreten werden." Manuskript 11, 1906. WHF 25 1 Einige Wochen später fügte sie folgende Worte hinzu, um damit die Bedeutung des rechten Verständnisses dieser Wahrheit zu zeigen: WHF 25 2 "Ich weiß, daß die Lehre über das Heiligtum auf Gerechtigkeit und Wahrheit gegründet ist, so wie wir sie seit vielen Jahren erkannt haben. Der Feind versucht jedoch die Gedanken auf Abwege zu lenken. Er findet Gefallen daran, wenn diejenigen, die die Wahrheit kennen, sich von ihm gefangennehmen lassen, um Schriftstellen zusammenzutragen und irrige Lehrgebilde aufzubauen, die nicht auf die Wahrheit gegründet sind. Dadurch wird die Schrift mißbraucht, die doch nicht gegeben wurde, Irrtümer zu stützen, sondern die Wahrheit fester zu begründen." Gospel Workers 303. Blicke auf das Heiligtum WHF 25 3 Niemals dürfen wir das bedeutsame Werk aus den Augen verlieren, das im himmlischen Heiligtum um unseres Heiles willen geschieht. Dazu werden wir ermahnt: "Als Volk (Gottes) sollten wir die Weissagungen mit ganzem Ernst studieren; wir sollten nicht eher ruhen, bis wir zu einem rechten Verständnis des Heiligtums gelangen, so wie es aus den Gesichten Daniels und Johannes' hervorgeht. Das gibt uns einen tiefen Einblick in unsere gegenwärtige Aufgabe und beweist unmißverständlich, daß Gott uns in den vergangenen Erfahrungen geführt hat. Damit wird die Enttäuschung von 1844 erklärt. Zugleich wird gezeigt, daß das zu reinigende Heiligtum nicht die Erde ist, wie angenommen wurde. sondern daß Christus in das Allerheiligste des himmlischen Heiligtums eingegangen ist und dort das Schlußwerk seines priesterlichen Dienstes vollzieht. So werden die Worte des Engels an den Propheten Daniel erfüllt: WHF 26 1 ‚Bis 2300 Abende und Morgen vergangen sind, dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden ...' WHF 26 2 Unser Glaube hinsichtlich der Botschaften des ersten, zweiten und dritten Engels war zutreffend. Unveränderlich sind die bedeutenden Wegzeichen, an denen wir vorbeizogen. Mag das Heer der Hölle versuchen, sie umzustoßen; mag man frohlocken in der Meinung, es vollbracht zu haben; es wird nicht gelingen. Die Wahrheit ist fest gegründet wie ein uraltes Bergmassiv, und trotz der vereinten Anstrengungen von Menschen. Satan und seinen bösen Engeln bleibt sie unverändert. Wir sollten nicht aufhören, in der Schrift zu forschen und zu lernen, damit wir erkennen, daß es sich so verhält. Gottes Volk sollte die Augen auf das himmlische Heiligtum richten; wo der abschließende Dienst unseres großen Hohenpriesters geschieht, wo er als Mittler für sein Volk einsteht." Evangelism 222-223. Das kleine Buch WHF 26 3 Abgesehen von einigen Anmerkungen wurde der Inhalt dieser Schrift im wesentlichen den Schriften von Ellen G. White entnommen, und zwar hauptsächlich den Büchern "Patriarchen und Propheten" und "Der große Kampf". Zur Ergänzung wurden Beiträge aus verschiedenen Schriften von E. G. White hinzugefügt. Um der notwendigen Straffung willen wurde darauf verzichtet, Abschnitte aufzunehmen, die sich nicht unmittelbar auf das Thema -- Christus in seinem Heiligtum -- beziehen. Der Ausschuß des E. G. White Schrifttums. ------------------------Kapitel 1: Christus im Opferwesen des alten Testaments WHF 27 1 Die Sünde unserer ersten Eltern -- Adam und Eva -- brachte Schuld und Weh über die Welt. Dadurch wäre das Menschengeschlecht in ausweglose Verzweiflung gestürzt worden, wenn es nicht einen Gott der Güte und Barmherzigkeit gäbe. WHF 27 2 Der Fall des Menschen erfüllte die Himmel mit Trauer. Die Welt, von Gott erschaffen, welkte dahin unter dem Fluch der Sünde, bewohnt von Wesen, die dem Elend und dem Tod ausgeliefert waren. Für die Übertreter des Gesetzes gab es keinen Ausweg aus diesem Verhängnis. Aber die göttliche Liebe hatte einen Plan ersonnen, den Menschen zu erlösen. Das gebrochene Gesetz Gottes forderte den Tod des Sünders. Im ganzen Universum gab es nur einen, der stellvertretend für den Menschen dieser Forderung nachkommen konnte. Da das göttliche Gesetz so heilig ist wie Gott selbst, konnte nur einer, der Gott ebenbürtig war, für die Übertretung Sühne leisten. WHF 27 3 Die erste Andeutung einer Erlösung wurde in dem Urteilsspruch gegeben, der über Satan im Garten Eden ausgesprochen wurde. Der Herr verkündete: "Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen, der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen." 1.Mose 3,15. Dieses Urteil, das der Herr in der Gegenwart unserer ersten Eltern aussprach, wurde für sie zu einem Verheißungswort. Es kündigte wohl den Kampf zwischen Menschen und Satan an, verhieß aber gleichzeitig, daß die Macht des Widersachers schließlich gebrochen werde ... Obwohl sie unter der Gewalt des mächtigen Feindes leiden mußten, konnten sie doch auf einen endgültigen Sieg hoffen. WHF 28 1 Die Engel Gottes eröffneten unsern ersten Eltern den Plan noch deutlicher, der zu ihrer Errettung gelegt worden war. Adam und seiner Gefährtin wurde versichert, daß sie trotz ihrer großen Schuld nicht der Willkür Satans ausgeliefert blieben. Der Sohn Gottes selbst habe sich erboten, mit dem Opfer seines eigenen Lebens die Übertretung des Gesetzes zu sühnen. Eine Zeit der Bewährung sollte ihnen geschenkt und durch Umkehr und Glauben an den verheißenen Erlöser der Weg zur Rückkehr in das Kindschaftsverhältnis zu Gott ermöglicht werden. Die Heiligkeit des Gesetzes Gottes WHF 28 2 Das Opfer, das um ihrer Übertretung willen notwendig war, wies Adam und Eva hin auf die Heiligkeit des Gesetzes Gottes. Sie erkannten nun, was sie zuvor nicht gesehen hatten: die Schwere ihrer Schuld und die sich daraus ergebenden verhängnisvollen Folgen. Gottes Gesetz bestand, noch ehe der Mensch geschaffen wurde. Es war die Grundlage für die himmlische Welt. Satan fiel in Sünde, weil er sich über die Grundsätze der Regierung Gottes hinwegsetzte. Als Adam und Eva geschaffen waren, machte Gott sie mit seinem Gesetz bekannt. Wenn es auch noch nicht in geschriebener Form vorlag, so wurde es ihnen doch durch den Herrn kundgetan. WHF 29 1 Nach dem Sündenfall Adams wurde nichts von Gottes Gesetz weggetan. Die Grundlage der Zehn Gebote bestand bereits vor dem Sündenfall. Sie waren die Voraussetzung für einen Zustand heiliger Ordnung unter vernunftbegabten Geschöpfen. Diese Grundsätze wurden dem Menschen nach dem Fall eingehend dargelegt und in Worte gefaßt, die auf die Lage der in Sünde gefallenen Geschöpfe zugeschnitten waren. Dies war notwendig geworden, da die Sünde den menschlichen Geist verblendet hatte. WHF 29 2 Gott ordnete nun einen symbolischen Dienst an. Die Opferung von Tieren wurde vorgesehen, um die Menschen immer wieder daran zu erinnern, daß die Strafe für den Ungehorsam Tod heißt. Gerade das hatte die Schlange Eva gegenüber abgeleugnet. WHF 29 3 Die Übertretung des Gesetzes Gottes machte es notwendig, daß Christus sein Leben als Opfer hingab, damit der Mensch der gerechten Strafe entgehen konnte, ohne daß die Heiligkeit des Gesetzes Gottes angetastet wurde. Durch den Opferdienst sollte der Mensch seinen gefallenen Zustand erkennen, zu Reue und Umkehr geführt werden und sein Vertrauen allein auf Gott setzen, der durch den verheißenen Erlöser bereit ist, Vergebung für die Übertretung des Gesetzes zu schenken. Diese Anweisungen für den Opferdienst waren durch Gottes Sohn selbst vorgesehen worden und sollten Adam einen Hinweis auf den kommenden Erlöser geben. Das erste Opfer des Menschen WHF 29 4 Die Opferung des ersten Opfertieres war für Adam eine äußerst schmerzliche Handlung. Er mußte seine Hand ausstrecken, um Leben auszulöschen, das nur Gott geben konnte. Zum erstenmal war er Zeuge des Sterbens. Wäre er gehorsam gewesen -- das wußte er --, so hätte es keinen Tod für Mensch oder Tier gegeben. Als er das unschuldige Opfer schlachtete, zitterte er bei dem Gedanken, daß infolge seiner Sünde das Blut des unschuldigen Lammes Gottes vergossen werden muß. Das gab ihm eine nachhaltige und lebendige Erkenntnis der Größe seiner Übertretung, die nur durch den Tod des teuren Sohnes Gottes ausgelöscht werden konnte. Staunen ergriff ihn angesichts der unendlichen Güte Gottes, die bereit war, solch einen Preis zu zahlen, um Schuldige zu erretten. Ein Hoffnungsstern erhellte die düstere Zukunft und befreite ihn von der Furcht, völlig verloren zu sein. WHF 30 1 Der Stammvater Adam war aufgefordert worden, seine Nachkommen die Furcht Gottes zu lehren und sie durch sein Beispiel und seinen stillen Gehorsam zu unterweisen, damit sie die Anordnungen des Opferdienstes hochhielten, die auf das Kommen des Erlösers hindeuteten. Gewissenhaft bewahrte Adam, was Gott ihm offenbart hatte, und reichte es mündlich seinen Kindern und Kindeskindern weiter. An der Pforte des Paradieses, durch Cherubim bewacht, wurde die göttliche Herrlichkeit offenbar. Dorthin kamen die ersten Anbeter. Hier errichteten sie ihre Altäre und brachten Opfer dar. WHF 30 2 In jedem Opfer, das auf den Altar gelegt wurde, schaute man im Glauben den kommenden Erlöser. Mit dem aufsteigenden Rauch stieg aus demütigen Herzen die Bitte zu Gott empor, das Opfer als Ausdruck des Glaubens an einen kommenden Erlöser anzunehmen. WHF 30 3 Der Opferdienst, von Gott den ersten Menschen verordnet, wurde später von deren Nachkommen sinnentstellt. Aberglaube, Abgötterei, Grausamkeit und Ausschweifung verkehrten den einfachen und inhaltsvollen, von Gott verordneten Dienst ins Böse. Durch den ständigen Einfluß abgöttischer Bewohner, mit denen sich das Volk Israel vermengt hatte, wurden auch manche heidnischen Gebräuche in den Gottesdienst aufgenommen. Darum sah es der Herr als notwendig an, am Sinai genaue Unterweisungen über den Opferdienst zu geben. ------------------------Kapitel 2: Die Stiftshütte und ihr Dienst WHF 32 1 Als Mose bei Gott auf dem Berge war, erhielt er den Auftrag: "Sie sollen mir ein Heiligtum machen, daß ich unter ihnen wohne" (2.Mose 25,8); dazu empfing er ausführliche Anleitungen für den Bau der Stiftshütte. Durch ihren Abfall hatten die Israeliten die Segnungen der Gegenwart Gottes verwirkt. So war es zunächst unmöglich, unter ihnen ein Heiligtum für Gott zu errichten. Nachdem ihnen aber die Gnade des Himmels wieder geschenkt worden war, schickte sich Mose an, das göttliche Gebot auszuführen. WHF 32 2 Auserwählte Männer wurden von Gott mit besonderer Geschicklichkeit und Weisheit für den Bau des Heiligtums betraut. Gott selbst gab Mose den Bauplan, der alle Einzelheiten enthielt hinsichtlich der Größe und Beschaffenheit des zu verwendenden Materials und aller notwendigen Einrichtungsgegenstände. Das von Händen gemachte Heiligtum sollte "ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums" sein, also ein Abbild "der himmlischen Dinge". Hebräer 9,24.23. So sollte im Kleinen eine Darstellung des himmlischen Tempels entstehen, in dem Christus, unser Hoherpriester, dient, seitdem er sein Leben zum Opfer für die Sünder dargebracht hat. Gott zeigte Mose auf dem Berge ein Bild des himmlischen Heiligtums und befahl ihm, alles entsprechend diesem Modell zu machen. Diese Anweisungen wurden von Mose sorgfältig aufgeschrieben und den Ältesten mitgeteilt. WHF 33 1 Für den Bau des Heiligtums waren umfangreiche, kostspielige Vorbereitungen nötig, dazu große Mengen kostbaren Materials. Der Herr nahm aber nur freiwillige Gaben dafür an. "Sage den Kindern Israel, daß sie für mich eine Opfergabe erheben von jedem, der es freiwillig gibt" (2.Mose 25,2), so lautete das göttliche Gebot, das Mose der Gemeinde verkündete. Hingabe an Gott und Opferfreudigkeit waren die Voraussetzungen, wenn dem Allerhöchsten eine Wohnung bereitet werden sollte. WHF 33 2 Das Volk ging einmütig darauf ein. "Und alle, die es gern und freiwillig gaben, kamen und brachten dem HERRN die Opfergabe zur Errichtung der Stiftshütte und für allen Dienst darin und für die heiligen Kleider. Es brachten aber Männer und Frauen freiwillig Spangen, Ohrringe, Geschmeide und allerlei goldenes Gerät, ein jeder das Gold, das er zur Gabe für den HERRN bestimmt hatte. WHF 33 3 Und wer bei sich blauen und roten Purpur fand, Scharlach, feine Leinwand, Ziegenhaar, rot gefärbte Widderfelle und Dachsfelle, brachte sie. Und wer eine Opfergabe von Silber und Kupfer geben wollte, der brachte es dem HERRN als Opfergabe. Und wer Akazienholz hatte, der brachte es zu allerlei Verwendung für den Dienst. Und alle Frauen, die diese Kunst verstanden, spannen mit ihren Händen und brachten ihr Gespinst, blauen und roten Purpur, Scharlach, feine Leinwand. Und alle Frauen, die solche Arbeit verstanden und willig dazu waren, spannen Ziegenhaare. WHF 33 4 Die Stammesfürsten aber brachten Onyxsteine und eingefaßte Steine für den Priesterschurz und die Brusttasche und Spezerei und Öl für den Leuchter und für das Salböl und für das wohlriechende Räucherwerk." 2.Mose 35,21-28. WHF 34 1 Als der Bau der Stiftshütte bereits im Gange war, brachte das Volk immer noch Gaben, so daß schließlich die Verantwortlichen feststellten, es sei genug, ja sogar schon mehr, als man verwenden könnte. Da ließ Mose im Lager ausrufen: "Niemand, weder Mann noch Frau, soll hinfort noch etwas bringen als Opfergabe für das Heiligtum. Da brachte das Volk nichts mehr." 2.Mose 36,6. WHF 34 2 Zur Warnung späterer Geschlechter wurden das Murren der Israeliten und die infolge ihrer Sünden hereinbrechenden Strafgerichte aufgezeichnet. Aber auch ihre Hingabe, ihr Eifer und ihre Freigebigkeit sind in der Heiligen Schrift vermerkt. Sie sind ein nachahmenswertes Beispiel. Wer den Gottesdienst liebt und die Segnungen der Gegenwart Gottes schätzt, wird die gleiche Gesinnung an den Tag legen und willig beitragen zum Bau eines Hauses, wo man Gott begegnen kann. WHF 34 3 Es wird ihm ein herzliches Bedürfnis sein, dem Herrn vom Besten zu opfern, was er besitzt. Ein Haus, das zur Anbetung Gottes errichtet wird, sollte nicht mit Schulden dastehen, denn dadurch wird der Herr entehrt. Freiwillig sollten die Gaben zur Durchführung des vorgesehenen Werkes dargebracht werden, damit die Ausführenden so wie beim Bau der Stiftshütte sagen können: "Niemand soll hinfort noch etwas bringen." Der Bau der Stiftshütte WHF 34 4 Die Stiftshütte war so gebaut, daß sie zerlegt und von den Israeliten auf ihren Wanderungen getragen werden konnte. Sie war also klein, nicht mehr als dreißig Ellen (eine Elle = 52,5cm) lang und zehn Ellen breit und hoch. Dennoch war es ein prächtiges Bauwerk. Man verwendete dazu Akazienholz, weil es weniger als das Holz aller anderen Bäume der Fäulnis ausgesetzt ist. Die Wände bestanden aus aufrecht stehenden Brettern, die in silbernen Sockeln ruhten und von Pfosten und Querbalken zusammengehalten wurden. Alles war mit Gold überzogen und ließ das ganze wie aus massivem Gold gemacht erscheinen; vier Lagen von Teppichen bildeten das Dach, deren innerste von "gezwirnter feiner Leinwand, von Purpur und von Scharlach" war. Außerdem waren Cherubim eingewebt in kunstreicher Arbeit. 2.Mose 26,1. Die anderen drei Teppiche waren von Ziegenhaar, von rot gefärbten Widderfellen und von Dachsfellen. Sie waren so angeordnet, daß sie einen vollkommenen Schutz boten. WHF 35 1 Der Bau wurde durch einen überaus schön gearbeiteten Vorhang in zwei Räume unterteilt. Dieser Vorhang war an vergoldeten Pfosten aufgehängt, ähnlich dem, der den Eingang zum vorderen Raum verschloß. Diese Vorhänge leuchteten in den herrlichsten Farben, blau, purpur und scharlach; sie waren kunstvoll angeordnet. Mit Gold- und Silberfäden waren Cherubim in die Stoffe eingewirkt; sie stellten Engelheere dar, die am himmlischen Heiligtum dienen und dem Volk Gottes auf Erden beistehen. WHF 35 2 Das heilige Zelt war von einem offenen Raum, dem Vorhof, umgeben. Dieser wurde nach außen ebenfalls abgegrenzt durch Vorhänge, die aus feiner Leinwand gefertigt und an kupfernen Säulen aufgehängt waren. Der Eingang zum Vorhof lag an der Ostseite. Er wurde verschlossen von Vorhängen aus kostbaren Stoffen, verziert mit kunstvoller Handarbeit, die jedoch etwas einfacher waren als jene am Heiligtum. Da die Einfassung des Vorhofs nur etwa halb so hoch war wie das Heiligtum, konnte es von allem Volk, das draußen stand, deutlich gesehen werden. Im Vorhof selbst, nahe dem Eingang, stand der eherne Brandopferaltar. Dort wurden alle dem Herrn dargebrachten Opfer vom Feuer verzehrt, und die Hörner des Altars wurden mit dem versöhnenden Blut besprengt. Zwischen dem Altar und dem Eingang zur Stiftshütte stand das Waschbecken, ebenfalls von Erz gefertigt aus den Spiegeln, die die Frauen Israels als freiwillige Gabe dargebracht hatten. In diesem Becken hatten die Priester ihre Hände und Füße zu waschen, wenn sie das Heiligtum betraten oder zum Altar gingen, um dem Herrn Brandopfer darzubringen. WHF 36 1 In der ersten Abteilung, dem Heiligen, waren der Schaubrottisch, der Leuchter und der Räucheraltar. Der Tisch mit den Schaubroten stand an der Nordseite. Er hatte einen verzierten Aufsatz und war ganz mit Blattgold belegt. An jedem Sabbat legten die Priester zwölf flache Brote in zwei Stapeln auf den Tisch und bestreuten sie mit Weihrauch. Die als heilig geltenden Brote durften, wenn sie durch frische ersetzt wurden, nur von den Priestern gegessen werden. An der Südseite stand der siebenarmige Leuchter mit seinen sieben Lampen. Seine Arme waren geschmückt mit kunstvoll gearbeiteten Blumen, die Lilien glichen; das ganze Werkstück war aus reinem Gold. Da die Stiftshütte keine Fenster hatte, wurden nie alle Lampen auf einmal ausgelöscht, sie brannten vielmehr Tag und Nacht. Vor dem Vorhang, der das Heilige vom Allerheiligsten und der unmittelbaren Gegenwart Gottes trennte, stand der goldene Räucheraltar. Auf diesem Altar hatte der Priester jeden Morgen und jeden Abend Weihrauch zu verbrennen; die Hörner dieses Altars wurden mit dem Blut des Sündopfers bestrichen, und am großen Versöhnungstag wurde der Altar mit Blut besprengt. Das Feuer dieses Altars war von Gott selbst entzündet worden, es wurde sorgfältig bewahrt. Tag und Nacht erfüllte der Duft des Räucherwerks die heiligen Räume und drang weit über das Zelt hinaus. WHF 36 2 Hinter dem inneren Vorhang befand sich das Allerheiligste. Dort wurde sinnbildlich der Dienst der Versöhnung und Vermittlung vollzogen, der sozusagen das Bindeglied zwischen Himmel und Erde bildete. In der Mitte des Allerheiligsten stand die Bundeslade, eine Truhe aus Akazienholz, innen und außen mit Gold überzogen und an den Kanten mit Gold eingefaßt. In dieser Truhe lagen die Steintafeln, auf die Gott selber die Zehn Gebote geschrieben hatte. Deshalb hieß sie auch Lade des Testaments Gottes oder Bundeslade; denn die Zehn Gebote waren die Grundlage des Bundes zwischen Gott und Israel. WHF 37 1 Der Deckel der heiligen Lade wurde Gnadenstuhl genannt. Er war aus getriebenem Gold gefertigt und wurde von zwei goldenen Cherubim bedeckt. Jeweils ein Flügel jedes Engels war nach oben gestreckt, während der andere zum Zeichen der Ehrfurcht und Anbetung den Körper verhüllte. (Siehe Hesekiel 1,11.) Die Stellung der beiden Engel, deren Gesichter einander zugewandt auf die Bundeslade gerichtet waren, versinnbildete die Aufmerksamkeit und Ehrfurcht, mit der die himmlischen Heerscharen Gottes Gesetz und den Erlösungsplan betrachten. WHF 37 2 Über dem Gnadenstuhl befand sich die Schechinah, die Offenbarung der göttlichen Gegenwart; dort zwischen den Cherubim ließ Gott seinen Willen kund werden. Bisweilen wurden dem Hohenpriester die Botschaften Gottes durch eine Stimme aus der Wolke mitgeteilt. Mitunter war ein Licht, das auf den Engel zur Rechten fiel, das Zeichen der Zustimmung, während ein Schatten auf dem Engel zur Linken Ausdruck des Mißfallens war. WHF 37 3 Das in der Bundeslade verwahrte Gesetz Gottes war die alleinige Richtschnur der Gerechtigkeit und des Gerichts. Es verkündete das Todesurteil für den Übertreter. Aber über dem Gesetz war der Gnadenstuhl; dort offenbarte sich Gottes Gegenwart, dort wurde dem bußfertigen Sünder kraft der Versöhnung Vergebung gewährt. So zeigte sich im Versöhnungswerk Christi, das durch den Dienst im Heiligtum veranschaulicht wird, daß "Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen". Psalm 85,11. Menschliche Worte können die Herrlichkeit des Heiligtums nicht beschreiben: die Schönheit der vergoldeten Wände, ‚die das Licht des goldenen Leuchters widerstrahlten, die glänzenden Farben der reichgestickten Vorhänge mit den leuchtenden Engelsgestalten, Schaubrottisch und Räucheraltar, die beide in ihrem Gold glänzten, und hinter dem zweiten Vorhang die Lade mit den geheimnisvollen Cherubim, über denen das heilige Licht der Schechinah, die sichtbare Offenbarung der Gegenwart Gottes, leuchtete; aber all das war nur ein schwacher Abglanz jener Herrlichkeit des Tempels Gottes im Himmel, dem bedeutenden Mittelpunkt des Erlösungswerkes für uns Menschen. WHF 38 1 Etwa ein halbes Jahr dauerte es, um das irdische Heiligtum aufzubauen. Als es vollendet war, prüfte Mose das Werk der Bauleute und verglich es mit dem Vorbild, das ihm auf dem Berg gezeigt worden war, und den Anweisungen, die er von Gott erhalten hatte. "Und Mose sah dies ganze Werk an, und siehe, sie hatten es gemacht, wie der HERR geboten hatte. Und er segnete sie." 2.Mose 39,43. Mit großer Anteilnahme versammelte sich das Volk Israel, um das Heiligtum zu betrachten. Als sie ehrfurchtsvoll den Bau bewunderten, senkte sich die Wolke auf das Heiligtum herab und hüllte es ein. "Und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung." 2.Mose 40,34. So offenbarte sich die göttliche Majestät, und eine Zeitlang konnte selbst Mose nicht das Innere betreten. Tief bewegt sah das Volk, daß der Herr das Werk ihrer Hände angenommen hatte. Keine lauten Jubelrufe erschallten, aber heilige Ehrfurcht ergriff alle Anwesenden. Der Jubel ihres Herzens zeigte sich in Freudentränen, in leisen Gebeten und Worten aufrichtiger Dankbarkeit darüber, daß Gott sich herabgeneigt hatte, um bei ihnen zu wohnen. Die Kleidung der Priester WHF 39 1 Durch göttliche Anordnung war der Stamm Levi zum Dienst am Heiligtum bestimmt worden. Ursprünglich war jeder Hausvater der Priester seiner eigenen Familie. In den Tagen Abrahams gehörte auch das Priesteramt zum Geburtsrecht des ältesten Sohnes. Nun berief der Herr anstelle der Erstgebornen in Israel den Stamm Levi zum Dienst am Heiligtum. Durch diese Ehrung würdigte er ihre Treue im hingebungsvollen Dienst und im Vollzug des göttlichen Strafgerichtes, als Israel bei der Anbetung des goldenen Kalbes abgefallen war. Das Priesteramt aber blieb auf die Familie Aarons beschränkt. Nur Aaron und seine Söhne durften vor dem Herrn dienen; die übrigen des Stammes wurden mit der Pflege der Stiftshütte und ihrer Geräte betraut. Sie sollten den Priestern bei der Ausübung ihres Dienstes behilflich sein, doch es war ihnen nicht erlaubt zu opfern, Weihrauch zu verbrennen oder die heiligen Geräte zu sehen, wenn sie nicht bedeckt waren. WHF 39 2 Entsprechend ihrer Aufgabe war für die Priester eine besondere Kleidung vorgesehen. "Und du sollst Aaron, deinem Bruder, heilige Kleider machen, die herrlich und schön seien" (2.Mose 28,2), so lautete der göttliche Befehl an Mose. Das Gewand des Priesters bestand aus weißer Leinwand und war aus einem Stück gewebt. Es reichte fast bis zu den Füßen und wurde in der Hüfte durch einen Gürtel zusammengehalten, der mit blauen, purpurnen und roten Farben bestickt war. Zu diesem Oberkleid wurde ein leinener Hut getragen. Als Mose einst vor dem brennenden Busch stand, war er angewiesen worden, seine Schuhe auszuziehen; denn der Ort, auf dem er stand, war heilig. So sollten auch die Priester das Heiligtum nicht mit ihren Schuhen betreten. Der Staub an ihren Füßen hätte das Heilige entweiht. Deshalb mußten sie, ehe sie das Heiligtum betraten, ihre Schuhe im Vorhof ausziehen. Auch hatten sie ihre Hände und Füße zu waschen, bevor sie in der Stiftshütte oder am Brandopferaltar dienen konnten. Damit wurde ihnen beständig vor Augen gehalten, daß von denen, die sich Gott nahen, jegliche Unreinigkeit entfernt sein muß. WHF 40 1 Die Gewänder des Hohenpriesters bestanden -- seiner erhabenen Stellung angemessen -- aus kostbarem Stoff und waren kunstvoll verarbeitet. Über dem leinenen Priesterrock trug er ein blaues Oberkleid, aus einem Stück gewebt. Der Saum war verziert mit goldenen Glöckchen und Granatäpfeln in blauer, purpurner, scharlachroter und weißer Farbe. Das Obergewand -- auch Ephod genannt -- hatte keine Ärmel und wurde von einem prachtvoll gewirkten Gürtel aus dem gleichen Material zusammengehalten. Auf seinen goldbestickten Schulterstücken waren zwei Onyxsteine angebracht, in die die Namen der zwölf Stämme Israels eingraviert waren. WHF 40 2 Das hervorstechendste Kennzeichen der priesterlichen Amtsbekleidung war das Brustschild, das über dem Ephod getragen wurde. Es war viereckig, eine Spanne (22,5cm) lang und breit und hing an einer blauen Schnur, die von goldenen Ringen gehalten wurde. Das Brustschild war von den gleichen kostbaren Edelsteinen eingefaßt, die nach der Offenbarung die zwölf Fundamente der Stadt Gottes bilden werden. Innerhalb dieser Einfassung waren zwölf in Gold gearbeitete Edelsteine in drei Reihen zu je vier angebracht, in die gleichfalls die Namen der zwölf Stämme eingraviert waren. Der Herr hatte angeordnet: "Aaron soll so die Namen der Söhne Israels auf dem Brustschild tragen, ja auf seinem Herzen, sooft er in das Heiligtum hineingeht!" 2.Mose 28,29 (Bruns). WHF 41 1 So trägt auch Christus, der himmlische Hohepriester, der für die Sünder mit seinem eigenen Blut vor den Vater hintritt, auf seinem Herzen die Namen der bußfertigen, gläubigen Sünder. Der Psalmist sagt: "Ich bin arm und elend, der Herr aber sorgt für mich." Psalm 40,18. Urim und Thummim WHF 41 2 Auf dem Brustschild leuchteten rechts und links zwei große glänzende Steine. Sie wurden Urim und Thummim genannt und dienten dem Hohenpriester, Gottes Willen zu erfahren. Wenn dem Herrn Fragen zur Entscheidung vorgelegt wurden, zeigte ein Lichtkranz auf dem Edelstein zur Rechten die göttliche Zustimmung an, während ein Schatten auf dem Stein zur Linken die Ablehnung oder das Mißfallen Gottes zum Ausdruck brachte. Die Kopfbedeckung des Hohenpriesters bestand aus einem weißen Turban, an dem mit blauem Band ein Stirnblatt befestigt war, das die Inschrift trug: "Heilig dem HERRN". Die ganze Erscheinung, die Kleidung und das Auftreten des Hohenpriesters sollten dem Betrachter einen Eindruck der Heiligkeit Gottes vermitteln und auf die Reinheit hinweisen, die in der Gegenwart Gottes gefordert wurde. Der Dienst im Heiligtum WHF 41 3 Nicht allein das Heiligtum, sondern auch die Verrichtungen der Priester sollten "dem schattenhaften Abbild der himmlischen Dinge" dienen. Hebräer 8,5 (Bruns). Alles hatte seine Bedeutung, deshalb gab auch der Herr durch Mose sehr genaue und eingehende Anweisungen über jede Einzelheit dieses sinnbildlichen Dienstes. Der Gottesdienst am Heiligtum setzte sich aus zwei Teilen zusammen, einem täglichen und einem jährlichen Dienst. Der tägliche Dienst wurde am Brandopferaltar im Vorhof der Stiftshütte und im Heiligen vollzogen, während der jährliche Dienst im Allerheiligsten geschah. WHF 42 1 Keinem Sterblichen, außer dem Hohenpriester, war es erlaubt, die innere Abteilung des Heiligtums zu sehen. Nur einmal im Jahr durfte der Hohepriester diesen Raum betreten, und auch das nur nach sorgfältiger, ernster Vorbereitung. Zitternd trat er hinein vor Gott, während das Volk in ehrfurchtsvollem Schweigen auf seine Rückkehr wartete und das Herz in ernstem Gebet um himmlischen Segen zu Gott erhob. Vor dem Gnadenstuhl vollbrachte der Hohepriester die Versöhnung für Israel. Verhüllt in einer Wolke der Herrlichkeit, begegnete ihm Gott. Hielt sich der Hohepriester länger als gewöhnlich im Allerheiligsten auf, so befürchtete das Volk, daß er wegen ihrer oder seiner eigenen Sünden durch die Herrlichkeit des Herrn umgekommen sei. WHF 42 2 Der tägliche Dienst bestand in dem Morgen- und Abendbrandopfer, dem Darbringen des Weihrauchs auf dem goldenen Altar und der besonderen Opfer für die Sünden einzelner. Daneben gab es auch Opfer an den Sabbaten, Neumonden und anderen Festen. WHF 42 3 Jeden Morgen und jeden Abend wurde ein einjähriges Lamm als Ganzopfer auf dem Altar verbrannt, verbunden mit den dazugehörigen Speisopfern. Das sollte die tägliche Hingabe des Volkes an den Herrn und seine beständige Abhängigkeit von dem versöhnenden Blut Christi sinnbildlich darstellen. Ausdrücklich hatte Gott befohlen, daß jedes zum Dienst am Heiligtum dargebrachte Opfer ohne Fehler (2.Mose 12,5) sein sollte. Die Priester hatten alle Opfertiere zu prüfen und mußten jedes zurückweisen, an dem ein Gebrechen entdeckt wurde. Nur ein fehlerloses Opfer konnte ein Sinnbild für die vollkommene Reinheit dessen sein, der sich selbst als ein "unschuldiges und unbeflecktes Lamm" (1.Petrus 1,19) darbringen würde. Auf dieses Opfer deutete Paulus hin, um zu zeigen, was von den Nachfolgern Christi erwartet wird. Er sagte: "Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber gebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst." Römer 12,1. Wir sollen uns Gott zum Dienst weihen und darauf bedacht sein, daß unser Opfer möglichst vollkommen ist. Gott wird kein Gefallen an etwas Minderwertigem haben, sondern nur am Besten. Wer ihn von ganzem Herzen liebt, wird ihm die besten Kräfte seines Lebens weihen und in all seinem Tun mit dem Willen Gottes übereinstimmen. WHF 43 1 Wenn der Priester das Räuchwerk darbrachte, kam er in die unmittelbare Gegenwart Gottes, mehr als bei irgendeiner anderen Verrichtung des täglichen Dienstes. Da der innere Vorhang des Heiligtums nicht ganz bis zur Decke der Stiftshütte reichte, konnte die Herrlichkeit Gottes, die sich über dem Gnadenstuhl offenbarte, zum Teil vom ersten Raum aus wahrgenommen werden. Brachte der Priester das Räuchwerk vor dem Herrn dar, so schaute er in Richtung auf die Bundeslade. Stieg dann der Duft des Weihrauchs empor, so ließ sich die göttliche Herrlichkeit auf den Gnadenstuhl herab und erfüllte das Allerheiligste. Mitunter geschah es dabei, daß Gottes Gegenwart beide Abteilungen erfüllte, so daß der Priester bis zum Ausgang der Stiftshütte zurückweichen mußte. Wie der Priester im bildhaften Dienst im Glauben auf den Gnadenstuhl blickte, den er nicht sehen konnte, sollen sich Kinder Gottes heute mit ihren Gebeten an Christus, ihren großen Hohenpriester, wenden, der -- für menschliche Augen nicht wahrnehmbar -- im himmlischen Heiligtum für sie eintritt. Der Weihrauchduft, der mit den Gebeten der Israeliten aufstieg, stellt die Verdienste und die vermittelnde Fürsprache Christi, seine vollkommene Gerechtigkeit dar, die durch den Glauben seinem Volke zugerechnet wird. Allein die Gerechtigkeit Christi kann die Anbetung der Sünder vor Gott angenehm machen. Vor dem Vorhang des Allerheiligsten stand der Altar ununterbrochener Fürbitte; vor dem Heiligen der Altar beständiger Versöhnung. Durch Blut und Weihrauch, den Sinnbildern, die auf den großen Mittler hindeuten, konnte sich der Mensch Gott nahen. So können auch Sünder allein durch Christus zu Gott kommen. Durch ihn wird der bußfertigen, gläubigen Seele Gnade und Erlösung gewährt. WHF 44 1 Wenn die Priester am Abend und Morgen das Heiligtum zur Darbringung des Räuchwerks betraten, war auch das tägliche Opfer vorbereitet, um auf dem Altar im Vorhof dargebracht zu werden. Das waren Augenblicke tiefer innerer Anteilnahme für alle, die sich zur Anbetung vor der Stiftshütte versammelt hatten. Ehe sie durch den priesterlichen Dienst in die Gegenwart Gottes treten konnten, mußte jeder in ernster Selbstprüfung des Herzens seine Sünden bekennen. Sie vereinigten sich im stillen Gebet, das Angesicht zum Heiligtum gewandt. So stiegen ihre Gebete mit der Wolke des Räuchwerks auf, während der Glaube die Verdienste des verheißenen Erlösers annahm, die im Sühnopfer sinnbildlich dargestellt waren. Die zum Morgen- und Abendopfer bestimmten Stunden wurden als heilig erachtet und nach und nach vom ganzen jüdischen Volk als Zeit der Anbetung angenommen. Als später die Juden in Gefangenschaft geführt wurden, richteten sie auch im fernen Land immer noch zur bestimmten Stunde ihr Angesicht nach Jerusalem und legten Gott ihre Bitten im Gebet vor. In diesem Brauch sahen die Christen ein Beispiel für Morgen- und Abendandacht. Bloße Formen ohne den Geist des Lebens lehnt Gott ab, aber mit großem Wohlgefallen blickt er auf alle, die ihn lieben und sich morgens und abends vor ihm neigen, Vergebung für begangene Sünden suchen und seinen Segen erbitten. WHF 45 1 Die Schaubrote lagen stets vor dem Herrn als ein beständiges Opfer. Sie bildeten einen Teil des täglichen Opfers und wurden daher Schaubrote oder "Brote der Gegenwart" genannt. 2.Mose 25,30. Damit brachte der Mensch seine Abhängigkeit von Gott hinsichtlich seiner körperlichen und geistlichen Bedürfnisse zum Ausdruck, die nur Christus stillen kann. Einst hatte Gott sein Volk in der Wüste mit Himmelsbrot gespeist, aber noch immer ist es abhängig von seiner Fülle, was zeitliche Nahrung wie auch geistliche Segnungen betrifft. Das Manna und die Schaubrote deuteten hin auf Christus, das lebendige Brot. Jesus sagte von sich selbst: "Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen." Johannes 6,51. Auf die Brote wurde Weihrauch gestreut. Nahm der Priester am Sabbat die Brote vom Tisch und ersetzte sie durch neue, so mußte er Weihrauch auf dem Altar verbrennen zum Gedächtnis vor Gott. WHF 45 2 Der priesterliche Dienst für den einzelnen nahm im täglichen Gottesdienst eine besondere Stelle ein. Der reumütige Sünder brachte sein Opfer vor die Tür der Stiftshütte, legte seine Hand auf den Kopf des Opfertieres und bekannte seine Sünden. So wurde seine Schuld gleichsam auf das unschuldige Opfer übertragen. Dann mußte er das Tier mit eigener Hand schlachten. Etwas von dem Blut nahm der Priester, brachte es in das Heiligtum und sprengte es vor den Vorhang, hinter dem die Bundeslade mit den Geboten Gottes stand, die der Sünder übertreten hatte. Mit dieser Handlung wurde die Sünde durch das Blut sinnbildlich auf das Heiligtum übertragen. In gewissen Fällen wurde das Blut nicht in das Heilige gebracht; das Fleisch des Tieres mußte dann jedoch vom Priester gegessen werden, wie es Mose den Söhnen Aarons geboten hatte, als er sagte: "Der HERR hat es euch gegeben daß ihr die Schuld der Gemeinde wegnehmen und sie vor ihm entsühnen sollt." 3.Mose 10,17. Siehe auch 3.Mose 4,1-21; 3.Mose 6,19; 3.Mose 4,22-35. Beide Handlungen versinnbildeten die Übertragung der Sünde vom bußfertigen Sünder auf das Heiligtum. WHF 46 1 In dieser Weise geschah der Dienst Tag für Tag das ganze Jahr hindurch. So wurden die Sünden Israels auf das Heiligtum übertragen, das dadurch verunreinigt wurde. Es war deshalb ein besonderes Werk erforderlich, um die Sünden vom Heiligtum zu tilgen. Darum befahl Gott, daß eine Entsühnung für jede der beiden Abteilungen des Heiligtums wie auch für den Altar geschehen sollte, um ihn zu "reinigen und zu heiligen von den Verunreinigungen der Kinder Israel". 3.Mose 16,19. Der Versöhnungstag WHF 46 2 Einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag, betrat der Priester das Allerheiligste, um das Heiligtum zu reinigen. Dadurch wurde der jährliche Ablauf des priesterlichen Dienstes vollendet. Am Versöhnungstag wurden zwei Ziegenböcke an die Tür der Stiftshütte gebracht und das Los über sie geworfen, "ein Los dem HERRN und das andere dem Asasel". Der Bock, auf den das erste Los fiel, wurde geschlachtet als Sündopfer für das Volk. Der Priester mußte das Blut hinter den Vorhang bis ins innerste Heiligtum bringen und damit den Gnadenstuhl besprengen. "Und soll so das Heiligtum entsühnen wegen der Verunreinigungen der Kinder Israel und wegen ihrer Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben. So soll er tun der Stiftshütte, die bei ihnen ist inmitten ihrer Unreinheit." 3.Mose 16,16. WHF 46 3 "Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm bekennen alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit steht, in die Wüste bringen lassen, daß also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage; und man lasse ihn in der Wüste." 3.Mose 16,21.22. Erst wenn der Bock weggeführt worden war, betrachtete sich das Volk frei von der Last der Sünden. Jeder beugte sich in Demut, während das Werk der Versöhnung, vor sich ging, Alle Arbeit ruhte in Israel, und die ganze Gemeinde verbrachte den Tag mit Beten, Fasten und ernster Herzensprüfung. WHF 47 1 Durch diesen gewichtigen Dienst am Versöhnungstag wurden dem Volk bedeutsame Lehren erteilt. Am Bild der Sündopfer, die das ganze Jahr hindurch dargebracht wurden, zeigte der Herr, daß er ein stellvertretendes Opfer an des Sünders Statt angenommen hatte. Doch das Blut von Opfertieren konnte keine völlige Versöhnung bewirken. Die Sünden waren nur auf das Heiligtum übertragen. Durch das blutige Opfer erkannte der Sünder die Autorität des Gesetzes an, bekannte die Schuld seiner Übertretung und bezeugte seinen Glauben an den Einen, der die Sünden der Welt wegnehmen würde. Er war aber noch nicht vollständig losgesprochen von dem Verdammungsurteil des Gesetzes. Am großen Versöhnungstag ging der Hohepriester, nachdem er das Opfer für die Gemeinde gebracht hatte, mit dem Blut ins Allerheiligste und sprengte es auf den Gnadenstuhl über den Gesetzestafeln. So wurde die Forderung des Gesetzes erfüllt, die das Leben des Sünders verlangte. In seiner Eigenschaft als Mittler nahm der Priester die Sünden auf sich und trug nun beim Verlassen des Heiligtums die Last der Schuld Israels hinaus. An der Tür der Stiftshütte legte er seine Hände auf den Kopf des Bockes für Asasel und bekannte über ihm "alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben", indem er "sie dem Bock auf den Kopf" legte. Dann wurde der Bock weggeführt, und damit galt alle Sünde als für immer vom Volk entfernt. Das war der von Gott verordnete Dienst zum "Abbild und Schatten des Himmlischen." Hebräer 8,5. Ein Gleichnis der himmlischen Dinge WHF 48 1 Das irdische Heiligtum war von Mose nach dem Vorbild gebaut worden, das ihm Gott auf dem Berge gezeigt hatte. Die Stiftshütte "ist ein Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit: es werden da Gaben und Opfer geopfert"; die beiden heiligen Räume waren "also die Abbilder der himmlischen Dinge". Christus, unser großer Hoherpriester, "ist ein Diener am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte, welche Gott aufgerichtet hat und kein Mensch". Hebräer 9,9.23; Hebräer 8,2. Als dem Apostel Johannes im Gesicht die Gnade zuteil wurde, den Tempel Gottes im Himmel zu schauen, sah er, daß dort "sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Thron". Er sah auch einen Engel, der "hatte ein goldenes Räuchergefäß und ihm ward viel Räucherwerk gegeben, daß er gäbe zum Gebet aller Heiligen auf den goldenen Altar vor dem Thron". Offenbarung 4,5; Offenbarung 8,3. Der Prophet durfte also in die erste Abteilung des himmlischen Heiligtums schauen. Er sah "sieben Fackeln mit Feuer brennen" und den "goldenen Altar", die im irdischen Heiligtum durch den goldenen Leuchter und den Räucheraltar dargestellt wurden. "Und der Tempel Gottes im Himmel ward aufgetan", und er blickte hinter den inneren Vorhang ins Allerheiligste. Dort sah er "die Lade seines Bundes" (Offenbarung. 11,19), die in dem von Mose erbauten Heiligtum als heiliger Schrein das Gesetz Gottes enthielt. WHF 48 2 Mose baute das irdische Heiligtum "nach dem Vorbilde, das er gesehen hatte". Paulus erklärt, daß "die Stiftshütte und alles Gerät des Gottesdienstes ... Abbilder der himmlischen Dinge" waren. Apostelgeschichte 7,44; Hebräer 9,21.23. Und Johannes sagte, daß er das Heiligtum im Himmel gesehen habe. Das Heiligtum, in dem Jesus für uns dient, ist das große Urbild des von Mose erbauten Heiligtums. WHF 49 1 Diesen himmlischen Tempel, die Wohnstätte des Königs aller Könige, wo "tausendmal Tausende" ihm dienen und "zehntausendmal Zehntausende" vor ihm stehen (Daniel 7,10), diesen mit der Herrlichkeit des ewigen Thrones erfüllten Tempel, wo Seraphim, seine leuchtenden Wächter, ihre Angesichter in Anbetung vor ihm verhüllen, konnte in seiner Größe und Herrlichkeit kein irdisches Bauwerk darstellen. Dennoch sollten durch das irdische Heiligtum und seine Gottesdienste wichtige Lehren über das himmlische Heiligtum und den Dienst vermittelt werden, der dort für die Erlösung der Menschen geschieht. WHF 49 2 Nach seiner Himmelfahrt sollte unser Heiland sein Werk als unser Hoherpriester aufnehmen. Paulus sagt: "Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, das mit Händen gemacht ist, welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns." Hebräer 9,24. WHF 49 3 So wie der sinnbildliche Dienst im Alten Bund in zwei Abschnitten geschah, dem täglichen und jährlichen Dienst -- je eine Abteilung der Stiftshütte war dafür vorgesehen --, so sollte auch der Dienst Jesu Christi aus zwei Abschnitten bestehen. WHF 49 4 Im täglichen Dienst sprengte der Priester das Blut des Opfers für den Sünder in das Heilige; so erschien auch Christus bei seiner Himmelfahrt vor Gott, um sein vergessenes Blut für die bußfertigen Gläubigen darzubieten. WHF 49 5 Wenn auch das Blut Christi den reumütigen Sünder vom Fluch des Gesetzes befreit, wird doch die Sünde noch nicht endgültig ausgelöscht; sie bleibt gleichsam im Heiligtum bewahrt bis zur abschließenden Versöhnung. Ebenso nahm im alttestamentlichen Sinnbild das Blut des Sündopfers die Sünde von dem reumütigen Bekenner hinweg, doch die Sünde selbst blieb bis zum Versöhnungstag im Heiligtum. Die Reinigung von den Sünden WHF 50 1 An dem großen Tag des jüngsten Gerichts werden die Toten gerichtet werden "nach dem, was geschrieben steht in den Büchern, nach ihren Werken". Offenbarung 20,12. Dann werden durch die Kraft des versöhnenden Blutes Christi die Sünden aller wahrhaft Reumütigen für immer aus den Büchern des Himmels getilgt werden. So wird das Heiligtum frei oder gereinigt werden von den dort aufgezeichneten Sünden. Sinnbildlich wurde dieses Werk der Versöhnung oder der Austilgung der Sünden durch den besonderen Dienst am Versöhnungstag dargestellt, durch die Reinigung, des irdischen Heiligtums, die dadurch geschah, daß die Sünden, die es verunreinigt hatten, durch das Blut des Sündopfers beseitigt wurden. WHF 50 2 Wie im endgültigen Versöhnungswerk die Sünden der wahrhaft Bekehrten aus den Büchern des Himmels getilgt werden, so daß ihrer nicht mehr gedacht wird, so wurden sie in den Tagen Israels in bildhafter Weise in die Wüste hinweggetragen und damit für immer von der Gemeinde der Kinder Gottes entfernt. WHF 50 3 Da Satan der Urheber der Sünde und damit Anstifter all der Sünden ist, die den Tod des Sohnes Gottes verursachten, verlangt die Gerechtigkeit, daß Satan schließlich die endgültige Strafe erleidet. Das Werk Jesu Christi zur Erlösung der Menschen und die Reinigung des Weltalls von aller Schuld wird abgeschlossen, indem die Berichte der Sünde aus dem himmlischen Heiligtum entfernt werden. Auf Satan wird dann die endgültige Strafe für alle durch ihn verursachte Sünde gelegt. So wurde auch im irdischen bildhaften Dienst der jährliche Opferdienst mit der Reinigung des Heiligtums abgeschlossen, indem zuletzt die Sünden auf den Kopf des Bockes für Asasel gelegt wurden. WHF 51 1 So wurde dem Volk täglich durch den Heiligtumsdienst an der Stiftshütte und später im Tempel die bedeutsame Wahrheit vom Tod und dem Versöhnungsdienst Christi verkündigt, und einmal im Jahr wurden die Gedanken hingelenkt auf jene künftigen Schlußereignisse in dem großen Kampf zwischen Christus und Satan, wenn die Reinigung des Weltalls von Sünde und Sündern Wirklichkeit sein wird. ------------------------Kapitel 3: Das Evangelium in Sinnbild und Erfüllung WHF 53 1 Der langgehegte Plan Davids, dem Herrn einen Tempel zu bauen, wurde von Salomo mit aller Sorgfalt ausgeführt. Sieben Jahre hindurch war Jerusalem erfüllt von dem fleißigen Schaffen der Arbeiter, die den Grund und Boden ebneten, gewaltige Stützwände errichteten und ein starkes Fundament legten. "Und der König gebot, große und kostbare Steine auszubrechen, behauene Steine zum Grund des Hauses" (1.Könige 5,31), und starke Stämme von den Wäldern des Libanon zu holen, um dem Herrn ein prächtiges Heiligtum zu bauen. WHF 53 2 Während Tausende damit beschäftigt waren, Steine und Holz zu bearbeiten, wurde gleichzeitig die Anfertigung der Einrichtungsgegenstände und der kunstvollen Innengestaltung des Tempels unter der Leitung Hirams von Tyrus vorangetrieben. WHF 53 3 Von Hiram wird gesagt, daß er ein "tüchtiger und verständiger Mann war, ... der versteht zu arbeiten mit Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Steinen, Holz, rotem und blauem Purpur, feiner Leinwand und Scharlach, und Bildwerk zu schnitzen und alles, was man ihm aufgibt, kunstreich zu machen". 2.Chronik 2,12.13. Genau nach Vorbild WHF 54 1 So wuchs das Gebäude auf dem Berge Morija ohne das sonst bei einem Bau übliche Getöse empor; denn "die Steine waren bereits ganz zugerichtet, so daß man weder Hammer noch Beil noch irgendein eisernes Werkzeug beim Bauen hörte". Die kunstvolle Inneneinrichtung und die Fertigung "alles Gerätes für das Haus Gottes" erfolgte genau nach den Zeichnungen, die David seinem Sohne übergeben hatte. 1.Könige 6,7; 2.Chronik 4,19. Zur Ausstattung gehörten auch der Räucheraltar, der Schaubrottisch, der siebenarmige Leuchter, "die Messer, Schalen, Löffel und Pfannen", die für die Amtshandlungen der Priester am heiligen Ort erforderlich waren; sie "waren von lauterm Gold". 2.Chronik 4,22. Dazu kamen die Geräte und Einrichtungsgegenstände aus Kupfer: der Brandopferaltar, das große Reinigungsbecken, das von zwölf Rindern aus Kupfer getragen wurde, dann die kleineren Gefäße. "In der Gegend des unteren Jordan ließ sie der König gießen in der Gießerei von Adama zwischen Sukkoth und Zereda." 2.Chronik 4,17. Salomo ließ sehr viele von diesen Geräten herstellen, so daß kein Mangel war. Die unübertroffene Herrlichkeit des Tempels WHF 54 2 Der Tempel, den Salomo und seine Fachleute zur Ehre Gottes und zur Anbetung errichtet hatten, war von großer Schönheit und unvergleichlicher Pracht. Er war mit seltenen Steinen geschmückt. Durch prächtige Zugänge gelangte man in die geräumigen Tempelvorhöfe. Die Innenwände waren mit geschnitztem Zedernholz und polierten Goldplättchen getäfelt, mit gestickten Wandbehängen und kostbaren Einrichtungsgegenständen geschmückt. All das sollte ein Sinnbild der lebendigen Gemeinde Gottes auf Erden sein, die zu allen Zeiten nach einem göttlichen Plan erbaut wurde aus Baustoffen, die verglichen werden können mit "Gold, Silber und edlen Steinen". 1.Korinther 3,12. Ein prächtiges Heiligtum war gebaut worden nach dem Vorbild, das einst Mose auf dem Berge geschaut hatte und später David vom Herrn gezeigt worden war. Zu den Cherubim auf dem Deckel der Lade ließ Salomo noch zwei weitere, größere Engelgestalten anfertigen, die an jeder Seite der Lade angebracht waren. Sie sollten die himmlischen Engelscharen darstellen, die über das Gesetz Gottes wachen. Es ist unmöglich, die Schönheit und Pracht dieses Heiligtums zu beschreiben. Die heilige Lade wurde in feierlicher Prozession von den Priestern an diesen herrlichen Ort gebracht und unter die Flügel der beiden stattlichen Cherubim gestellt. Durch Gott beglaubigt WHF 55 1 Der Chor der Leviten erhob seine Stimmen im Lobpreis Gottes, begleitet von verschiedenen Musikinstrumenten. Die Vorhöfe des Tempels gaben das Echo dieses Lobgesanges zurück, und die Wolke der Herrlichkeit Gottes ließ sich herab auf das Haus wie einst auf das Heiligtum in der Wüste. "Als aber die Priester aus dem Heiligen gingen, erfüllte die Wolke das Haus des HERRN, so daß die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten, wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN." 1.Könige 8,10.11. WHF 55 2 Ebenso wie das irdische Heiligtum, das Mose nach dem Bilde erbaut hatte, das er auf dem Berg geschaut hatte, war auch Salomos Tempel mit all seinen Einrichtungen "ein Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit, in der Gaben und Opfer geopfert werden". Seine zwei heiligen Räume waren "Abbilder der himmlischen Dinge" mit Christus, unserm großen Hohenpriester, der "ein Diener am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte" ist, "welche Gott aufgerichtet hat und kein Mensch". Hebräer 8,2. WHF 56 1 All diese Bilder und Gleichnisse waren eine umfassende Weissagung auf das Evangelium, eine Darstellung, in der die Verheißungen der Erlösung verbürgt sind. Das Urbild verloren WHF 56 2 Diese eindrucksvollen heiligen Handlungen waren von Gott dazu ausersehen, das Volk auf die Wahrheit hinzuweisen, daß zur vorgesehenen Zeit der Eine kommen würde, auf den dieser feierliche Dienst hindeutete. WHF 56 3 In dem Maße wie die Juden von Gott abfielen, verloren sie auch den Blick für den tiefen Sinn dieser gottesdienstlichen Zeremonien. Durch Christus selbst war dieser Dienst eingesetzt worden. Jede Einzelheit deutete auf ihn hin und war erfüllt von Leben und geistlicher Schönheit. Aber die Juden verloren das geistliche Leben aus ihrem religiösen Kult und hielten nur an den toten Formen fest. Sie setzten ihr Vertrauen auf die Opfer und symbolischen Handlungen, anstatt auf Christus, der sie verordnet hatte. Um zu ersetzen, was sie verloren hatten, fügten die Priester und Schriftgelehrten viele selbst verfaßte Vorschriften hinzu, und je starrer diese Formen wurden, um so weniger war von der Liebe Gottes erkennbar. Der Tempel verliert seine Bedeutung WHF 56 4 Christus war Grundlage und Leben des gesamten Tempeldienstes. Dieser Dienst war ein Hinweis auf die Opferung des Sohnes Gottes. Das Priesteramt war geschaffen worden, um das Mittleramt und Erlösungswerk Christi darzustellen. Der gesamte Ablauf der Opferdienste sollte auf den Tod des Erlösers zur Errettung der Welt deuten. Alle Opfer aber mußten null und nichtig sein, wenn man jenes große Ereignis aus den Augen verlor, auf das sie jahrhundertelang hingewiesen hatten. Da der zeremonielle Gottesdienst nur Bedeutung im Blick auf Christus hatte, war er ohne ihn völlig wertlos. Als die Juden Christus dem Kreuzestod überantworteten und damit ihre Ablehnung ihm gegenüber besiegelten, gaben sie alles auf, was ihrem Tempel und seinem Gottesdienst überhaupt Bedeutung verlieh. Seine Heiligkeit war verlorengegangen; er war dem Untergang geweiht. Von jenem Tage an sanken der Opferkult und der ganze damit verbundene Tempeldienst zur Bedeutungslosigkeit herab. Ebenso wie Kain bekundeten auch die Juden bei ihrem Opfer keinen Glauben an den Erlöser. Als sie Jesus Christus töteten, zerstörten sie in der Tat ihren Tempel. Bei der Kreuzigung riß der innere Vorhang des Tempels entzwei von oben an bis unten aus zum Zeichen dafür, daß das wahre, endgültige Opfer gebracht war und damit der gesamte Opferdienst für immer ein Ende gefunden hatte. WHF 57 1 "Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten." Johannes 2,19. Als der Erlöser starb, schien es, als hätten die Mächte der Finsternis gesiegt, und sie frohlockten über ihren Sieg. Aber aus dem geöffneten Grabe Josephs von Arimathia kam Jesus als Sieger hervor. Paulus schreibt: "Er hat die Reiche und die Gewaltigen ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus." Kolosser 2,15. Durch seinen Tod und seine Auferstehung wurde Christus der Diener "an der wahren Stiftshütte, welche Gott aufgerichtet hat und kein Mensch". Hebräer 8,2. Das heilige Zelt hatten seinerzeit Menschen aufgestellt; Menschen hatten auch den jüdischen Tempel gebaut; aber jenes Heiligtum droben, von dem die irdischen nur Abbilder waren, hat kein menschlicher Baumeister errichtet. "Siehe, es ist ein Mann, der heißt ‚Sproß'; denn unter ihm wird's sprossen, und er wird bauen des HERRN Tempel. Ja, den Tempel des HERRN wird er bauen, und er wird herrlich geschmückt sein und wird sitzen und herrschen auf seinem Thron. Und ein Priester wird sein zu seiner Rechten ..." Sacharja 6,12.13. Das wahre Opfer WHF 58 1 Nachdem der Opferdienst, der auf Christus hinweisen sollte, abgetan war, wurden die Augen der Menschen hingelenkt auf das wahre Opfer, das der Welt Sünden trägt. Das irdische Priesteramt hatte aufgehört; aber wir können nun auf Jesus schauen, den "Mittler des neuen Bundes, und zu dem Blut der Besprengung, das da besser redet als Abels Blut". "Damit tat der Heilige Geist kund, daß noch nicht offenbart sei der Weg zum Heiligen, solange die vordere Hütte stünde ... Christus aber ist gekommen, daß er sei ein Hoherpriester der zukünftigen Güter, und ist durch die größere und vollkommenere Hütte eingegangen, die nicht mit Händen gemacht, ... durch sein eigen Blut ein für allemal in das Heilige eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben." Hebräer 12,24; Hebräer 9,8-12. WHF 58 2 "Daher kann er auch auf ewig selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt immerdar und bittet für sie." Hebräer 7,25. Wenn auch ihr Augenmerk vom irdischen Tempel auf das himmlische Heiligtum gelenkt wurde, wenn auch das Heiligtum und unser großer Hoherpriester unseren menschlichen Augen entzogen sind, sollte das für die Jünger kein Verlust sein. Sie sollten keine Einbuße in der Gemeinschaft mit ihm erleiden, keine Schmälerung der Kraft. Während Jesus sein Mittleramt im Heiligtum der oberen Welt versieht, dient er weiterhin durch seinen Geist seiner Gemeinde auf Erden. Unser Hoherpriester und Fürsprecher WHF 58 3 "Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, das mit Händen gemacht ist, welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns; auch nicht, damit er sich oftmals opfere, gleichwie der Hohepriester alle Jahre in das Heilige geht mit fremdem Blut; sonst hätte er oft müssen leiden müssen von Anfang der Welt her. Nun aber, am Ende der Zeiten, ist er einmal erschienen, durch sein eigen Opfer die Sünde aufzuheben." Hebräer 9,24-26. "Dieser aber hat ein Opfer für die Sünden geopfert, sitzt nun für immer zur Rechten Gottes." Hebräer 10,12. So ist Christus einmal in das Heilige eingegangen, nachdem er eine ewige Erlösung für uns erworben hat. "Daher kann er auch auf ewig selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt immerdar und bittet für sie." Hebräer 7,25. Dadurch hat er die Vollmacht erworben, nicht allein anstelle des Menschen vor Gott zu stehen, sondern auch Fürsprecher zu sein, damit jeder, der da will, einen Freund bei Gericht, einen Hohenpriester haben kann, der Mitleid mit unseren Schwachheiten hat. WHF 59 1 Das Heiligtum im Himmel ist demnach der wahre Mittelpunkt des Dienstes Christi für uns Menschen. Das geht jeden an, der auf der Erde lebt. Dadurch werden uns die Augen geöffnet, den Erlösungsplan zu erkennen. Wir werden geführt durch die Weltzeit bis zum Abschluß ihrer Geschichte und erhalten Einblick in den sieghaften Ausgang des Kampfes zwischen Gerechtigkeit und Sünde. Es ist daher ungemein wichtig, daß ein jeder diese Botschaft gründlich erforscht und untersucht, damit er "allezeit bereit ist zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Grund fordert der Hoffnung, die in euch ist." 1.Petrus 3,15. ------------------------Kapitel 4: Die Wirkung der Göttlichen Gerichtsbotschaft im 19. Jahrhundert WHF 61 1 Einen schlichten Landmann, der zunächst der Bibel zweifelnd gegenüberstand, aber dennoch von dem aufrichtigen Verlangen erfüllt war, die Wahrheit zu erkennen, erwählte Gott, die Botschaft von der Wiederkunft Christi zu verkündigen. Gleich vielen anderen Glaubensmännern hatte William Miller in seiner Jugend Armut kennengelernt, sich dabei aber zu einem strebsamen, bescheidenen Menschen entwickelt. Seine Familienangehörigen zeichneten sich durch Freiheitsliebe, Ausdauer und patriotisches Denken aus -- Eigenschaften, die auch seinen Charakter bestimmten. Sein Vater war Hauptmann in der amerikanischen Revolutionsarmee, und die Entbehrungen, die Miller in seiner Kindheit und Jugend ertragen mußte, hatten wohl die Ursache in der Abwesenheit des Vaters während jener stürmischen Zeit. WHF 61 2 William Miller, ein gesunder und kräftiger Mann, zeigte bereits in seiner Kindheit eine außergewöhnliche Begabung. Sein reger Geist war ständig bestrebt, sich ein umfangreiches gutes Wissen anzueignen. Wenn es ihm auch nicht möglich war, eine akademische Bildung zu erlangen, hatte er doch viel Freude am Studieren. Seine Gewohnheit, alles gründlich zu durchdenken, schenkte ihm ein gesundes Urteilsvermögen und verhalf ihm zu einem umfassenden Wissen. Man schätzte ihn wegen seines vorbildlichen Charakters, er war bekannt als aufrichtiger, hilfsbereiter Mensch. Durch seine Tatkraft und seinen Fleiß erwarb er sich schon früh sein Auskommen; dennoch gab er es nicht auf, weiterhin zu studieren. Er bekleidete mit Erfolg verschiedene Ämter; der Weg zu Reichtum und Ansehen in dieser Welt schien ihm offen zu stehen. WHF 62 1 Seine Mutter war eine fromme Frau, und er selbst war bereits in seiner Kindheit empfänglich für den christlichen Glauben. Doch in seiner Jugend geriet Miller in die Gesellschaft von Deisten (sie vertraten die Ansicht, daß Gott zwar die Welt geschaffen habe, aber auf ihre Erhaltung keinen weiteren Einfluß nimmt -- eine zuerst in England im 17. Jahrhundert vertretene Anschauung), die einen starken Einfluß auf ihn ausübten, zumal sie vorbildliche Bürger, freundliche und wohltätige Leute waren. Da sie inmitten einer christlichen Umwelt lebten, waren sie in gewissem Maße davon geprägt worden. Die Vorzüge, durch die sie Achtung und Vertrauen gewannen, hatten sie im Grunde genommen der Bibel zu verdanken, und doch waren diese guten Gaben so verfälscht worden, daß sie einen Einfluß ausübten, der dem Worte Gottes entgegenwirkte. Durch den Umgang mit ihnen kam Miller schließlich dahin, ihre Anschauungen zu teilen. Die damals allgemein übliche Auslegung der Schrift bot ihm unüberwindliche Denkschwierigkeiten. Doch auch seine neue Glaubensüberzeugung, die Gottes Wort beiseite setzte, konnte ihm nichts Besseres bieten, und so blieb er in seinem Herzen unbefriedigt. Immerhin bekannte er sich ungefähr zwölf Jahre lang zu diesen Auffassungen. Als er vierunddreißig Jahre alt war, kam er durch die Wirkung des Heiligen Geistes zu der Erkenntnis, daß er ein Sünder ist. In seinem bisherigen Glauben hatte er die Gewißheit einer Seligkeit jenseits des Grabes nicht finden können. Die Zukunft erschien ihm düster und unheimlich. WHF 63 1 Mit diesem Zustand quälte sich Miller mehrere Monate lang herum, bis folgendes geschah. "Plötzlich", so berichtet er selbst, "wurde ich von dem Wesen des Heilandes tief beeindruckt. Es leuchtete mir ein, daß es einen gibt, der so gut und barmherzig sein konnte, sich selbst für unsere Übertretungen zu opfern und dadurch vom Tod für unsere Sünden zu erretten. Ich fühlte, wie barmherzig ein solches Wesen sein müsse und stellte mir vor, daß ich mich diesem Retter in die Arme werfen und seiner Gnade vertrauen könnte. Aber die Frage quälte mich: Wie kann bewiesen werden, daß es ein solches Wesen gibt? Ich erkannte, daß außerhalb der Bibel kein Nachweis für die Wirklichkeit eines solchen Heilandes oder gar für ein zukünftiges Dasein zu finden war. WHF 63 2 Nur die Bibel berichtet von einem Heiland, wie ich ihn brauchte. Konnte ein nichtinspiriertes Buch Grundsätze entwickeln, die den Bedürfnissen einer in Sünde gefallenen Welt so vollkommen entsprachen? Für mich gab es nun keine andere Antwort, als daß die Heilige Schrift eine Offenbarung Gottes sein muß. So wurde mir die Bibel zur Freude, und in Jesus fand ich meinen Freund. Der Heiland wurde für mich der Auserkorene unter vielen Tausenden, und die Heilige Schrift, die zuvor dunkel und voller Widersprüche schien, erwies sich als meines Fußes Leuchte und als ein Licht auf meinem Wege. Ruhe und Zufriedenheit zogen in mein Herz. Ich erkannte Gott, den Herrn, als einen Fels inmitten der Stürme des Lebens. Fortan widmete ich mich ganz der Bibel, und ich kann sagen, daß ich sie mit großer Freude durchforschte. Ich fand, daß mir noch nicht die Hälfte gesagt worden war, und ich konnte es nicht fassen, daß ich ihre Schönheit und Herrlichkeit nicht eher gesehen hatte. Unverständlich war mir nur, daß ich sie je hatte ablehnen können. In ihr wurde alles offenbart, was mein Herz sich wünschen konnte; sie bot ein Heilmittel für jeden Schaden meiner Seele an. Bald verlor ich den Gefallen an anderem Lesestoff, und mein Herz sehnte sich, die Weisheit zu erlangen, die von Gott kommt." Bliß, Memoirs of William Miller 65-67. WHF 64 1 Öffentlich bekannte sich Miller zu der Glaubensüberzeugung, die er zuvor verachtet hatte. Seine ungläubigen Freunde aber waren nicht müßig, die Beweise ins Feld zu führen, die er zuvor selbst oft genug gegen die göttliche Autorität der Heiligen Schrift angewandt hatte. Er konnte darauf zunächst nichts entgegnen, sagte sich aber, daß die Bibel, wenn sie Gottes Wort ist, sich selbst verteidigen müsse. Was zur Belehrung des Menschen gegeben war, mußte auch seinem Verständnis angepaßt sein. Miller entschloß sich daher, die Heilige Schrift zu durchforschen, um herauszufinden, wie es sich wirklich mit den scheinbaren Widersprüchen verhält. WHF 64 2 So bemühte er sich, alle vorgefaßten Meinungen abzulegen und verglich Bibelstelle mit Bibelstelle, ohne irgendwelche Kommentare heranzuziehen. Lediglich der angegebenen Parallelstellen und einer Konkordanz bediente er sich. Regelmäßig und planvoll betrieb er dieses Studium. Mit dem ersten Buch Mose begann er, und unter bedächtigem Lesen der Verse ging er nicht schneller voran, als sich ihm der Sinn der Texte erschloß, so daß ihm nichts unklar blieb. War ihm eine Stelle unverständlich, dann verglich er sie mit anderen, die in irgendeiner Beziehung zu dem betrachteten Thema standen. Jedes Wort prüfte er bezüglich seiner Bedeutung für den Inhalt der Bibelstelle, und wenn seine Auffassung darüber mit allen verwandten Schriftaussagen übereinstimmte, war für ihn die Schwierigkeit überwunden. So fand er immer wieder, daß es für eine Stelle der Heiligen Schrift, die schwer zu verstehen ist, eine Erklärung in einem andern Teil der Schrift gibt. Da er unter ernstem Gebet um göttliche Erleuchtung in der Schrift forschte, wurde das, was ihm vorher dunkel erschienen war, nun seinem Verständnis klar. Er erfuhr die Wahrheit des Psalmwortes: "Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreut es und macht klug die Unverständigen." Psalm 119,130. Das Studium der Weissagungen WHF 65 1 Mit großer Aufmerksamkeit studierte er das Buch Daniel und die Offenbarung, wobei er in gleicher Weise wie beim Studium der andern Teile der Heiligen Schrift vorging. Zu seiner großen Freude fand er, daß die prophetischen Bilder und Gleichnisse zu deuten waren. Dabei stellte er fest, daß die Weissagungen, sofern sie schon in Erfüllung gegangen waren, buchstäblich eingetroffen waren. All die verschiedenen Zeichen, Bilder und Gleichnisse konnten entweder in ihrem unmittelbaren Zusammenhang erklärt oder durch Hinweise an anderen Stellen der Schrift näher bestimmt werden, so daß sie buchstäblich verstanden werden konnten. Miller sagt dazu: "So wurde mir die Gewißheit, daß die Bibel eine Kette offenbarter Wahrheit ist, so deutlich und klar mitgeteilt, daß selbst der einfache Mann sie erkennen kann." Bliß 70. Seine Anstrengungen wurden belohnt: Immer klarer öffnete sich seinem Verständnis die Wahrheit, und immer deutlicher konnte er die großen Umrisse der Weissagungen erkennen. Engel des Himmels lenkten seine Gedanken und führten ihn zum Verständnis des Wortes Gottes. WHF 65 2 Indem er die Weissagungen, die sich noch erfüllen sollten, danach beurteilte, wie Prophezeiungen in der Vergangenheit eingetroffen waren, gewann er die Überzeugung, daß die damals verbreitete Auffassung von einer tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden, einem Millenium vor dem Ende der Welt, nicht mit dem Wort Gottes übereinstimmte. Diese Lehre, die von einem tausendjährigen Reich der Gerechtigkeit und des Friedens vor der persönlichen Wiederkunft des Herrn ausgeht, schiebt den Tag des Gerichtes Gottes weit in die Zukunft hinaus. So angenehm diese Lehre auch vielen gewesen sein mag, so steht sie doch im Widerspruch zu den Lehren Christi und seiner Apostel. Sie hatten vielmehr angekündigt, daß Weizen und Unkraut miteinander wachsen sollten bis zur Ernte, dem Ende der Welt, und daß es "mit den bösen Menschen und Betrügern je länger, je ärger" wird. "In den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen"; das Reich der Finsternis wird bestehen bis zur Ankunft des Herrn, "und alsdann wird der Frevler offenbart werden, welchen der Herr Jesus umbringen wird mit dem Hauch seines Mundes und wird ihm ein Ende machen durch seine Erscheinung." Matthäus 13,30.38-41; 2.Timotheus 3,1.13; 2.Thessalonicher 2,8. WHF 66 1 Die Lehre von einer Bekehrung der ganzen Welt und einer geistlichen Herrschaft Christi auf Erden wurde weder von den Aposteln noch von der Urgemeinde verkündigt. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts bürgerte sich diese Ansicht ein. Wie jeder andere Irrtum, hatte auch dieser gefährliche Folgen. Er führte die Menschen zu der Ansicht, daß die Wiederkunft des Herrn erst in ferner Zukunft zu erwarten sei. Das hielt sie davon ab, die Zeichen des nahen Kommens Christi zu beachten und erzeugte in ihnen ein Gefühl der Sorglosigkeit und Sicherheit, das keineswegs begründet war. So wurden viele dazu verleitet, die notwendige Vorbereitung auf die Begegnung mit ihrem Herrn zu vernachlässigen. WHF 66 2 Miller aber erkannte, daß die Heilige Schrift ganz deutlich die persönliche und buchstäbliche Erscheinung Christi lehrt. Paulus sagt: "Denn er selbst, der Herr, wird mit befehlendem Wort mit der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel." 1.Thessalonicher 4,16. Und Jesus erklärt: Dann werden sie "kommen sehen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit". "Denn wie der Blitz ausgeht vom Aufgang und leuchtet bis zum Niedergang, so wird auch sein das Kommen des Menschensohnes". Matthäus 24,30.27. Die Heere des Himmels werden ihn begleiten, und "des Menschen Sohn wird kommen in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm"; "er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen, und sie werden sammeln seine Auserwählten". Matthäus 25,31; Matthäus 24,31. WHF 67 1 Bei Jesu Erscheinen werden die gerechten Toten auferweckt und die gerechten Lebenden verwandelt werden. Paulus sagt dazu: "Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; und dasselbe plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune schallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit." 1.Korinther 15,51-53. WHF 67 2 Und in seinem Brief an die Thessalonicher sagt er, nachdem er ihnen das Kommen des Herrn vor Augen gestellt hatte: "Die Toten in Christus werden auferstehen zuerst. Danach wir, die wir leben und übrigbleiben, werden zugleich mit ihnen hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft, und werden so bei dem Herrn sein allezeit." 1.Thessalonicher 4,16.17. WHF 67 3 Erst zur Zeit der persönlichen Wiederkunft Christi wird sein Volk das Reich ererben. Der Herr sagte: "Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleichwie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!" Matthäus 25,31-34. Aus diesen angeführten Schriftworten ist zu ersehen, daß bei der Wiederkunft des Menschensohnes die Toten unverweslich auferstehen und die Lebenden verwandelt werden. Durch diese Verwandlung werden sie zubereitet, in das Reich Gottes einzugehen; denn Paulus schreibt: "Fleisch und Blut können nicht das Reich Gottes ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben das Unverwesliche." 1.Korinther 15,50. In seinem gegenwärtigen Zustand ist der Mensch sterblich; das Reich Gottes aber ist unverwelklich, ewig. Darum kann der Mensch, so wie er ist, das Reich Gottes nicht ererben. Wenn aber Jesus kommt, wird er seinem wartenden Volk Unsterblichkeit verleihen; dann ruft er sie, das Reich einzunehmen, das ihnen zugesprochen ist. WHF 68 1 Diese Aussagen der Schrift waren für Miller deutliche Beweise dafür, daß die Ereignisse, von denen man damals annahm, daß sie vor der Wiederkunft Christi stattfänden, so die allgemeine Friedensherrschaft und die Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden, erst mit der Wiederkunft Christi eintreten werden. Ferner fand er, daß alle Zeichen der Zeit sowie der Zustand der Welt durchaus der prophetischen Darstellung der letzten Tage entsprachen. Allein durch das Studium der Bibel kam er zu der Schlußfolgerung, daß die Zeit der Geschichte auf dieser Erde ihrem Abschluß nahe ist. Die Bedeutung biblischer Zeitangaben WHF 68 2 "Ein anderer Beweis, der mich in meinem Nachdenken wesentlich beeinflußte", sagte Miller, "waren die Zeitangaben der Heiligen Schrift ... Ich erkannte, daß vorhergesagte Ereignisse, die sich bereits in der Vergangenheit erfüllt hatten, tatsächlich zur bestimmten Zeit eingetroffen waren. Die hundertzwanzig Jahre bis zur Sintflut (1.Mose 6,3), die sieben Tage, die ihr vorangingen, und die vierzig Tage des prophezeiten Regens (1.Mose 7,4); der vierhundertjährige Aufenthalt der Kinder Abrahams im fremden Land (1.Mose 15,13); die drei Tage in den Träumen des Mundschenken und des Bäckers in Ägypten (1.Mose 40,12-20); die sieben Jahre Pharaos (1.Mose 41,28-54); die vierzig Jahre in der Wüste (4.Mose 14,34); die dreieinhalb Jahre Hungersnot (1.Könige 17,1; vgl. Lukas 4,25); die siebzigjährige Gefangenschaft (Jeremia 25,11); die sieben Zeiten Nebukadnezars (Daniel 4,13-16) und die sieben Wochen, die für die Juden bestimmt waren. Daniel (9,24-27). Die durch diese Zeiten begrenzten Ereignisse waren einst alle geweissagt worden und hatten sich dann in Übereinstimmung mit den Prophezeiungen erfüllt." Bliß 74.75. WHF 69 1 Als Miller bei seinem Bibelstudium verschiedene prophetische Zeitabschnitte fand, die seinem Verständnis gemäß bis zur Wiederkunft Christi reichten, gewann er die Überzeugung, daß es sich um vorher bestimmte Zeiten handelte, die Gott seinen Knechten offenbart hatte. Mose sagt: "Was verborgen ist, ist des HERRN, unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unsern Kindern ewiglich." Und durch den Propheten Amos erklärt der Herr, er "tut nichts, er offenbare denn seinen Ratschluß den Propheten, seinen Knechten". 5.Mose 29,28; Amos 3,7. Die aufmerksamen Leser des Wortes Gottes dürfen deshalb gewiß sein, für die gewaltigsten Ereignisse der menschlichen Geschichte deutliche Hinweise in den Schriften der Bibel zu finden. WHF 69 2 Miller sagte: "Da ich völlig davon überzeugt war, daß ‚alle Schrift von Gott eingegeben ist' und daß ‚nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht' wurde, sondern daß ‚die heiligen Menschen Gottes haben geredet, getrieben von dem heiligen Geist', und ‚uns zur Lehre geschrieben' ist, ‚auf daß wir durch Geduld und den Trost der Schrift die Hoffnung festhalten' (2.Timotheus 3,16; 2.Petrus 1,21; Römer 15,4), konnte ich auch die prophetischen Zeiten der Bibel unserer ernsten Aufmerksamkeit genauso wert achten wie jeden andern Teil der Heiligen Schrift. So kam ich in meinen Bemühungen um Verständnis des Wortes Gottes schließlich dahin, daß wir keineswegs berechtigt sind, die prophetischen Zeitangaben zu übergehen, wenn es Gott für gut befunden hat, sie uns zu offenbaren." Bliß 75. Die Weissagung des Propheten Daniel in Kapitel 8,14 WHF 70 1 Die Weissagung Daniels (Daniel 8,14) schien die Zeit der Wiederkunft Christi am deutlichsten zu offenbaren: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden." Seinem Grundsatz folgend, das Wort Gottes sich selbst auslegen zu lassen, entdeckte Miller, daß ein Tag in der prophetischen Bildersprache ein wirkliches Jahr bedeutet (4.Mose 14,34; Hesekiel 4,6). Ihm wurde klar, daß sich der Zeitraum von zweitausenddreihundert prophetischen Tagen oder wirklichen Jahren weit über den Alten Bund hinaus erstreckt und sich somit nicht auf das Heiligtum dieses Bundes beziehen kann. Miller teilte die damals übliche Auffassung, daß im christlichen Zeitalter die Erde das Heiligtum sei. Darum verstand er unter der Reinigung des Heiligtums in Daniel 8,14 die Reinigung der Erde durch Feuer beim zweiten Kommen Christi. Er schlußfolgerte: Wenn der richtige Ausgangspunkt für die zweitausenddreihundert Tage gefunden wäre, könnte man auch ohne Schwierigkeit die Zeit der Wiederkunft Christi feststellen. WHF 70 2 Mit neuem Eifer und tiefem Ernst setzte Miller die Prüfung der Weissagungen fort und verbrachte Tag und Nacht mit dem Studium der Dinge, die ihm so überaus wichtig und bedeutungsvoll waren. Im 8. Kapitel des Buches Daniel konnte er keinen Anhaltspunkt für den Beginn der zweitausenddreihundert Tage finden. Obgleich einst der Engel Gabriel beauftragt worden war, Daniel das Gesicht zu erklären, gab er ihm nur eine teilweise Auslegung. Als dem Propheten die schrecklichen Verfolgungen offenbart wurden, die über die Gemeinde kommen sollten, schwanden seine Kräfte. Mehr konnte er nicht ertragen, und deshalb verließ ihn der Engel für einige Zeit. Daniel "ward erschöpft und lag einige Tage krank ... und ich wunderte mich über das Gesicht", sagt er, "und niemand konnte es mir auslegen". Daniel 8,27. WHF 71 1 Gott aber hatte seinem Boten befohlen: "Lege diesem das Gesicht aus, damit er's versteht!" Daniel 8,16. Dieser Auftrag mußte erfüllt werden. Der Engel kehrte später zu Daniel zurück und sagte: "Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dir zum rechten Verständnis zu verhelfen. So merke nun auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst." Daniel 9,22. Ein wichtiger Punkt des Gesichtes in Kapitel 8 war noch nicht erklärt worden: der Zeitraum der zweitausenddreihundert Tage. Deshalb befaßte sich der Engel, als er mit der Erläuterung des Gesichtes fortfuhr, hauptsächlich mit diesem Anliegen. WHF 71 2 "Siebzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluß zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen ... So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen. Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in Drangsal der Zeiten. Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben ... Und er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Woche; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen." Daniel 9,24-27 (EB). WHF 72 1 Der Engel war zu Daniel gesandt worden, um ihm zu erklären, was in dem Gesicht aus Kapitel 8 noch unverständlich geblieben war: nämlich die Zeitangabe: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden." Nachdem der Engel Daniel aufgefordert hatte: "So merke nun auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst", sagte er weiter: "Siebzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt." WHF 72 2 Das hier mit "bestimmt" übersetzte Wort kann auch nach dem Wortstamm mit "abschneiden" wiedergegeben werden. Siebzig Wochen sind also vierhundertneunzig Jahre, die nach dem Wort des Engels abgeschnitten wurden und besonders für die Juden bestimmt waren. Wovon aber waren sie abgeschnitten? Da die zweitausenddreihundert Tage die einzige in Kapitel 8 erwähnte Zeitspanne sind, so müssen auch die siebzig Wochen von diesem Zeitraum abgeschnitten sein, also zu den zweitausenddreihundert Tagen gehören. Beide Zeitabschnitte müssen den gleichen Ausgangspunkt haben. Der Beginn der siebzig Wochen sollte nach der Erklärung des Engels mit dem Ausgehen des Befehls zum Wiederaufbau Jerusalems zusammenfallen. Läßt sich das Datum dieses Befehls feststellen, dann ist auch der Ausgangspunkt der großen Zeitspanne der zweitausenddreihundert Tage gefunden. WHF 72 3 Im Buch Esra steht dieser Befehl verzeichnet. Esra 7,12-16. Er wurde in seiner vollständigen Form von Artaxerxes (hebräisch: Arthahsastha), dem König von Persien, im Jahre 457 v. Chr. erlassen. In Esra 6,14 heißt es jedoch, daß das Haus des Herrn zu Jerusalem gebaut worden sei "nach dem Befehl des Cyrus, Darius und Arthahsastha (Artaxerxes), der Könige von Persien". Diese drei Könige verfaßten, bestätigten und vervollständigten den Erlaß und schufen die Voraussetzung zur Erfüllung der Weissagung. Damit wurde der Ausgangspunkt für die zweitausenddreihundert Jahre festgesetzt. Wenn man ausgeht vom Jahr 457 v. Chr., dem Zeitpunkt, als der Erlaß in seiner umfassenden Form gegeben wurde, Jerusalem wieder aufzubauen, wird offenkundig, daß sich jede Einzelheit der Weissagung hinsichtlich der siebzig Wochen erfüllt hat. WHF 73 1 "Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen. Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden" -- also neunundsechzig Wochen oder vierhundertdreiundachtzig Jahre. Der Erlaß des Arthahsastha trat im Herbst des Jahres 457 v. Chr. in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an gerechnet, erstreckten sich die vierhundertdreiundachtzig Jahre bis in den Herbst des Jahres 27 n. Chr. Zu jener Zeit ging die Weissagung in Erfüllung. Das Wort "Messias" bedeutet "der Gesalbte". Im Herbst des Jahres 27 n. Chr. wurde Christus von Johannes getauft und empfing die Salbung des Heiligen Geistes. Der Apostel Petrus bestätigt, daß Gott "diesen Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft." Apostelgeschichte 10,38. Und der Heiland selbst erklärte: "Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen." Lukas 4,18 (EB). Nach seiner Taufe im Jordan durch Johannes den Täufer "kam Jesus nach Galiläa, predigte das Evangelium des Reiches Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt ..." Markus 1,14.15 (EB). WHF 74 1 "Und er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen für eine Woche ..." Die hier erwähnte Woche ist die letzte der siebzig; es sind also die letzten sieben Jahre der den Juden besonders zugemessenen Zeitspanne. Während dieser Zeit von 27 bis 34 hat Christus erst persönlich und dann durch seine Jünger das Evangelium vor allem seinem Volk gepredigt. Als die Apostel mit der frohen Botschaft vom Reiche Gottes hinausgingen, lautete die Anweisung des Heilandes: "Gehet nicht auf einen Weg der Nationen, und gehet nicht in eine Stadt der Samariter; gehet aber vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel." Matthäus 10,5.6 (EB). WHF 74 2 "Und in der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen." Im Jahre 31 n. Chr., dreieinhalb Jahre nach seiner Taufe, wurde der Herr gekreuzigt. Mit der Darbringung dieses großen heiligen Opfers auf Golgatha hörte der Opferdienst auf, der viertausend Jahre lang auf das Lamm Gottes hingewiesen hatte. Das Sinnbild war in der Erfüllung aufgegangen. Alle Opfer und Gaben des Zeremonialgesetzes hatten damit ihren Abschluß gefunden. WHF 74 3 Die für die Juden bestimmten siebzig Wochen oder vierhundertneunzig Jahre liefen, wie gezeigt wurde, im Jahre 34 n. Chr. ab. In dieser Zeit besiegelte die jüdische Nation die Verwerfung des Evangeliums durch den Beschluß des Hohen Rates, der zur Steinigung des Stephanus und zur Verfolgung der Jünger Christi führte. Von dieser Zeit an war die Heilsbotschaft nicht länger auf das auserwählte Volk beschränkt, sondern wurde nun der ganzen Welt verkündigt. Die Jünger, die der Verfolgung wegen aus Jerusalem flohen, "zogen umher und predigten das Wort. Philippus aber kam hinab in die Hauptstadt Samariens und predigte ihnen von Christus". Apostelgeschichte 8,4.5. Unter göttlicher Führung verkündigte Petrus einem Hauptmann in Cäsarea, dem gottesfürchtigen Kornelius, das Evangelium; und Paulus, nun für den Glauben an Jesus gewonnen, erhielt den Auftrag, die frohe Botschaft "ferne unter die Heiden" zu tragen. Apostelgeschichte 22,21. WHF 75 1 Soweit ist jede Einzelheit der Weissagung Daniels auffallend genau erfüllt. Der Anfang der siebzig Wochen ist also zweifellos auf 457 v. Chr. zu legen und das Ende auf 34 n. Chr. Auf Grund dieser Angaben ist es nicht schwer, das Ende der zweitausenddreihundert Tage zu ermitteln. Da die siebzig Wochen oder vierhundertneunzig Tage von den zweitausenddreihundert abgeschnitten sind, verbleiben noch achtzehnhundertzehn Tage. Nach Ablauf der vierhundertneunzig Tage hatten sich noch achtzehnhundertzehn Tage zu erfüllen. Vom Jahre 34 n. Chr. reichen achtzehnhundertzehn Jahre bis zum Jahre 1844. Folglich enden die zweitausenddreihundert Tage von Daniel 8,14 im Jahre 1844. Nach dem Ablauf dieser großen prophetischen Zeitspanne sollte entsprechend dem Zeugnis des Engels Gottes "das Heiligtum wieder geweiht werden". Somit war die Zeit der Weihe des Heiligtums -- damals allgemein als das Ereignis verstanden, das mit der Wiederkunft Christi zusammenfällt --, genau bestimmt worden. WHF 75 2 Miller und seine Mitarbeiter dachten zunächst, daß die zweitausenddreihundert Tage im Frühjahr 1844 endeten, die Weissagung dagegen deutet auf den Herbst jenes Jahres hin. Dieses Mißverständnis führte bei denen, die die Zeit der Wiederkunft Christi zu dem früheren Termin angenommen hatten, zu Enttäuschung und Verwirrung. Aber dies beeinträchtigte durchaus nicht die Kraft der Beweisführung, daß die zweitausenddreihundert Tage im Jahre 1844 zu Ende gingen und daß damit auch das große Ereignis, die "Weihe" des Heiligtums, stattfinden mußte. Die verpflichtende Verantwortung zur Weitergabe gewonnener Erkenntnis WHF 76 1 Als Miller sich dem Studium der Heiligen Schrift zuwandte, um zu beweisen, daß sie eine Offenbarung Gottes ist, hatte er keine Ahnung davon, zu welchen Ergebnissen er kommen würde. Aber die schriftgemäßen Beweise waren so klar und überzeugend, daß er sie nicht hätte beiseite schieben können. WHF 76 2 Nachdem er zwei Jahre auf das Erforschen der Bibel verwandt hatte, kam er im Jahre 1818 zu der Überzeugung, daß Christus in ungefähr fünfundzwanzig Jahren zur Erlösung seines Volkes erscheinen würde. "Ich brauche nicht zu betonen", sagte Miller, "wie diese herrliche Aussicht mein Herz freudig stimmte und welch heißes Sehnen in mir aufstieg, Anteil zu haben an der Freude der Erlösten. Die Bibel war für mich ein ganz neues Buch geworden. Was mir auf den Blättern der Bibel zuvor dunkel, geheimnisvoll oder zweifelhaft erschien, war nun durch das helle Licht, das in mir aufgegangen war, völlig gewichen. Wie leuchtend und herrlich war mir die Wahrheit aufgegangen! Alle vermeintlichen Widersprüche und Ungereimtheiten, die ich zuvor in Gottes Wort gesehen hatte, waren verschwunden. Wenn es auch noch viele Abschnitte gab, über die ich kein volles Verständnis erlangt hatte, so war mir doch so viel Licht bei meinem Forschen aufgegangen, daß die dunklen Zweifel gewichen waren. Ich hatte solch eine Freude am Studium der Heiligen Schrift, wie ich sie nicht im entferntesten aus ihren Lehren erwartet hätte." Bliß 76.77. WHF 76 3 "Fest davon überzeugt, daß die bedeutsamen Ereignisse, wie sie in der Heiligen Schrift vorhergesagt waren, sich in Kürze erfüllen sollten, drängte sich mir mit Macht die Frage auf, welche Pflicht ich angesichts der Schriftbeweise, die mich selbst ergriffen hatten, der Welt gegenüber habe" (Bliß 81). Miller begriff, daß es seine Pflicht sei, das Licht, das er empfangen hatte, andern mitzuteilen. Er wußte, daß er den Widerspruch der Ungläubigen zu erwarten hatte; er war aber zuversichtlich, daß sich alle Christen freuen würden, bald dem Heiland, den sie liebten, begegnen zu können. Seine einzige Sorge bestand darin, daß viele in der großen Freude auf die herrliche und so nahe bevorstehende Erlösung diese Lehre annehmen könnten, ohne hinreichend die Schriftstellen geprüft zu haben, die auf diese Wahrheit hinwiesen. Darum zögerte er noch, seine Erkenntnis weiterzugeben. Falls er sich selbst irrte, sollten nicht andere verführt werden. Erneut überprüfte er die Beweise für seine Schlußfolgerungen; und jede Schwierigkeit, die sich ihm entgegenstellte, untersuchte er sorgfältig. Dabei erlebte er, daß sich vor dem Licht des Wortes Gottes alle Einwände auflösten wie der Nebel vor den Sonnenstrahlen. Nach fünf Jahren, die er in dieser Weise zugebracht hatte, war er von der Richtigkeit seiner Auslegung völlig überzeugt. WHF 77 1 Da drängte sich ihm mit neuer Gewalt die Verantwortung auf, anderen die Erkenntnis weiterzureichen, die nach seiner Überzeugung die Heilige Schrift klar lehrte. WHF 77 2 Miller begann seine Ansichten im stillen zu verbreiten, so wie sich jeweils die Gelegenheit dazu bot. Er betete darum, daß andere Prediger die Kraft dieser Botschaft erkennen und sich ihrer Ausbreitung widmen mögen. Dennoch konnte er die Überzeugung nicht aus seinem Herzen verbannen, daß er bei der Verkündigung der Warnungsbotschaft persönlich seine Pflicht zu erfüllen habe. Immerzu standen ihm die Worte vor Augen: Geh und sage es der Welt; sonst werde ich ihr Blut von deiner Hand fordern. -- Er wartete weitere neun Jahre, und immer noch lag es wie eine Last auf seiner Seele, bis er schließlich im Jahre 1831 zum erstenmal öffentlich die Gründe seines Glaubens darlegte. Der Anbruch einer religiösen Erweckung WHF 78 1 Durch die Bitten seiner Glaubensbrüder, aus deren Worten er den Ruf Gottes vernahm, ließ sich Miller endlich bewegen, seine Ansichten in der Öffentlichkeit zu verkündigen. Er war nun fünfzig Jahre alt, hatte keine Übung in der Rede und litt unter dem Gefühl, der vor ihm liegenden Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Aber von Anfang an wurde sein Mühen um die Errettung von Seelen gesegnet. Sein erster Vortrag löste eine Erweckung aus, durch die dreizehn Familien bekehrt wurden. Unmittelbar darauf bat man ihn, auch an andern Orten zu predigen, und fast überall zeigte sich eine Belebung des Glaubens. Sünder wurden bekehrt, Christen zu größerer Hingabe ermutigt und Ungläubige zur Anerkennung der Bibelwahrheit und des christlichen Bekenntnisses geführt. Diejenigen, unter denen Miller arbeitete, bezeugten: "Er erreicht selbst Menschen, die sich sonst nie durch andere beeinflussen lassen." Bliß 138. Seine Predigt zielte darauf ab, allgemeines Verständnis für die Bedeutung der biblischen Glaubenslehren zu erwecken und der überhandnehmenden Weltlichkeit und Sinnenlust jener Zeit entgegenzutreten. WHF 78 2 Nahezu in jeder Stadt wurden durch seine Predigt viele, an etlichen Orten sogar Hunderte bekehrt. An vielen Orten öffneten ihm protestantische Kirchen fast aller Bekenntnisse die Tore. Miller erhielt Einladungen von Predigern verschiedener Gemeinden. Es war aber sein unabänderlicher Grundsatz, nur dort zu wirken, wohin er eingeladen wurde. Doch bald sah er sich außerstande, auch nur der Hälfte der Aufforderungen nachzukommen, die an ihn gerichtet wurden. Beweise göttlicher Führung WHF 78 3 Viele, die Millers Ansichten über die genaue Zeit des zweiten Advents Christi nicht annahmen, wurden doch überzeugt von der Gewißheit und Nähe des Kommens Jesu und der Notwendigkeit, sich darauf vorzubereiten. Nachhaltige Wirkung zeigte Millers Arbeit in einigen Städten. Schnapshändler gaben ihre Geschäfte auf und verwandelten die Trinkstuben in Versammlungsräume; Spielhöllen wurden geschlossen; selbst verkommenste Menschen bekehrten sich. Viele von ihnen hatten jahrelang kein Gotteshaus mehr betreten. Sie änderten nun ihre Gesinnung. Nicht wenige Gemeinschaften führten in den einzelnen Stadtteilen zu verschiedenen Zeiten Gebetsversammlungen ein. Geschäftsleute kamen mittags zu Gebet und Lobgesang zusammen. Es herrschte keine schwärmerische Erregung, sondern ein feierlicher Ernst hatte die Gemüter ergriffen. Millers Wirken überzeugte gleich dem der Reformatoren mehr den Verstand und erweckte eher das Gewissen, als daß es Gefühle erregte. WHF 79 1 Im Jahre 1833 wurde Miller von der Baptistengemeinde, der er angehörte, als Prediger beglaubigt. Viele Prediger seiner Gemeinschaft billigten seine Tätigkeit und bestätigten sie, so daß er weiter wirken konnte. Er reiste und predigte unaufhörlich, wenn auch seine Arbeit hauptsächlich auf die Gebiete von Neuengland und die mittleren Staaten beschränkt blieb. Jahrelang bestritt er sämtliche Unkosten aus seinem eigenen Vermögen; auch später hatte er niemals so viele fremde Mittel zur Verfügung, um die Reisekosten nach den verschiedenen Orten, wohin er geladen wurde, zu decken. Seine öffentliche Arbeit brachte ihm keinen finanziellen Gewinn; im Gegenteil: sie belastete ihn so, daß sich seine Mittel immer mehr verringerten. Er war Vater einer großen Familie. Nur da alle Familienmitglieder genügsam und fleißig waren, reichten die Erträge seiner Farm sowohl für die Familie als auch für Millers eigenen Unterhalt aus. Das letzte Zeichen WHF 80 1 Im Jahre 1833, zwei Jahre nachdem Miller angefangen hatte, die baldige Wiederkunft Christi öffentlich zu verkündigen, erschien das letzte Zeichen, das nach Christi Worten vor seiner Wiederkunft eintreten sollte. Jesus hatte gesagt. "Die Sterne werden vom Himmel fallen", und Johannes erklärte in der Offenbarung, als er im Gesicht die Vorgänge schaute, die den Tag Gottes ankündigen sollten: "Die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleichwie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von großem Wind bewegt wird". Matthäus 24,29; Offenbarung 6,13. Diese Weissagung erfüllte sich in auffallender und eindrucksvoller Weise durch den großen Meteorregen vom 13. November 1833. Es war der ausgedehnteste und wunderbarste Sternenfall, von dem je berichtet worden ist. "Das ganze Himmelsgewölbe über den Vereinigten Staaten war damals stundenlang in feuriger Bewegung. Noch nie hatte sich in jenem Lande eine Naturerscheinung gezeigt, die von dem einen Teil der Bevölkerung mit so großer Bewunderung und von dem andern mit so viel Schaudern und Bestürzung wahrgenommen wurde." "Noch heute erinnern sich einige ganz lebhaft dieser einzigartigen Pracht. Niemals ist Regen in solcher Stärke zur Erde gefallen wie jene Meteore; und in allen Himmelsrichtungen war die gleiche Erscheinung zu beobachten. Mit einem Wort: das ganze Himmelsgewölbe schien in Bewegung zu sein ... Das Schauspiel, wie Prof. Sillimans Journal es schildert, war in ganz Nordamerika sichtbar ... Bei vollkommen klarem und heiterem Himmel dauerte dieses Spiel blendend glänzender Lichtkörper am ganzen Himmel von zwei Uhr bis zum Tagesanbruch." (Devens, "American Progress of The Great Events of the Greatest Century", Kapitel 28, 1.-5. Abschnitt) Im New Yorker Handelsblatt vom 14. November 1833 erschien ein ausführlicher Artikel über diese wunderbare Naturerscheinung. Da heißt es: "Kein Weiser oder Gelehrter hat je, wie ich annehme, mündlich oder schriftlich eine solche Erscheinung wie die von gestern morgen berichtet. Ein Prophet aber hat sie vor achtzehnhundert Jahren genau vorausgesagt. Nicht buchstäblich ‚fallende Sterne', sondern ein Meteorenregen ist in der Weissagung angekündigt. Das ist ihr eigentlicher Sinn." WHF 81 1 So erschien das letzte jener Zeichen seines Kommens, von denen Jesus seinen Jüngern gesagt hatte: "So auch ihr; wenn ihr das alles sehet, so wisset, daß es nahe vor der Tür ist." Matthäus 24,33. Als nächstes großes Ereignis, das nach diesen Zeichen geschehen sollte, sah Johannes, daß "der Himmel entwich, wie ein Buch zusammengerollt wird", während die Erde erbebte, die Berge und Inseln bewegt wurden. "Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Gewaltigen und alle Knechte und alle Freien ... sprachen: Verberget uns vor dem Angesicht des, der auf dem Thron sitzt." Offenbarung 6,14-17. WHF 81 2 Viele Augenzeugen jenes Sternenfalls sahen darin ein Vorzeichen des kommenden Gerichts, "ein schreckliches Vorbild, einen sicheren Vorläufer, ein barmherziges Zeichen jenes großen und schrecklichen Tages". Portland Advertiser 26.11.1833. Auf diese Weise wurde die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Erfüllung der Weissagung gelenkt, und viele beachteten fortan die Botschaft von der Wiederkunft Christi. Allein die Bibel WHF 81 3 William Miller besaß große geistige Gaben, geschult durch gründliches Denken und Forschen. Durch den Glauben kam er in Verbindung mit der Quelle der Weisheit und empfing dadurch himmlische Weisheit. Er war ein Mann, der Ansehen und Achtung genoß, wo Rechtschaffenheit des Charakters und eine sittlich klare Haltung geschätzt wurden. Er vereinte wahre Herzensgüte mit christlicher Demut, war beherrscht, aufmerksam, liebenswürdig und bereit, die Meinung anderer zu hören und ihre Gründe zu prüfen. Sachlich und besonnen verglich er Gedankengänge und Lehren mit dem Worte Gottes. Sein gesundes Denken und seine gründliche Bibelkenntnis befähigten ihn, Irrtümer aufzudecken und Lügen zurückzuweisen. WHF 82 1 Dennoch begegnete William Miller in seinem Wirken heftiger Widerstand. Es erging ihm wie den Reformatoren. Die Wahrheit, die er verkündigte, wurde von den beim Volk beliebten religiösen Lehrern abfällig aufgenommen. Da sie aber nicht in der Lage waren, ihre Auffassung durch die Heilige Schrift zu stützen, waren sie gezwungen, ihre Zuflucht zu menschlichen Aussprüchen und Lehren sowie den Überlieferungen der Väter zu nehmen. Bei den Predigern der Adventbotschaft aber galt allein Gottes Wort. "Die Bibel und die Bibel allein!" war ihr Losungswort. Mangelnde biblische Beweise ersetzten die Gegner oft durch Hohn und Spott. Zeit, Geld und Fähigkeiten wurden eingesetzt, um die zu verunglimpfen, denen man nur das eine nachsagen konnte, daß sie mit Freuden die Wiederkunft ihres Herrn erwarteten und danach trachteten, ein heiliges Leben zu führen und andere zu ermahnen, sich ebenfalls auf sein Erscheinen vorzubereiten. WHF 83 2 Der Urheber alles Bösen versuchte aber nicht nur der Adventbotschaft entgegenzuarbeiten, sondern auch den Botschafter selbst zu beseitigen. Miller bezog die biblische Wahrheit stets ganz praktisch auf die Herzen seiner Zuhörer. Er nannte die Sünde beim Namen und beunruhigte die Selbstzufriedenen; seine klaren, treffenden Worte erregten Feindschaft. Durch den offenen Widerstand von Kirchengliedern wurden zweifelhafte Kräfte aufgewiegelt, bis zum äußersten zu gehen. Man schmiedete einen Plan, ihn beim Verlassen der Versammlung umzubringen. Doch heilige Engel weilten unter der Volksmenge, und einer von ihnen in der Gestalt eines Mannes nahm den Diener Gottes am Arm und geleitete ihn sicher durch den feindseligen Mob. Millers Werk war noch nicht vollendet, und Satan und seine Helfer durften ihren Plan nicht ausführen. WHF 83 1 Ungeachtet allen Widerstandes wuchs ständig die Aufgeschlossenheit für die Adventbewegung Die Zahl der Zuhörer war auf Hunderte und Tausende angewachsen. Die verschiedenen Gemeinschaften hatten großen Zuwachs bekommen. Nach einiger Zeit aber zeigte sich der Geist des Widerstands auch gegenüber den Bekehrten, und Kirchenleitungen begannen diejenigen zu maßregeln, die Millers Ansichten teilten. Das veranlaßte Miller, einen offenen Brief an die Christen aller Gemeinschaften zu richten, in dem er nachdrücklich darauf bestand, ihm seine Fehler aus der Bibel nachzuweisen, falls er im Irrtum sei. WHF 83 2 "Was glauben wir denn anders", so sagte er, "als was uns durch das Wort Gottes geboten wird, das nach euren eigenen Aussagen die Richtschnur, und zwar die einzige unseres Glaubens und Wandels sein soll? Was haben wir getan, daß ihr von den Kanzeln und mit euren Schriften solche giftigen Anschuldigungen gegen uns veröffentlicht, die euch eine Handhabe geben, uns aus euren Kirchen und Gemeinschaften auszuschließen? Haben wir unrecht, so zeigt uns, worin unser Irrtum besteht; beweist uns durch das Wort Gottes, wo unser Fehler liegt. Verspottet werden wir genug; das aber kann uns nicht davon überzeugen, daß wir unrecht haben. Allein das Wort Gottes kann unsere Auffassung ändern. Unsere Schlußfolgerungen sind auf der Grundlage der Heiligen Schrift sorgfältig unter Gebet durchdacht worden." Bliß 250-252. Unterschiedliche Aufnahme der Botschaft WHF 84 1 Warum war den Kirchen die Predigt der Wiederkunft Christi so wenig willkommen? Die Ankunft des Herrn wird über den Ungerechten Wehe und Verderben bringen, während sie für den Gerechten Freude und Hoffnung bedeutet. Diese Wahrheit ist durch alle Zeitalter der Trost der Gottseligen gewesen. Warum wurde sie nun gerade den Gläubigen zu einem Stein des Anstoßes und einem Fels des Ärgernisses? Der Heiland selbst hatte seinen Jüngern verheißen: "Wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, so will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen." Johannes 14,3. Der Erlöser hatte seinen Engeln befohlen, die Jünger mit der Versicherung zu trösten, daß er persönlich wiederkommen werde, und zwar ebenso, wie er gen Himmel gefahren war. Als sie zum Himmel aufschauten, um einen letzten Blick auf den zu werfen, den sie liebten, hörten sie die bedeutsamen Worte: "Ihr Männer von Galiläa, was stehet ihr und sehet gen Himmel? Dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird so kommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen." Apostelgeschichte 1,11. Durch die Botschaft der Engel wurde ihre Hoffnung neu entfacht. Die Jünger "kehrten wieder nach Jerusalem mit großer Freude und waren allewege im Tempel und priesen Gott". Lukas 24,52.53. Sie freuten sich nicht darüber, daß Jesus von ihnen getrennt war und sie nun mit ihren Kämpfen, Prüfungen und Versuchungen allein in der Welt standen, sondern sie frohlockten über die Zusicherung, daß Jesus wiederkommen werde. WHF 84 2 Die Verkündigung des Kommens Christi sollte deshalb so wie damals, als die Engel den Hirten von Bethlehem die gute Botschaft brachten, eine Botschaft großer Freude sein. Wer Jesus wahrhaftig als seinen Heiland liebt, wird diese auf Gottes Wort gegründete Botschaft freudig begrüßen: Er, der Mittelpunkt unserer Hoffnung auf ein ewiges Leben, wird wiederkommen, -- nicht, um wie bei seinem ersten Erscheinen geschmäht, verachtet und verworfen zu werden, sondern in Macht und Herrlichkeit, um sein Volk zu erlösen. Wer aber den Heiland nicht liebt, wird ihn auch nicht herbeisehnen. Es kann keinen deutlicheren Beweis für den Abfall der Kirchen von Gott geben als die Erbitterung und Feindseligkeit, mit der sie dieser von Gott gesandten Botschaft begegnen. WHF 85 1 Wer die Adventbotschaft annahm, wurde dadurch zur Reue und Buße vor Gott geführt. Viele hatten zuvor eine unentschiedene Haltung zwischen Christus und der Welt eingenommen, nun aber spürten sie, daß es Zeit sei, einen festen Standpunkt zu beziehen. "Alles, was die Ewigkeit angeht, bekam für sie eine ungewöhnliche Wirklichkeit. Der Himmel wurde ihnen nahegebracht, und sie fühlten sich vor Gott schuldig." Bliß 146. Viele Christen wurden zu neuem geistlichem Leben erweckt. Sie erkannten, daß die Zeit kurz sei und daß bald getan werden müsse, was sie für ihre Mitmenschen tun sollten. Das Vergängliche trat in den Hintergrund, die Ewigkeit stand vor ihren Augen, und das Heil der Seele ließ alle zeitlichen Fragen zur Bedeutungslosigkeit zusammenschrumpfen. Gottes Geist, der sie ergriffen hatte, bekräftigte die ernsten Aufrufe an ihre Brüder und an die Sünder, sich auf den Tag Gottes vorzubereiten. Das stille Zeugnis ihres täglichen Lebens wurde zu einem ständigen Vorwurf für unbekehrte Kirchenglieder, die ein ungeheiligtes Leben führten. Sie wollten in ihrer Vergnügungssucht, ihrer Jagd nach Geld und weltlicher Ehre nicht gestört werden. Das war die Ursache der Feindseligkeit und des Widerstandes gegen die Adventbotschaft und ihre Verkünder. Die Ablehnung des prophetischen Wortes WHF 86 1 Da die Beweisführung hinsichtlich der prophetischen Zeitabschnitte nicht erschüttert werden konnte, versuchten die Gegner von der Untersuchung dieser Fragen abzulenken, indem sie lehrten, die Weissagungen seien versiegelt. WHF 86 2 Theologen und Kirchenglieder erklärten, die Weissagungen Daniels und der Offenbarung seien unverständliche Geheimnisse. Christus aber hatte seine Jünger auf die Worte Daniels, die sich in ihrer Zeit erfüllen sollten, hingewiesen und gesagt: "Wer das liest, der merke auf!" Matthäus 24,15. Und die Behauptung, daß die Offenbarung ein Geheimnis sei, das nicht verstanden werden könne, wird schon durch den Titel dieses Buches widerlegt: "Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll ... Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe." Offenbarung 1,1.3. WHF 86 3 Wie können Menschen angesichts dieses Zeugnisses der göttlichen Eingebung lehren, daß die Offenbarung ein Geheimnis sei, das über den Bereich des menschlichen Verständnisses hinausgehe? Sie ist offenbartes Geheimnis, ein geöffnetes Buch. Das Studium der Offenbarung lenkt die Gedanken hin auf die Weissagungen Daniels. Beide vermitteln außerordentlich wichtige Lehren, die Gott den Menschen im Blick auf die letzten Ereignisse der Geschichte dieser Erde gegeben hat. WHF 86 4 Dem Apostel Johannes wurde ein tiefer Einblick in die künftigen Erfahrungen der Gemeinde gewährt. Er schaute die Gefahren, Kämpfe und schließlich die Errettung des Volkes Gottes. Er hörte die Worte der letzten Botschaften, die auf Erden die Ernte zur Reife bringen werden, entweder als Garben für die himmlischen Scheunen oder als Spreu für das Feuer der Vernichtung. Besonders wichtige Lehren wurden ihm für die letzte Gemeinde offenbart. Dadurch sollten alle, die sich vom Irrtum zur Wahrheit hinwenden, auf die bevorstehenden Gefahren und Kämpfe vorbereitet werden. Niemand braucht über das zukünftige Geschehen auf Erden im unklaren zu sein. WHF 87 1 Doch warum besteht dann weitverbreitete Unkenntnis über diesen wichtigen Teil der Heiligen Schrift? Weshalb die allgemeine Abneigung, ihre Lehren zu prüfen? Das ist die Folge von Satans wohlberechnetem Plan, der als Fürst der Finsternis vor den Menschen verbergen möchte, was seinen Betrug enthüllt. Deshalb hat Christus, der den Kampf gegen das Studium der Offenbarung voraussah, all denen seinen Segen verheißen, die die Worte der Weissagung lesen, hören und behalten. ------------------------Kapitel 5: Licht durch Finsternis WHF 89 1 Durch alle Jahrhunderte hindurch zeigen die großen Reformationen im Werk Gottes eine auffallende Gleichartigkeit. Die Grundzüge des göttlichen Handelns mit den Menschen ändern sich nicht. Wichtige Bewegungen der Gegenwart haben ihre Parallelen in der Vergangenheit, und die Erfahrungen der Gemeinde früherer Zeiten bieten wertvolle Lehren für die Gegenwart. WHF 89 2 Gott hat seine Diener auf Erden durch seinen Heiligen Geist in der Fortführung des Heilswerkes allezeit gelenkt. Das lehrt die Bibel mit aller Deutlichkeit. Menschen sind Werkzeuge in Gottes Hand; er bedient sich ihrer, um seine Absichten der Gnade und Barmherzigkeit zu verwirklichen. Jeder hat seine Aufgabe; jedem wird ein gewisses Maß an Erkenntnis zuteil, das den Erfordernissen der jeweiligen Zeit entspricht und zur Durchführung des Werkes befähigt, das Gott aufgetragen hat. Kein Mensch aber, mag er auch mit großen Gnadengaben ausgerüstet worden sein, hat je eine vollkommene Erkenntnis des großen Heilsplanes empfangen oder auch die göttliche Absicht in dem Werk für seine Zeit völlig erkannt. Menschen können nie bis ins letzte begreifen, was Gott durch die Aufgabe, die er ihnen anvertraute, erreichen will; sie können den ganzen Inhalt der Botschaft, die sie in seinem Namen verkündigen, nicht erfassen. WHF 90 1 Selbst die Propheten, denen durch den Heiligen Geist besondere Klarheit geschenkt worden war, erfaßten die Bedeutung der ihnen anvertrauten Offenbarungen nur zum Teil. Erst nach und nach sollte ihnen der tiefe Sinn entfaltet werden, so wie das Volk Gottes die darin enthaltenen Belehrungen benötigen würde. Obgleich die Propheten die ihnen offenbarten Dinge noch nicht völlig verstehen konnten, suchten sie doch ernsthaft all das zu begreifen, was ihnen von Gott kundgetan worden war. Sie suchten und forschten, auf welche und welcherlei Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war. Welch eine Lehre für die Kinder Gottes im christlichen Zeitalter, um derentwillen diese Weissagungen den Dienern Gottes gegeben wurden! Nicht für sie selbst, sondern für uns wurden sie gegeben. Schaut diese heiligen Männer Gottes an, die forschten und suchten in den Offenbarungen, die sie für noch nicht geborene Geschlechter empfangen hatten. Ihr heiliger Eifer steht im Gegensatz zu der sorglosen Gleichgültigkeit, mit der die Begnadeten späterer Jahrhunderte mit dieser Gabe des Himmels umgingen. Welch ein Vorwurf für die Gleichgültigkeit derjenigen, die sich mit der Erklärung zufrieden geben, die Weissagungen seien nicht zu verstehen! WHF 90 2 Obwohl es dem begrenzten menschlichen Verstand unmöglich ist, Gottes Ratschlüsse zu begreifen und seine Absichten völlig zu verstehen, so liegt es doch häufig nur an den Mißverständnissen und Versäumnissen der Menschen, daß sie die Botschaften vom Himmel so unklar erfassen. Nicht selten sind unsere Sinne, ja sogar die der Knechte Gottes, durch menschliche Anschauungen, Satzungen und falsche Lehren so verblendet, daß sie die wichtigen Gedanken, die er in seinem Wort offenbart hat, nur teilweise begreifen können. So erging es auch den Jüngern, obwohl der Heiland persönlich bei ihnen war. Ihr Verständnis war stark beeinflußt von den allgemeinen Vorstellungen vom Messias, in ihm einen weltlichen Fürsten zu sehen, der Israel zu einer weltumspannenden Großmacht emporbringen sollte. Daher konnten sie auch seine Worte, die seine Leiden und seinen Tod voraussagten, nicht begreifen. WHF 91 1 Christus selbst hatte sie mit der Botschaft hinausgesandt: "Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium." Markus 1,15. Diese Botschaft gründet sich auf Daniel 9. Der Engel hatte einst erklärt, daß die neunundsechzig Wochen bis auf Christus, den Fürsten, reichen sollten; und mit großen Hoffnungen und freudigen Erwartungen blickten die Jünger vorwärts auf den Anbruch des messianischen Reiches in Jerusalem, das schließlich die ganze Erde erfüllen sollte. WHF 91 2 Sie predigten die ihnen von Christus anvertraute Botschaft, obgleich sie ihren Sinn mißverstanden. Während sie sich in ihrer Verkündigung auf Daniel 9,25 stützten, übersahen sie, daß -- nach dem nächsten Vers des gleichen Kapitels -- der Gesalbte ausgerottet werden sollte. Von ihrer frühesten Jugend an hing ihr Herz an der freudig erwarteten Herrlichkeit eines irdischen Reiches. Das machte sie blind in ihrem Verständnis für die bedeutsamen prophetischen Hinweise wie auch für die Worte Christi. WHF 91 3 Sie erfüllten ihre Aufgabe, indem sie der jüdischen Nation die Einladung der Barmherzigkeit anboten. Aber gerade zu der Zeit, als sie erwarteten, daß ihr Herr den Thron Davids einnehmen werde, erlebten sie, wie er als Übeltäter ergriffen, gegeißelt, verspottet, verurteilt und an das Kreuz von Golgatha geschlagen wurde. Welche Verzweiflung und seelische Qual marterte die Herzen der Jünger in den Tagen, da ihr Herr im Grabe schlief! WHF 92 1 Christus war zur vorhergesagten Zeit gekommen, genauso wie es durch die Weissagung angekündigt worden war. Das Zeugnis der Schrift hatte sich in jeder Einzelheit seines Dienstes erfüllt. Er hatte die Botschaft des Heils verkündigt, "er predigte in Vollmacht". Lukas 4,32. Daß sie göttlichem Geist entstammte, hatten seine Zuhörer an ihren Herzen erfahren. Das Wort und der Geist Gottes bestätigten die göttliche Sendung des Sohnes. WHF 92 2 Was die Jünger im Namen des Herrn verkündigten, traf selbst in Einzelheiten zu, und die Ereignisse, auf die sie hinwiesen, geschahen zur angegebenen Zeit. "Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen!" (Markus 1,15), war ihre Botschaft. Als die Zeit der neunundsechzig Wochen aus Daniel 9 abgelaufen war, die bis auf den Messias, den Gesalbten, reichen sollte, empfing Christus nach seiner Taufe durch Johannes im Jordan die Salbung des Heiligen Geistes. Und das Reich Gottes, von dem er gesagt hatte, daß es nahe herbeigekommen sei, wurde durch den Tod Christi aufgerichtet. Dies Reich war aber nicht, wie man sie gelehrt hatte, ein irdisches Reich; auch war es nicht das zukünftige unvergängliche Reich, das erst aufgerichtet werden wird, wenn "das Reich und die Macht und die Gewalt über die Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden, dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen". Daniel 7,27. In der Bibel werden mit dem Begriff "Reich Gottes" sowohl das Reich der Gnade wie das Reich der Herrlichkeit bezeichnet. Das Reich der Gnade wird im Hebräerbrief beschrieben. Nach dem Hinweis auf Christus, den barmherzigen Fürsprecher, der sich unserer Schwachheit annimmt, heißt es: "Darum lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden." Hebräer 4,16. Der Thron der Gnade weist auf das Gnadenreich hin, denn das Vorhandensein eines Thrones setzt das Bestehen eines Reiches voraus. In vielen seiner Gleichnisse wendet Christus den Ausdruck "das Himmelreich" an, um das Werk der göttlichen Gnade an den Herzen der Menschen zu bezeichnen. WHF 93 1 So stellt der Thron der Herrlichkeit das Reich der Herrlichkeit dar, und auf dieses Reich beziehen sich die Worte des Heilandes: "Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und werden vor ihm alle Völker versammelt werden." Matthäus 25,31.32. Dieses Reich liegt noch in der Zukunft, es wird erst bei der Wiederkunft Christi aufgerichtet werden. WHF 93 2 Das Reich der Gnade wurde unmittelbar nach dem Sündenfall eingesetzt, als ein Plan zur Erlösung des schuldigen Menschengeschlechts gelegt wurde. Damals bestand es zunächst in der Absicht und Verheißung Gottes. Nur durch den Glauben konnten Menschen seine Teilhaber werden. Tatsächlich wurde es erst beim Tode Christi aufgerichtet. Noch nach dem Antritt seines irdischen Dienstes hätte sich der Heiland, enttäuscht von der Hartnäckigkeit und Undankbarkeit der Menschen, von dem vorgesehenen Opfer auf Golgatha zurückziehen können. In Gethsemane zitterte der Leidenskelch in seiner Hand. Selbst da noch hätte er den Blutschweiß von seiner Stirn wischen und das schuldige Geschlecht in seiner Sünde zugrunde gehen lassen können. Dann aber hätte es keine Erlösung für den gefallenen Menschen gegeben. Doch als der Heiland sein Leben hingab und im letzten Atemzug ausrief: "Es ist vollbracht!" (Johannes 19,30), da war der Ablauf des Erlösungsplanes gesichert. Die Verheißung des Heils -- einst dem sündigen Paar in Eden gegeben -- war nun bestätigt. Das Reich der Gnade, das bisher in der Zusage Gottes bestanden hatte, war aufgerichtet. WHF 94 1 Somit bewirkte der Tod Christi -- gerade das Ereignis, das die Jünger als den gänzlichen Untergang ihrer Hoffnung angesehen hatten -- das, was ihre Hoffnung auf ewig begründete. Obwohl der Tod Jesu für sie eine furchtbare Enttäuschung bedeutete, brachte er doch den höchsten Beweis, daß ihr Glaube richtig war. Das Ereignis, das sie mit Trauer und Verzweiflung erfüllt hatte, öffnete allen Nachkommen Adams die Tür der Hoffnung. Das ist die Voraussetzung für das künftige Leben und das ewige Glück der Getreuen Gottes zu allen Zeiten. WHF 94 2 Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern auf dem Wege nach Emmaus und "fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen in der ganzen Schrift aus, was darin von ihm gesagt war". Lukas 24,27. Die Herzen der Jünger wurden bewegt. Ihr Glaube entbrannte. Sie wurden "wiedergeboren ... zu einer lebendigen Hoffnung" (1.Petrus 1,3), noch ehe sich Jesus ihnen zu erkennen gab. Seine Absicht war es, ihren Verstand zu erleuchten und ihren Glauben auf das feste prophetische Wort zu gründen. Er wollte, daß die Wahrheit in ihren Herzen Wurzel faßte; sie sollte nicht nur auf sein persönliches Zeugnis gegründet sein, sondern durch die unwiderlegbaren Beweise gestützt werden, die in den Symbolen und Schattenbildern des Zeremonialgesetzes sowie in den Weissagungen des Alten Testaments gegeben sind. Für die Nachfolger Christi war es notwendig, einen dem Verstand einleuchtenden Glauben zu haben, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch um der Welt die Erkenntnis Christi bringen zu können. Für das Weitergeben dieser Erkenntnis verwies Jesus die Jünger zunächst auf Mose und die Propheten. Damit zeigte der Heiland den Wert und die Wichtigkeit der alttestamentlichen Schriften. WHF 94 3 Welch eine Veränderung ging in den Herzen der Jünger vor, als sie noch einmal in das geliebte Antlitz ihres Meisters blickten! (Lukas 24,32.) In einem vollkommeneren und vollständigeren Sinn als je zuvor hatten sie den "gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben". Johannes 1,45. Ungewißheit, Angst und Verzweiflung wichen nun froher Zuversicht und felsenfestem Glauben. So war es nicht verwunderlich, daß sie nach seiner Himmelfahrt "waren allewege im Tempel und priesen Gott". Lukas 24,53. Das Volk, das nur von dem schmachvollen Tod des Heilandes wußte, meinte, in den Gesichtern der Jünger den Ausdruck von Kummer, Verwirrung und Enttäuschung finden zu müssen; statt dessen leuchteten sie von Freude und Siegesgewißheit. Welch eine Zurüstung hatten doch die Jünger für die vor ihnen liegende Aufgabe empfangen! Die Lehren aus dem Jahre 1844 WHF 95 1 Die Erfahrung der Jünger, die beim ersten Kommen Christi das Evangelium vom Reich verkündigten, hat ihr Gegenstück in der Erfahrung derer, die die Botschaft seiner Wiederkunft verbreiteten. So wie die Jünger hinausgingen und predigten: "Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist herbeigekommen", so verkündigten Miller und seine Mitarbeiter, daß der längste und letzte prophetische Zeitabschnitt, den die Bibel erwähnt, fast abgelaufen sei, daß das Gericht unmittelbar bevorstünde und das ewige Reich bald anbrechen werde. Die Predigt der Jünger gründete sich, was die Zeit betraf, auf die siebzig Wochen in Daniel 9. Die von Miller und seinen Gefährten verbreitete Botschaft kündet den Ablauf der zweitausenddreihundert Tage an, von denen die siebzig Wochen einen Teil bilden. Die Verkündigung der Jünger wie auch Millers hatte die Erfüllung je eines Teiles derselben prophetischen Zeitspanne zur Grundlage. WHF 95 2 Gleich den ersten Jüngern verstanden William Miller und seine Freunde selbst nicht völlig die Tragweite der Botschaft, die sie verkündigten. Irrtümliche Ansichten hinderten sie, zur richtigen Auslegung der Weissagung zu gelangen. Obwohl sie die Botschaft predigten, die Gott ihnen zur Verkündigung anvertraut hatte, mußten sie doch eine Enttäuschung erleben, weil sie ihre Bedeutung nicht richtig verstanden hatten. WHF 96 1 Bei der Erklärung von Daniel 8,14: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind, dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden", übernahm Miller die allgemein verbreitete Ansicht, daß die Erde das Heiligtum sei. Darum glaubte er, daß die Weihe des Heiligtums, die Läuterung der Erde durch Feuer, bei der Wiederkunft des Herrn stattfinden werde. Als er entdeckte, daß das Ende der zweitausenddreihundert Tage genau vorausgesagt worden war, schloß er daraus, daß damit die Zeit der Wiederkunft angegeben sei. Sein Irrtum entstand dadurch, daß er sich bezüglich des Heiligtums auf die allgemein verbreitete Ansicht stützte. WHF 96 2 Im Schattendienst, der ein Hinweis auf das Opfer und die Priesterschaft war, bildete die Reinigung (Weihe) des Heiligtums den abschließenden Dienst, der vom Hohenpriester in der jährlichen Runde seiner Amtsführung ausgeübt wurde. Es war dies das Schlußwerk der Versöhnung, das Wegschaffen oder Abtun der Sünde von Israel. Es versinnbildete den abschließenden Dienst unseres Hohenpriesters im Himmel, wobei die Sünden seines Volkes, die in den himmlischen Büchern verzeichnet stehen, hinweggenommen oder ausgelöscht werden. Dieser Dienst schließt eine Untersuchung, ein Gerichtsgeschehen ein. Es geht der Wiederkunft Christi in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit unmittelbar vorauf; denn bei seinem Erscheinen muß jeder Fall bereits entschieden sein. Jesus sagt: "Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sind." Offenbarung 22,12. Dieses Gericht vor der Wiederkunft wird in der ersten Engelsbotschaft von Offenbarung 14,7 angekündigt: "Fürchtet Gott und gebet ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen!" WHF 97 1 Die diese Warnungsbotschaft verkündigten, gaben die richtige Botschaft zur rechten Zeit. Doch wie die ersten Jünger auf Grund der Weissagung in Daniel 9 erklärten: "Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen" und dennoch nicht erkannten, daß der Tod des Messias in der gleichen Schriftstelle angekündigt wurde, so predigten auch Miller und seine Mitarbeiter die auf Daniel 8,14 und Offenbarung 14,7 beruhende Botschaft, ohne zu erkennen, daß in Offenbarung 14 noch auf andere Botschaften hingewiesen wird, die ebenfalls vor der Wiederkunft Christi verkündigt werden sollen. Wie sich die Jünger über das Reich getäuscht hatten, das am Ende der siebzig Wochen aufgerichtet werden sollte, so irrten sich jene Adventgläubigen hinsichtlich des Ereignisses, das für das Ende der zweitausenddreihundert Tage verheißen war. In beiden Fällen hatte man allgemein verbreitete Irrtümer angenommen oder zumindest daran festgehalten. So wurde das Verständnis der Wahrheit verdunkelt. Die Jünger damals wie später die Adventgläubigen erfüllten Gottes Willen, indem sie die Botschaft predigten, die verkündigt werden sollte; beide Gruppen mußten durch ein Mißverständnis der göttlichen Botschaft eine Enttäuschung erleben. WHF 97 2 Dennoch erreichte Gott dabei seine Gnadenabsicht, indem er zuließ, daß die Gerichtswarnung in der erwähnten Weise verkündigt wurde. Der große Tag stand vor der Tür, und die bestimmte Zeit wurde nach Gottes Vorsehung für jene Menschen zu einer Prüfung, durch die offenbar werden sollte, was in ihren Herzen ist. Die Botschaft war zur Bewährung der Nachfolger Jesu bestimmt. Dadurch sollten sie selbst erkennen, ob ihre Herzen auf die vergängliche Welt oder auf Christus und den Himmel gerichtet sind. Sie gaben vor, den Heiland zu lieben; nun sollten sie ihre Liebe beweisen. Waren sie bereit, ihre vergänglichen Hoffnungen und ehrgeizigen Pläne fahren zu lassen und mit Freuden die Ankunft des Herrn zu erwarten? Die Botschaft sollte ihnen helfen, ihren wahren geistlichen Zustand zu erkennen. Der Herr sandte sie in seiner Barmherzigkeit, um sie anzuspornen, ihn mit reuig demütigem Herzen zu suchen. WHF 98 1 Selbst die Enttäuschung, -- obgleich sie die Folge ihres eigenen Mißverständnisses der Botschaft war --, sollte ihnen zum Besten dienen. Diejenigen, die behauptet hatten, die Warnung angenommen zu haben, wurden auf die Probe gestellt. Würden sie angesichts der Enttäuschung ihre bisherige Erfahrung aufgeben und ihr Vertrauen auf Gottes Wort wegwerfen? Oder würden sie demütig und unter Gebet zu erkennen suchen, wo sie die Weissagung falsch verstanden hatten? Wieviele hatten sich nur von Furcht oder Gefühlsaufwallungen bewegen lassen? Wieviele waren halbherzig und ungläubig? Tausende gaben vor, die Erscheinung des Herrn liebzuhaben. Würden sie nun unter dem Spott und der Verachtung der Welt, ausgesetzt der Prüfung durch die Verzögerung und Enttäuschung, ihren Glauben verleugnen? Würden sie, weil sie Gottes Handeln nicht gleich verstehen konnten, die Wahrheit wegwerfen, die auf die klaren Aussagen seines Wortes gegründet ist? WHF 98 2 Diese Probe sollte die Standhaftigkeit derer offenbaren, die im Glauben gehorsam gewesen waren all dem, was ihnen durch das Wort Gottes und den Heiligen Geist gesagt worden war. Zugleich sollte diese Erfahrung in einmaliger Weise zeigen, wie gefährlich es ist, Theorien und Auslegungen der Menschen anzunehmen, anstatt die Bibel sich selbst erklären zu lassen. Die Verwirrung und innere Not, die durch die Enttäuschung über die Kinder des Glaubens kam, sollte sie zu einer geistlichen Erneuerung führen. Das würde sie zu einem gründlicheren Studium des prophetischen Wortes veranlassen und sie lehren, die Grundlagen ihres Glaubens sorgfältiger zu prüfen und alles Unbiblische, wie verbreitet es auch in der Christenheit sein mochte, zu verwerfen. WHF 99 1 Diese Gläubigen sollten so wie die ersten Jünger damals über das, was sie in der Stunde der Prüfung nicht verstanden, später aufgeklärt werden. Wenn sie dann erkennen konnten, "wie's der Herr hinausgeführt hat" (Jakobus 5,11), dann wüßten sie, daß es keinen Zweifel mehr daran gab, daß sich Gottes Liebesabsichten ihnen gegenüber erfüllt haben trotz der Verwirrung, die aus ihren Irrtümern entstanden war. Durch diese segenbringende Erfahrung sollten sie erkennen, daß der Herr "gnädig und barmherzig" ist, und alle seine Wege "sind lauter Güte und Treue für alle, die seinen Bund und seine Gebote halten". Psalm 25,10. ------------------------Kapitel 6: Die Erweckung am Ende der 2300 Jahre WHF 100 1 In der Weissagung über die erste Engelsbotschaft in Offenbarung 14 wird als Folge der Verkündigung der baldigen Ankunft Christi eine große religiöse Erweckung vorhergesagt. Johannes sah "einen andern Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, und allen Nationen und Geschlechtern und Sprachen und Völkern". Mit großer Stimme verkündete er die Botschaft: "Fürchtet Gott und gebet ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen! Und betet den an, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserbrunnen!" Offenbarung 14,6.7. WHF 100 2 Bedeutsam ist, daß ein Engel als Herold dieser Warnung erscheint. Durch die Reinheit, Herrlichkeit und Macht eines himmlischen Boten hat Gott in seiner Weisheit gezeigt, wie erhaben das Werk ist, das durch die Botschaft ausgerichtet werden soll. Der "mitten durch den Himmel" fliegende Engel, die "große Stimme", mit der die Botschaft verkündigt wird, und ihre Verbreitung unter allen, "die auf Erden wohnen" -- "allen Nationen und Geschlechtern und Sprachen und Völkern" --, bezeugen die Schnelligkeit und weltweite Ausdehnung des Werkes. WHF 101 1 Ähnlich wie die große Reformation im 16. Jahrhundert kam auch die Adventbewegung in verschiedenen Ländern der Christenheit gleichzeitig auf. Sowohl in Europa als auch in Amerika studierten Männer des Glaubens und des Gebets die Weissagungen. Beim Nachdenken über Gottes Wort fanden sie überzeugende Beweise dafür, daß das Ende aller Dinge nahe sei. In verschiedenen Ländern entstanden unabhängig voneinander Gruppen von Christen, die allein durch das Studium der Heiligen Schrift zu der Überzeugung gelangten, daß die Ankunft des Heilandes bevorstehe. WHF 101 2 William Miller und seinen Mitarbeitern war die Aufgabe zuteil geworden, die Warnungsbotschaft in Amerika zu predigen. Das Land wurde zum Mittelpunkt der Adventbewegung. Hier fand die Weissagung aus der Botschaft des ersten Engels ihre unmittelbare Erfüllung. Die Schriften Millers und seiner Gefährten gelangten in entfernte Länder. Überall, wohin christliche Missionare vorstießen, wurde auch die frohe Botschaft von der baldigen Wiederkunft Christi verkündigt. WHF 101 3 Fern und nah erscholl der Ruf des ewigen Evangeliums: "Fürchtet Gott und gebet ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen!" WHF 101 4 Mit unaussprechlicher Sehnsucht harrten alle, welche die Botschaft angenommen hatten, auf die Ankunft ihres Heilandes. Die von ihnen erwartete Begegnung stand unmittelbar bevor. Mit stillem Ernst rüsteten sie sich auf diese Stunde. Eine innige Gemeinschaft verband sie mit Gott -- es war ein Vorgeschmack des Friedens, der ihnen in der zukünftigen Herrlichkeit zuteil werden sollte. Keiner, der diese Hoffnung und Zuversicht in jenen Stunden des Wartens miterlebte, würde sie je vergessen können. Bereits einige Wochen zuvor wurden weltliche Angelegenheiten zum großen Teil beiseitegelegt. Die aufrichtigen Gläubigen prüften sorgfältig jeden Gedanken und jede Regung ihres Herzens so, als lägen sie auf dem Sterbebett und müßten in wenigen Stunden alles Irdische aufgeben. Es wurden keine Himmelfahrtskleider angefertigt, aber alle spürten, wie sie der inneren Gewißheit bedurften, auf die Begegnung mit ihrem Heiland vorbereitet zu sein. Das weiße Kleid war der durch das versöhnende Blut Christi gereinigte Charakter. Würde doch Gottes Volk heute in gleichem Geist alle seine inneren Regungen prüfen; hätte es doch den gleichen ernsten, entschiedenen Glauben! Wenn es sich allezeit so vor dem Herrn gedemütigt und seine Bitten zum Gnadenthron emporgesandt hätte, wäre es jetzt im Besitz weit größerer Erfahrungen. Es wird zu wenig gebetet, es gibt zu wenig wirkliche Sündenerkenntnis, und durch den Mangel an lebendigem Glauben entbehren viele der Gnade, die unser Erlöser so reichlich für uns bereithält. WHF 102 1 Gott hatte sein Volk in eine Prüfung geführt. Seine Hand bedeckte den in der Berechnung der prophetischen Zeitkette gemachten Fehler. Die Adventgläubigen entdeckten den Irrtum nicht; er wurde auch nicht von ihren gebildeten Gegnern entdeckt. Sie behaupteten: Eure Berechnung der prophetischen Zeitabschnitte ist wohl zutreffend; irgendein großes Ereignis wird stattfinden, es mag die Bekehrung der Welt sein; aber nicht das, was Miller vorhersagt, nicht die Wiederkunft Christi. WHF 102 2 Die Zeit der Erwartung ging vorüber, und Christus erschien nicht, um sein Volk zu befreien. Alle, die mit aufrichtigem Glauben und herzlicher Liebe auf ihren Heiland gewartet hatten, waren bitter enttäuscht. Doch Gottes Absicht wurde erreicht; er prüfte die Herzen derer, die vorgaben, auf seine Erscheinung zu warten. Unter ihnen waren viele, die nur aus Furcht dazu getrieben worden waren. Ihr Glaube hatte weder ihre Herzen noch ihren Lebenswandel beeinflußt. Als das erwartete Ereignis ausblieb, erklärten sie, daß sie nicht enttäuscht seien; sie hätten nie geglaubt, daß Christus kommen werde; ja sie gehörten zu den ersten, die über den Schmerz der wahrhaft Gläubigen spotteten. WHF 103 1 Doch Jesus und das ganze himmlische Heer blickten mit Liebe und Mitgefühl auf die geprüften und doch enttäuschten Gläubigen herab. Wäre es möglich gewesen, den Schleier, der die sichtbare Welt von der unsichtbaren trennt, fortzuziehen, dann hätte man sehen können, wie Engel sich um jene standhaften Seelen stellten und sie vor den Pfeilen Satans schützten. Erneute Überprüfung der Schriftworte WHF 103 2 Als im Frühling des Jahres 1844 die Zeit vorüberging, zu der das Kommen Christi zuerst erwartet worden war, gerieten jene, die im Glauben auf seine Erscheinung gehofft hatten, eine Zeitlang in Zweifel und Verlegenheit. Während die Welt annahm, sie wären völlig zu Boden geschlagen, und ihnen beweisen wollte, daß sie einem Irrtum erlegen wären, blieb das Wort Gottes dennoch die Quelle ihres Trostes. Viele suchten erneut in der Schrift, prüften abermals die Grundlage ihres Glaubens und forschten sorgfältig in den Weissagungen, um weiteres Licht zu erlangen. Das biblische Zeugnis schien ihren Standpunkt klar zu bestätigen. Zeichen, die nicht mißverstanden werden konnten, wiesen darauf hin, daß das Kommen Christi nahe bevorstand. Der besondere Segen des Herrn, der sich in der Bekehrung von Sündern und der Erweckung zu neuem geistlichem Leben zeigte, hatte deutlich erkennen lassen, daß die Botschaft vom Himmel sein mußte. Wenn auch die Gläubigen ihre Enttäuschung nicht erklären konnten, waren sie doch davon überzeugt, daß Gott sie in ihren bisherigen Erfahrungen geführt hatte. WHF 104 1 Unter den Weissagungen, die sie als Hinweis auf die Zeit der Wiederkunft Christi ansahen, fanden sich Belehrungen, die auf ihren Zustand der Ungewißheit und Unsicherheit wie zugeschnitten waren. Dadurch wurden sie ermutigt, geduldig im Glauben auszuharren. Das, was ihrem Verstand noch dunkel erschien, würden sie zur rechten Zeit begreifen können. WHF 104 2 Im Sommer 1844, zwischen der Zeit, die man zuerst als das Ende der zweitausenddreihundert Tage angenommen hatte, und dem Herbst desselben Jahres, in dem, wie man später herausfand, diese Tage endeten, erhob sich der Ruf genau mit den biblischen Worten: "Siehe, der Bräutigam kommt!" WHF 104 3 Ursache dieser Bewegung war die Entdeckung, daß der Erlaß des Artaxerxes (in der Bibel Arthahsastha genannt) zur Wiederherstellung Jerusalems, der den Ausgangspunkt für die Zeit von zweitausenddreihundert Tagen bildete, im Herbst des Jahres 457 v. Chr. in Kraft trat, und nicht am Anfang jenes Jahres, wie man früher geglaubt hatte. Wird nun vom Herbst des Jahres 457 v. Chr. ausgegangen, so enden die zweitausenddreihundert Jahre im Herbst des Jahres 1844 n. Chr. Sinnbilder aus dem Heiligtumsdienst WHF 104 4 Die auf den alttestamentlichen Heiligtumsdienst sich stützende Beweisführung verwies ebenfalls auf den Herbst, in dem das als Weihe oder Reinigung des Heiligtums bezeichnete Ereignis stattfinden müsse. Das wurde sehr deutlich, als die Aufmerksamkeit darauf gelenkt wurde, wie sich die Sinnbilder für das erste Kommen Christi erfüllt hatten. WHF 104 5 Das Schlachten des Passalammes war ein Sinnbild auf den Tod Christi. Paulus sagt: "Denn auch wir haben ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert." 1.Korinther 5,7. Die Erstlingsgarbe der Ernte, die zur Zeit des Passafestes vor dem Herrn gewebt (das heißt hin und her bewegt wurde), war ein Sinnbild auf die Auferstehung Christi. WHF 105 1 Diese Sinnbilder erfüllten sich nicht nur in den Ereignissen, sondern auch hinsichtlich der Zeit. Am vierzehnten Tag des ersten jüdischen Monats, dem gleichen Tag und Monat, an dem fünfzehn Jahrhunderte lang das Passalamm geschlachtet worden war, setzte Christus, nachdem er das Passalamm mit seinen Jüngern genommen hatte, jene Feier ein, die an seinen eigenen Tod als "Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt" (Johannes 1,29), erinnern sollte. In derselben Nacht wurde er von gottlosen Händen ergriffen, um gekreuzigt und getötet zu werden. Und als Gegenbild der Webegarbe wurde unser Heiland am dritten Tag von den Toten auferweckt, "der Erstling ... unter denen, die da schlafen"; ein Beispiel für die Auferstehung aller Gerechten, deren "nichtiger Leib" verklärt werden soll, "daß er gleich werde seinem verklärten Leibe". 1.Korinther 15,20; Philipper 3,21. WHF 105 2 In gleicher Weise müssen demnach auch die auf die Wiederkunft hinweisenden Sinnbilder sich zu der Zeit erfüllen, auf die der Schattendienst hinwies. Im mosaischen Gottesdienst fand die Reinigung des Heiligtums oder der große Versöhnungstag am zehnten Tag des siebenten jüdischen Monats statt (3.Mose 16,26-34), wenn der Hohepriester, nachdem er eine Versöhnung für alle Israeliten erwirkt und auf diese Weise ihre Sünden vom Heiligtum entfernt hatte, herauskam und das Volk segnete. So, glaubte man, würde Christus, unser großer Hoherpriester, erscheinen, um die Erde durch die Vernichtung von Sünde und Sündern zu reinigen und sein harrendes Volk mit Unsterblichkeit zu segnen. Der zehnte Tag des siebenten Monats, der große Versöhnungstag, die Zeit der Reinigung des Heiligtums, der im Jahre 1844 auf den 22. Oktober fiel, wurde nun als Tag der Wiederkunft Christi betrachtet. Das stimmte überein mit den bereits dargelegten Beweisen, daß die zweitausenddreihundert Tage im Herbst ablaufen würden und diese Schlußfolgerung unanfechtbar sei. WHF 106 1 Mit ernster Vorbereitung erwarteten alle, die diese Botschaft angenommen hatten, den Zeitpunkt, da sie ihrem Herrn zu begegnen hofften. Sie hielten es an jedem Morgen für ihre erste Pflicht, sich ihrer Annahme bei Gott gewiß zu werden. Sie waren untereinander innig verbunden und beteten viel miteinander und füreinander. Oft kamen sie an abgelegenen Orten zusammen, um mit Gott Zwiesprache zu halten, und fürbittendes Flehen stieg zum Himmel empor. Die Gewißheit, von ihrem Heiland angenommen zu sein, hielten sie für wichtiger als das tägliche Brot. Wenn eine dunkle Wolke ihr Herz beschwerte, so ruhten sie nicht eher, als bis sie beseitigt war. Wenn sie das Zeugnis der vergebenden Gnade verspürten, dann sehnten sie sich danach, ihn, den sie liebten, bald zu sehen. Trotz Enttäuschung nicht erschüttert im Vertrauen auf Gottes Wort WHF 106 2 Aber wiederum sollten sie enttäuscht werden. Der erwartete Zeitpunkt ging vorüber, und ihr Heiland erschien nicht. Mit festem Vertrauen hatten sie seinem Kommen entgegengesehen, und nun empfanden sie wie Maria, als sie zu des Heilandes Grab kam, es leer fand und weinend ausrief: "Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben." Johannes 20,13. WHF 106 3 Die Welt hatte dem allen zugesehen und erwartet, daß, wenn die Zeit vorüberginge und Christus nicht käme, die ganze Lehre des Adventismus zerbrechen würde. Wenn auch viele unter dieser starken Anfechtung ihren Glauben aufgaben, hielten doch etliche daran fest. Die Früchte der Adventbewegung, der Geist echter Bekehrung und aufrichtiger Prüfung des eigenen Herzens, der Geist der Selbstverleugnung und Erneuerung des Lebens, die das Werk getragen hatten, bezeugten, daß es von Gott war. Es ließ sich daher nicht in Abrede stellen, daß die Kraft des Heiligen Geistes die Predigt der Botschaft von der Wiederkunft Christi begleitet hatte. Man konnte auch keinen Fehler in der prophetischen Zeitrechnung entdeckten. Selbst befähigten Gegnern der Botschaft war es nicht gelungen, die Deutung der Weissagung zu widerlegen. Da die Adventgläubigen nicht durch biblische Beweise überführt werden konnten, sahen sie sich außerstande, ihre Erkenntnis aufzugeben, die sie durch ernstes Forschen in der Heiligen Schrift und unter Gebet gewonnen hatten. WHF 107 1 Freilich, das erwartete Ereignis war nicht eingetroffen; aber selbst das konnte ihr Vertrauen auf Gottes Wort nicht untergraben. Gott hatte sein Volk nicht verlassen; sein Geist wohnte noch immer bei denen, die das Licht, das sie empfangen hatten, nicht leichtfertig verwarfen und die Adventbewegung nicht öffentlich verleugneten. Im Brief an die Hebräer fanden die Geprüften und Wartenden jener Zeit Worte der Ermutigung und Warnung: Darum "werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Geduld aber ist euch not, auf daß ihr den Willen Gottes tut und das Verheißene empfanget. Denn ‚noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird's nicht hinziehen. Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele kein Gefallen haben.' Wir aber sind ... von denen, die da glauben und die Seele erretten". Hebräer 10,35-39. WHF 107 2 Daß diese Ermahnung an die Gemeinde in den letzten Tagen gerichtet ist, geht aus den Worten hervor, die auf die Nähe der Wiederkunft des Herrn hinweisen: "Denn noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird's nicht hinziehen." Daraus wird auch klar, daß das Kommen des Herrn sich scheinbar verzögern wird. Diese Ermutigung galt daher besonders den Adventgläubigen jener Zeit. Sie standen in der Gefahr, am Glauben Schiffbruch zu erleiden. Sie hatten Gottes Willen ernst genommen und sich der Führung seines Geistes und seinem Worte anvertraut; doch sie konnten weder den Sinn ihrer Erfahrung verstehen noch den vor ihnen liegenden Pfad erkennen. Darum waren sie versucht zu bezweifeln, ob Gott sie wirklich geleitet habe. Damals trafen besonders die Worte zu: "Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben." Als das helle Licht des Mitternachtsrufes ihren Glaubensweg erleuchtete, als sie die entsiegelten Weissagungen erkannten und die rasche Erfüllung der Zeichen verkündeten, daß die Wiederkunft Christi nahe bevorstand, da wandelten sie gleichsam im Schauen. Nun aber, niedergebeugt durch die enttäuschten Hoffnungen, konnten sie sich nur noch durch den Glauben an Gott und an sein Wort aufrecht halten. Die spottende Welt sagte: "Ihr seid betrogen worden. Gebt euren Glauben auf und gesteht, daß die Adventbewegung satanischen Ursprungs war." Gottes Wort sagt jedoch: "Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele kein Gefallen haben." Ihren Glauben aufzugeben und die Macht des Heiligen Geistes, welche die Botschaft begleitet hatte, zu verleugnen, wäre ein Rückzug ins Verderben gewesen. Die Worte des Apostels ermutigten sie zur Standhaftigkeit: Darum "werfet euer Vertrauen nicht weg ... Geduld aber ist euch not ... noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird's nicht hinziehen". Ihre einzige Sicherheit bestand darin, das von Gott geschenkte Licht zu pflegen, sich an Gottes Verheißungen festzuhalten, weiterhin in der Heiligen Schrift zu forschen und geduldig zu warten und zu wachen, um weiteres Licht zu empfangen. ------------------------Kapitel 7: Die Herrlichkeit des himmlischen Heiligtums WHF 110 1 Die Bibelstelle, die vor allen andern Grundlage und Hauptpfeiler des Adventglaubens war, ist die in Daniel 8,14 gegebene Erklärung: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wiedergeweiht werden." Dies waren vertraute Worte denen, die an das baldige Kommen des Herrn geglaubt hatten. Von Tausenden von Lippen klang diese Weissagung wie ein Losungswort ihres Glaubens. Alle fühlten, daß ihre großen Erwartungen und Hoffnungen von den in diesem Schriftwort angekündigten Ereignissen abhingen. Diese prophetischen Tage sollten im Herbst des Jahres 1844 zu Ende gehen. So wie viele Christen waren die Adventgläubigen der Ansicht, daß die Erde oder ein Teil von ihr das Heiligtum sei und daß die Weihe des Heiligtums die Reinigung der Erde durch das Feuer des letzten großen Tages bedeutete. Das würde bei der Wiederkunft Christi stattfinden. So entstand auch die Schlußfolgerung, daß Christus im Jahre 1844 auf die Erde zurückkehren würde. WHF 110 2 Aber die festgesetzte Zeit war verstrichen und der Herr -- nicht erschienen. Die Gläubigen wußten, daß das Wort Gottes nicht trügt; so mußten sie also mit ihrer Auslegung der Weissagung auf falscher Fährte sein. Wo aber steckte der Fehler? Viele suchten voreilig diese Schwierigkeiten zu lösen, indem sie in Abrede stellten, daß die zweitausenddreihundert Tage im Jahre 1844 endeten. Dafür konnten sie aber keinen andern Grund aufführen als den, daß Christus nicht zu der Zeit gekommen war, da sie ihn erwartet hatten. Daraus schlossen sie, daß, wäre die prophetische Zeit wirklich im Jahre 1844 zu Ende gegangen, Christus hätte kommen müssen, um durch die Läuterung der Erde mit Feuer das Heiligtum zu reinigen. Da er nicht gekommen war, konnten die Tage noch nicht verstrichen sein. Zuverlässigkeit der prophetischen Zeiten WHF 111 1 Durch Annahme dieser Schlußfolgerung verwarfen sie die ehemalige Berechnung der prophetischen Zeitangaben. Man hatte gefunden, daß die zweitausenddreihundert Tage anfingen, als der Befehl des Artaxerxes (oder Arthahsastha) in Kraft trat, der die Wiederherstellung und den Aufbau Jerusalems anordnete. Das war im Herbst des Jahres 457 v. Chr. Nahm man dieses Jahr als Ausgangspunkt an, dann ergab sich eine vollkommene Übereinstimmung mit allen in Daniel 9,25-27 vorausgesagten Ereignissen. Neunundsechzig Wochen, die ersten vierhundertdreiundachtzig von den zweitausenddreihundert Jahren, sollten hinreichen bis zu Christus, dem Gesalbten. Christi Taufe und die Salbung mit dem Heiligen Geist im Jahre 27 n. Chr. bestätigten diese Angabe. In der Mitte der siebzigsten Woche sollte der Gesalbte ausgerottet werden. Dreieinhalb Jahre nach seiner Taufe, im Frühling des Jahres 31 n. Chr., wurde Christus gekreuzigt. Die siebzig Wochen oder vierhundertneunzig Jahre waren für die Juden bestimmt. Am Ende dieser Zeitspanne besiegelten sie die Verwerfung Christi durch die Verfolgung seiner Jünger. Seitdem wandten sich die Apostel im Jahre 34 n. Chr. zu den Heiden. Nachdem vierhundertneunzig Jahre von den zweitausenddreihundert verstrichen waren, blieben noch achtzehnhundertzehn Jahre übrig. Vom Jahre 34 n. Chr. erstrecken sich achtzehnhundertzehn Jahre bis ins Jahre 1844. "Dann", sagte der Engel, "wird das Heiligtum wieder geweiht werden". Alle vorhergehenden Einzelheiten dieser Weissagung hatten sich deutlich erkennbar zur vorgesehenen Zeit erfüllt. WHF 112 1 Alles war bei dieser Berechnung klar und zutreffend, nur ließ sich nicht erkennen, daß im Jahre 1844 irgendein Ereignis stattgefunden habe, das der Weihe des Tempels entspräche. Wollte man aber verneinen, daß die zweitausenddreihundert Tage zu dieser Zeit endeten, so hieße das, Verwirrung in die ganze Sache zu bringen und Tatsachen umzustoßen, die durch die unmißverständliche Erfüllung der biblischen Weissagung bestätigt worden waren. WHF 112 2 Gott selbst hatte sein Volk in der Adventbewegung geführt; seine Macht und Herrlichkeit hatten das Werk begleitet, und er wollte es keineswegs in Finsternis und Enttäuschung enden lassen, damit es nicht als falsche und schwärmerische Bewegung hingestellt werden könnte. Er durfte nicht zulassen, daß sein Wort mit Zweifel und Ungewißheit verquickt würde. Wenn auch viele ihren früheren Standpunkt in der prophetischen Zeitrechnung aufgaben und damit die Richtigkeit der darauf gegründeten Bewegung verneinten, so waren andere doch nicht willens, Glaubenspunkte und Erfahrungen preiszugeben, die durch die Heilige Schrift und das Zeugnis des Geistes Gottes erhärtet wurden. Sie glaubten, daß sie die Weissagungen in rechter Weise ausgelegt hätten und deshalb verpflichtet seien, an den bereits gewonnenen Erkenntnissen festzuhalten und in der gleichen Weise das Studium der Bibel fortzusetzen. Mit ernstem Gebet überprüften sie ihre Auffassungen und forschten in der Heiligen Schrift, um ihren Fehler zu entdecken. Da sie in ihrer Berechnung der prophetischen Zeitkette keinen Irrtum entdecken konnten, fühlten sie sich veranlaßt, das "Heiligtum" näher zu prüfen. Das Heiligtum des Alten Bundes WHF 113 1 Die Untersuchung ergab, daß keine biblischen Beweise die allgemeine Ansicht stützten, daß die Erde das Heiligtum sei. Doch dabei fand man in der Bibel eine umfassende Erklärung über das Heiligtum, seine Beschaffenheit, seinen Standort und den dort ausgeübten Dienst. Das Zeugnis der heiligen Schreiber war klar, ausführlich und über jeden Zweifel erhaben. Paulus sagt in dem Brief an die Hebräer: "Es hatte zwar auch der erste Bund seine Satzungen für den Gottesdienst und sein irdisches Heiligtum. Denn es war da aufgerichtet der vordere Teil der Stiftshütte, worin der Leuchter war und der Tisch und die Schaubrote, und er heißt das Heilige. Hinter dem zweiten Vorhang aber war die Hütte, die da heißt das Allerheiligste; die hatte das goldene Räuchergefäß und die Lade des Bundes, allenthalben mit Gold überzogen, in welcher war der goldene Krug mit dem Himmelsbrot und der Stab Aarons, der gegrünt hatte, und die Tafeln des Bundes; obendrüber waren die Cherubim der Herrlichkeit, die überschatteten die Stätte der Versöhnung." Hebräer 9,1-5. WHF 113 2 Das Heiligtum, auf das der Apostel hier hinweist, war die Stiftshütte, die Mose auf Befehl Gottes als irdische Wohnstätte des Allerhöchsten erbaut hatte. "Sie sollen mir ein Heiligtum machen, daß ich unter ihnen wohne" (2.Mose 25,8); das war die Anweisung, die Mose empfangen hatte, als er mit Gott auf dem Berge war. Die Israeliten mußten damals durch die Wüste ziehen; deshalb war die Stiftshütte so beschaffen, daß sie von Ort zu Ort mitgenommen werden konnte. Dennoch war sie ein prächtiger Bau. WHF 114 1 Nachdem sich die Hebräer in Kanaan niedergelassen hatten, wurde die Stiftshütte von dem Tempel Salomos abgelöst, einem massiven Bauwerk von größerem Umfang. Beibehalten aber hatte man die gleichen Größenverhältnisse und eine ähnliche Ausstattung. In dieser Gestalt bestand das Heiligtum, abgesehen von der Zeit Daniels, als es in Trümmern lag, bis zu seiner Zerstörung durch die Römer im Jahre 70 n. Chr. WHF 114 2 Das ist das einzige Heiligtum, das je auf Erden bestand und über das die Bibel Auskunft gibt. Nach den Worten des Apostels ist es das Heiligtum des ersten Bundes. Hat aber der Neue Bund kein Heiligtum? Das Heiligtum des Neuen Bundes im Himmel WHF 114 3 Als sich die nach Wahrheit Suchenden erneut dem Hebräerbrief zuwandten, erkannten sie, daß es ein zweites oder neutestamentliches Heiligtum gibt, worauf der Apostel in den bereits angeführten Worten hinwies: "Es hatte zwar auch der erste Bund seine Satzungen für den Gottesdienst und sein irdisches Heiligtum." Das Wörtchen "auch" deutet an, daß Paulus dieses Heiligtum bereits zuvor erwähnt hat. Als sie zum Anfang des vorhergehenden Kapitels zurückgingen, lasen sie: "Das ist nun die Hauptsache bei dem, wovon wir reden: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der da sitzt zu der Rechten des Thrones der Majestät im Himmel und ist ein Diener am Heiligtum und an der wahren Stiftshütte, welche Gott aufgerichtet hat und kein Mensch." Hebräer 8,1.2. WHF 114 4 Hier wird das Heiligtum des Neuen Bundes offenbart. Das Heiligtum des ersten Bundes war von Menschen aufgerichtet, von Mose erbaut worden; dieses hier ist vom Herrn und nicht von Menschen aufgerichtet. In jenem Heiligtum vollzogen die irdischen Priester ihren Dienst; in diesem hier dient Christus, unser großer Hoherpriester, zur Rechten Gottes. Das eine Heiligtum befand sich auf Erden, das andere im Himmel. WHF 115 1 Das von Mose erbaute Heiligtum war nach einem Modell gebaut worden. Der Herr hatte ihn angewiesen: "Genau nach dem Bild, das ich dir von der Wohnung und ihrem ganzen Gerät zeige, sollt ihr's machen." Und erneut war der Auftrag erteilt worden: "Sieh zu, daß du alles machest nach dem Bilde, das dir auf dem Berge gezeigt ist." 2.Mose 25,9.40. Der Apostel erklärt dazu, daß die erste Hütte "ist ein Gleichnis auf die gegenwärtige Zeit, es werden da Gaben und Opfer geopfert"; und daß die heiligen Stätten Abbilder "der himmlischen Dinge" waren; daß die Priester, die nach dem Gesetz Opfer darbrachten, "dem Abbild und dem Schatten des Himmlischen" dienten, und daß "Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, das mit Händen gemacht ist, welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns". Hebräer 9,9.23; Hebräer 8,5; Hebräer 9,24. Die Herrlichkeit des irdischen und himmlischen Heiligtums WHF 115 2 Das Heiligtum im Himmel, in dem Christus um unseretwillen dient, ist das ursprüngliche; das von Mose erbaute war nur ein Abbild davon. Der unvergleichliche Glanz der irdischen Stiftshütte vermittelt uns eine Vorstellung von der Herrlichkeit jenes himmlischen Tempels, in dem Christus, unser Vorläufer, für uns vor dem Thron Gottes dient. Es ist die Wohnstatt des Königs aller Könige, dem tausendmal Tausende dienen und vor dem zehntausendmal Zehntausende stehen. (Daniel 7,10). Jener Tempel ist erfüllt von der Herrlichkeit des ewigen Thrones, wo Seraphim, die strahlenden Hüter, anbetend ihre Angesichter verhüllen. Selbst der prächtigste Bau, den Menschenhände je errichteten, konnte nicht mehr als ein matter Abglanz seiner Herrlichkeit sein. Doch durch das irdische Heiligtum und seine Gottesdienste wurden wichtige Lehren hinsichtlich des himmlischen Heiligtums und des großen Werkes vermittelt, das dort zur Erlösung des Menschen geschieht. WHF 116 1 Die heiligen Stätten des Heiligtums im Himmel werden durch die zwei Abteilungen im irdischen Heiligtum dargestellt. Als dem Apostel Johannes in einem Gesicht ein Blick auf den Tempel Gottes im Himmel gewährt wurde, sah er, wie dort "sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Thron". Offenbarung 4,5. Er erblickte einen Engel, der "hatte ein goldenes Räuchergefäß; und ihm ward viel Räucherwerk gegeben, daß er es gäbe zum Gebet aller Heiligen auf den goldenen Altar vor dem Thron". Offenbarung 8,3. Hier durfte der Prophet in die erste Abteilung des himmlischen Heiligtums schauen; und dort sah er "sieben Fackeln mit Feuer" und "den goldenen Altar", dargestellt im irdischen Heiligtum durch den goldenen Leuchter und den Räucheraltar. Wiederum heißt es: "Der Tempel Gottes im Himmel ward aufgetan" (Offenbarung 11,19), und er schaute hinein bis hinter den zweiten Vorhang, in das Allerheiligste. Hier erblickte er "die Lade seines Bundes", dargestellt durch die heilige Lade, die Mose zur Aufbewahrung der Gebote Gottes anfertigen ließ. So fanden jene Männer bei ihrem eingehenden Studium unwiderlegbare Beweise für das Vorhandensein eines Heiligtums im Himmel. Mose baute das irdische Heiligtum nach dem Modell, das ihm gezeigt worden war. Paulus lehrt, daß es ein Sinnbild des wahrhaftigen Heiligtums im Himmel ist; und Johannes bezeugt, daß er es im Himmel gesehen hat. Christi Dienst im himmlischen Heiligtum WHF 116 2 Im himmlischen Tempel, wo Gott wohnt, steht sein Thron, gegründet auf Gerechtigkeit und Gericht. Im Allerheiligsten ist sein Gesetz aufbewahrt, der Maßstab des Rechts, nach dem alle Menschen geprüft werden. Die Bundeslade, welche die Tafeln des Gesetzes birgt, ist mit dem Gnadenstuhl bedeckt, vor dem Christus mit seinem Blut für die Sünder eintritt. So wird im Erlösungsplan die Verquickung von Gerechtigkeit und Gnade dargestellt. Allein die ewige Weisheit und die unendliche Macht konnten diese Verbindung von Gerechtigkeit und Gnade ersinnen und vollbringen, die den ganzen Himmel mit Staunen und Anbetung erfüllt. Die ehrfürchtig auf den Gnadenstuhl niederschauenden Cherubim des irdischen Heiligtums versinnbilden die Anteilnahme, mit der die himmlischen Heerscharen das Erlösungswerk verfolgen. Das ist das Geheimnis der Gnade, das auch die Engel verlangt zu schauen: daß Gott gerecht ist und doch den reumütigen Sünder rechtfertigt, daß er die Verbindung mit dem in Sünde gefallenen Geschlecht neu knüpft, daß Christus sich erniedrigte, um unzählige Scharen aus dem Abgrund des Verderbens herauszuheben und sie mit dem fleckenlosen Gewand seiner eigenen Gerechtigkeit zu bekleiden, damit sie mit Engeln, die nie gefallen sind, vereint werden und ewig in der Gegenwart Gottes wohnen können. WHF 117 1 Christi Werk als Hoherpriester und Fürsprecher der Menschen wird veranschaulicht in der schönen Weissagung Sacharjas von dem, "der heißt Sproß" (Zweig). Von ihm sagt der Prophet: "Ja, den Tempel des HERRN wird er bauen, und er wird herrlich geschmückt sein und wird sitzen und herrschen auf seinem Thron. Und ein Priester wird sein zu seiner Rechten, und es wird Friede sein zwischen den beiden." Sacharja 6,13. WHF 117 2 "Den Tempel des Herrn wird er bauen." Durch sein Opfer und sein Mittleramt ist Christus beides, der Grund und der Baumeister der Gemeinde Gottes. Der Apostel Paulus verweist auf ihn als den Eckstein, "auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchem auch ihr miterbaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist". Epheser 2,21.22. WHF 118 1 "Und er wird herrlich geschmückt sein." Christus gebührt Ehre und Herrlichkeit für die Erlösung der gefallenen Menschheit. In aller Ewigkeit wird das Lied der Erlösten erklingen: Dem, "der uns liebt und erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut ..., ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!" Offenbarung 1,5.6. WHF 118 2 "Und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen." Noch hat er den Thron seiner Herrlichkeit nicht eingenommen; denn das Reich der Herrlichkeit ist noch nicht aufgerichtet. Erst wenn er seinen Mittlerdienst vollendet hat, wird der Herr "ihm den Thron seines Vaters David geben, ... und seines Reichs wird kein Ende sein". Lukas 1,32.33. Als Priester sitzt Christus jetzt mit seinem Vater auf dessen Thron. (Offenbarung 3,21). Der da "trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen", "der versucht ist allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde", damit er könnte "denen helfen, die versucht werden", sitzt er auf dem Thron mit dem, der von Ewigkeit her ist, dem Allmächtigen. "Und ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater". Jesaja 53,4; Hebräer 4,15; Hebräer 2,18; 1.Johannes 2,1. Sein durchbohrter und zerbrochener Leib, sein makelloses Leben befähigen ihn zum Mittlerdienst. Die verwundeten Hände, die durchstochene Seite, die durchbohrten Füße legen Fürsprache ein für den gefallenen Menschen, dessen Heil so unermeßlich teuer erkauft wurde. WHF 118 3 "Und es wird Friede sein zwischen den beiden." Die Liebe des Vaters ist nicht weniger als die Liebe des Sohnes Quelle des Heils für die verlorene Menschheit. Jesus sagte zu seinen Jüngern, ehe er von ihnen ging: "Und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb." Johannes 16,26.27. Denn "Gott versöhnte in Christus die Welt mit ihm selber". 2.Korinther 5,19. Und im Dienst des Heiligtums droben herrscht zwischen beiden die Einmütigkeit des Friedens. "ALSO hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." Johannes 3,16. Das Heiligtum nach Daniel 8,14 WHF 119 1 Die Frage: Was ist das Heiligtum? wird in der Heiligen Schrift klar beantwortet. Der Ausdruck "Heiligtum", wie er in der Bibel gebraucht wird, bezieht sich zunächst auf die von Mose als Abbild der himmlischen Dinge errichtete Stiftshütte, und zweitens auf die "größere und vollkommenere Hütte" im Himmel, auf die das irdische Heiligtum hinwies. Mit dem Tode Christi ging der sinnbildliche Dienst zu Ende. Die wahre Stiftshütte im Himmel ist das Heiligtum des Neuen Bundes. Und da die Weissagung aus Daniel 8,14 ihre Erfüllung in diesem Bund findet, muß das Heiligtum, auf das sie sich bezieht, das Heiligtum des Neuen Bundes sein. Am Ende der zweitausenddreihundert Tage, im Jahre 1844, gab es schon seit vielen Jahrhunderten kein Heiligtum mehr auf Erden. Somit deutet die Weissagung: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden" ohne Zweifel auf das Heiligtum im Himmel. WHF 119 2 Aber noch bleibt die wichtigste Frage zu beantworten. Was ist unter der Weihe oder Reinigung des Heiligtums zu verstehen? Das Alte Testament berichtet, daß es einen solchen Dienst am irdischen Heiligtum gab. Aber kann im Himmel irgend etwas zu reinigen sein? In Hebräer 9 wird sowohl die Reinigung des irdischen wie auch des himmlischen Heiligtums deutlich gelehrt: "Denn nach dem Gesetz wird fast alles mit Blut gereinigt, und ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung. Es mußten also die Abbilder der himmlischen Dinge so gereinigt werden; aber sie selbst, die himmlischen Dinge, müssen bessere Opfer haben, als jene waren" (Hebräer 9,22.23) -- nämlich das kostbare Blut Christi. Lehren aus dem sinnbildlichen Dienst WHF 120 1 Die Reinigung mußte sowohl im sinnbildlichen Dienst als auch im wahrhaftigen Dienst durch Blut bewirkt werden; in jenem geschah es durch das Blut von Tieren, in diesem durch das Blut Christi. Paulus nennt den Grund, warum diese Reinigung durch Blut vollzogen werden mußte: denn "ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung". Um das Auslöschen oder Hinwegtun der Sünde geht es in diesem Dienst. Aber wie konnte die Sünde mit dem Heiligtum, sei es im Himmel oder auf Erden, zusammenhängen? Das läßt sich am sinnbildlichen Dienst erkennen; denn die Priester, die ihr Amt auf Erden versahen, dienten "dem Abbilde und Schatten des Himmlischen". Hebräer 8,5. WHF 120 2 Der Dienst im irdischen Heiligtum war ein zweifacher: täglich dienten die Priester im Heiligen, während im Allerheiligsten einmal im Jahr der Hohepriester ein besonderes Werk der Versöhnung zur Reinigung des Heiligtums vollzog. Tag für Tag brachten reumütige Sünder ihre Opfer zur Tür der Stiftshütte, und während sie ihre Hand auf den Kopf des Opfertieres legten, bekannten sie ihre Sünden, die damit bildlich auf das unschuldige Opfer übertragen wurden. Dann wurde das Tier geschlachtet. "Ohne Blutvergießen", sagt der Apostel, "geschieht keine Vergebung." "Des Leibes Leben ist im Blut". 3.Mose 17,11. Das gebrochene Gesetz Gottes forderte das Leben des Übertreters. Das Blut -- es stellte das verwirkte Leben des Sünders dar, dessen Schuld nun das Opfertier trug --, wurde vom Priester in das Heilige getragen und vor den Vorhang gesprengt, hinter dem sich die Bundeslade mit den Tafeln des Gesetzes befand, das der Sünder übertreten hatte. Durch diese Handlung wurde die Sünde durch das Blut sinnbildlich auf das Heiligtum übertragen. In einigen Fällen war es nicht erforderlich, das Blut in das Heilige zu bringen; dann mußte jedoch das Fleisch von dem Priester gegessen werden, wie Mose es für die Söhne Aarons angeordnet hatte. Er sagte: "Der HERR hat es euch gegeben, daß ihr die Schuld der Gemeinde wegnehmen und sie vor ihm entsühnen sollt." 3.Mose 10,17. Beide Handlungen versinnbildeten gleicherweise die Übertragung der Sünde von dem Bußfertigen auf das Heiligtum. WHF 121 1 So geschah der Dienst das ganze Jahr hindurch Tag für Tag. Die Sünden des Volkes Israel wurden auf diese Weise auf das Heiligtum übertragen, und ein besonderer Dienst war erforderlich, um sie zu beseitigen. Gott ordnete an, daß eine Versöhnung für jede der beiden heiligen Abteilungen geschehen sollte. "Und soll so das Heiligtum entsühnen wegen der Verunreinigungen der Kinder Israel und wegen ihrer Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben. So soll er tun der Stiftshütte, die bei ihnen ist inmitten ihrer Unreinheit." Auch der Altar mußte entsühnt werden, um ihn zu "reinigen und heiligen von den Verunreinigungen der Kinder Israel". 3.Mose 16,16.19. Einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag, ging der Priester in das Allerheiligste, um das Heiligtum zu reinigen. Mit diesem Werk wurde die jährliche Runde des Dienstes im Heiligtum vollendet. Am Versöhnungstag wurden zwei Ziegenböcke vor die Tür der Stiftshütte gebracht und das Los über sie geworfen, "ein Los dem HERRN und das andere dem Asasel". 3.Mose 16,8. Der Bock, auf den das Los für den Herrn fiel, mußte als Sündopfer für das Volk geschlachtet werden, und der Priester brachte dann dessen Blut hinter den Vorhang und sprengte es auf den Gnadenstuhl und vor den Gnadenstuhl. Ebenso sprengte er davon auf den Räucheraltar, der vor dem Vorhang stand. WHF 122 1 "Und wenn er die Entsühnung des Heiligtums vollbracht hat, der Stiftshütte und des Altars, so soll er den lebendigen Bock herzubringen. Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm bekennen alle Missetat der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit steht, in die Wüste bringen lassen, daß also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wüste trage." 3.Mose 16,20-22. Der Ziegenbock kam nie mehr zurück in das Lager Israels, und der Mann, der ihn weggeführt hatte, mußte sich und seine Kleider mit Wasser waschen, ehe er ins Lager zurückkehren durfte. WHF 122 2 Die ganze Handlung zielte darauf hin, den Israeliten die Heiligkeit Gottes und seinen Abscheu vor der Sünde einzuprägen und ihnen darüber hinaus zu zeigen, daß keiner mit der Sünde in Berührung kommen kann, ohne sich dadurch zu verunreinigen. Deshalb wurde jeder aufgefordert, in sich zu gehen und Buße zu tun, während das Versöhnungswerk vor sich ging. Alle Arbeit mußte niedergelegt werden, und ganz Israel sollte den Tag in ernster Demütigung vor Gott mit Gebet, Fasten und gründlicher Selbstprüfung zubringen. WHF 122 3 Der sinnbildliche Dienst ließ wichtige Lehren über die Versöhnung offenbar werden. Ein stellvertretendes Opfer wurde statt des Sünders angenommen; aber die Sünde konnte durch das Blut des Opfertieres nicht ausgetilgt werden. Sie wurde dadurch nur auf das Heiligtum übertragen. Durch das Darbringen des Blutes beim Opfer erkannte der Sünder die Macht des Gesetzes an; er bekannte seine Schuld der Übertretung und brachte sein Verlangen nach Vergebung im Glauben an einen zukünftigen Erlöser zum Ausdruck. Dennoch war er von der Verdammung durch das Gesetz noch nicht vollständig befreit. Am Versöhnungstag ging der Hohepriester mit dem Blut dieses Opfers, das er für die ganze Gemeinde dargebracht hatte, in das Allerheiligste und sprengte es auf den Gnadenstuhl, unmittelbar über das Gesetz; damit war dessen Forderungen Genüge geleistet. Dann nahm er in seiner Eigenschaft als Mittler die Sünden auf sich und trug sie aus dem Heiligtum. Er legte seine Hände auf den Kopf des lebenden Bockes, bekannte auf ihn alle Sünden und übertrug sie damit von sich auf den Ziegenbock, den man hinwegjagte. Damit wurden diese Sünden als für immer vom Volk geschieden betrachtet. Ein Gleichnis für die himmlische Wirklichkeit WHF 123 1 So vollzog sich der Dienst an dem "Abbild und Schatten der himmlischen Dinge". Und was sinnbildlich im irdischen Heiligtum getan wurde, geschieht wirklich im Versöhnungsdienst des himmlischen Heiligtums. Nach seiner Himmelfahrt begann unser Heiland seinen Dienst als Hoherpriester. Paulus schreibt: "Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, das mit Händen gemacht ist, welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns." Hebräer 9,24. WHF 123 2 Der Dienst des Priesters das ganze Jahr hindurch in der ersten Abteilung des Heiligtums, hinter dem Vorhang, der wie eine Tür das Heilige vom Vorhof trennte, stellt den Dienst dar, den Christus mit seiner Himmelfahrt angetreten hat. Während des täglichen Dienstes bestand die Aufgabe des Priesters darin, das Blut des Sündopfers vor Gott darzubringen, ebenso den Weihrauch, der mit den Gebeten Israels emporstieg. So machte Christus vor dem Vater sein Blut für die Sünder geltend und bringt mit dem köstlichen Wohlgeruch seiner eigenen Gerechtigkeit auch die Gebete der reumütigen Gläubigen vor Gott dar. Das war der Dienst in der ersten Abteilung des himmlischen Heiligtums. WHF 124 1 Dorthin folgten ihm auch Christi Jünger im Glauben, als er, ihren Blicken entschwindend, gen Himmel fuhr. Hier wurzelt die ihnen "angebotene Hoffnung", von der Paulus sagt: "An ihr haben wir einen sichern und festen Anker unsrer Seele, der hineinreicht bis in das Innere hinter dem Vorhang. Dahin ist als Vorläufer für uns eingegangen Jesus, der ein Hoherpriester geworden ist in Ewigkeit." "Nicht mit der Böcke oder Kälber Blut, sondern durch sein eigen Blut ein für allemal in das Heilige eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben". Hebräer 6,19.20; Hebräer 9,12. Die Reinigung des himmlischen Heiligtums WHF 124 2 Achtzehn Jahrhunderte hindurch wurde dieser Dienst im ersten Teil des Heiligtums fortgeführt. Das Blut Christi legte Fürbitte für reumütige Gläubige ein und gewährte ihnen Vergebung und Annahme beim Vater, doch standen ihre Sünden noch immer in den Büchern verzeichnet. Wie im irdischen Heiligtum am Ende des Jahres ein Versöhnungsdienst stattfand, so muß, ehe Christi Aufgabe für die Erlösung der Menschen vollendet werden kann, ein Versöhnungsdienst stattfinden, durch den die Sünde vom Heiligtum entfernt wird. Dies ist der Dienst, der am Ende der zweitausenddreihundert Tage begann. Zu jener Zeit trat, wie vom Propheten Daniel vorhergesagt wurde, unser großer Hoherpriester in das Allerheiligste, um den letzten Teil seines feierlichen Werkes, die Reinigung des Heiligtums, zu vollziehen. WHF 124 3 Wie die Sünden des Volkes vor alters durch den Glauben auf das Sündopfer gelegt und bildlich durch dessen Blut auf das irdische Heiligtum übertragen wurden, so werden im Neuen Bund die Sünden der Bußfertigen durch den Glauben auf Christus gelegt und damit tatsächlich auf das himmlische Heiligtum übertragen. Und wie im Schattendienst die Reinigung des irdischen Heiligtums sinnbildlich durch das Austilgen der Sünden, durch die es befleckt worden war, vollbracht wurde, so soll die Reinigung des himmlischen durch das Auslöschen oder die Beseitigung der dort aufgezeichneten Sünden vollzogen werden. Ehe dies aber geschehen kann, müssen die Bücher untersucht werden, um zu entscheiden, wer durch Bereuen seiner Sünden und den Glauben an Christus der Gnade der göttlichen Versöhnung teilhaftig werden kann. Die Reinigung des Heiligtums schließt deshalb eine Untersuchung, ein Gericht, ein. Diese Untersuchung muß stattfinden, ehe Christus kommt, um sein Volk zu erlösen; denn wenn er kommt, ist sein Lohn mit ihm, "zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sind". Offenbarung 22,12. WHF 125 1 Die auf das Licht des prophetischen Wortes achteten, erkannten, daß Christus, statt am Ende der zweitausenddreihundert Tage im Jahre 1844 auf die Erde zu kommen, nun im Allerheiligsten das abschließende Werk der Versöhnung zur Vorbereitung seines Kommens aufnahm. WHF 125 2 Man verstand nun, daß der geschlachtete Bock auf Christus als das Opfer hinwies und der Hohepriester Christus den Mittler darstellte, während der andere Ziegenbock Satan, den Urheber der Sünde, versinnbildet, auf den am Ende die Sünden der wahrhaft Reumütigen gelegt werden (siehe dazu: Erläuterung zu Asasel, 126). Wenn der Hohepriester durch das Blut des Sündopfers die Sünden aus dem Heiligtum beseitigt hatte, legte er sie auf den Sündenbock. Wenn Christus am Ende seines Dienstes durch sein eigenes Blut die Sünden seines Volkes aus dem himmlischen Heiligtum fortnimmt, wird er sie zuletzt auf Satan legen, der bei der Vollstreckung des Gerichts die endgültige Strafe tragen muß. Der Sündenbock wurde in die Wüste gejagt, damit er nie wieder in die Gemeinschaft der Kinder Israel zurückkommen konnte. Ebenso wird Satan auf ewig aus der Gegenwart Gottes und seines Volkes verbannt und bei der endgültigen Vernichtung der Sünde und der Sünder vertilgt werden. Erläuterungen zu Asasel aus Questions on Doctrine, 1957 WHF 126 1 Das Verfahren mit Asasel (3.Mose 16,8) entspringt dem Heiligtumsdienst, wie er Jahr für Jahr im alten Israel durchgeführt wurde. Dieser Dienst bestand aus sinnbildlichen Handlungen oder prophetisch zu deutenden Gleichnissen, die Gottes Heilsbotschaft veranschaulichten. So sehen wir schon im Passalamm ein Sinnbild auf Christus, unser Passalamm (1.Korinther 5,7), das für uns geopfert wurde. Der Dienst der Priester steht gleichnishaft für unseren großen Hohenpriester Jesus Christus, der nach seiner Selbsthingabe auf Golgatha heute für uns im Himmel dient. (Hebräer 8-9.) WHF 126 2 Nach 3.Mose 16 waren für den Dienst am großen Versöhnungstage zwei Böcke vorgesehen. Einer bewirkte sinnbildlich die Versöhnung der Sünden. Der andere Bock, der für Asasel, wurde nicht getötet, sondern am Leben gelassen; infolgedessen konnte er auch keine Versöhnung für irgendeine Sünde erwirken. WHF 126 3 Der erste Bock war ein Symbol für Jesus Christus, der am Kreuz die Versöhnung unserer Sünden schuf. Der andere Bock versinnbildete Satan, der nicht nur die Verantwortung für seine eigenen Sünden zu tragen hat, sondern auch mitschuldig ist an all den Sünden, zu denen er sowohl Gerechte als auch Gottlose verführte. WHF 126 4 Zwei Böcke waren erforderlich und wurden am Versöhnungstag benötigt, weil es eine zweifache Verantwortlichkeit für die Sünden gibt: Erstens meine persönliche Verantwortung als Ausführender, Helfer oder Werkzeug der Sünde; und zweitens Satans Verantwortung als Anstifter oder Verführer. In ihm hat die Sünde ihren Ursprung. Als Satan unsere ersten Eltern verführte, von der verbotenen Frucht zu nehmen und zu essen, trugen sowohl er wie auch sie eine unleugbare Verantwortung: er als Anstifter und sie als die Ausführenden. Ähnlich war es zu allen Zeiten: Satan ist in jede Sünde als Mitverantwortlicher einbezogen, als Urheber, Anstifter oder Versucher. (Johannes 8,44; Römer 6,16; 1.Johannes 3,8.) WHF 127 1 Was nun meine Sünden betrifft, so ist Christus für meine Sünden gestorben. (Römer 5,8.) Er wurde um meiner Missetat willen verwundet und trug meine Sünde. (Jesaja 53.) Er nahm meine Verantwortung auf sich, und sein Blut allein reinigt mich von aller Sünde. (1.Johannes 1,7.) Die Versöhnung meiner Sünde geschieht allein durch das Blut Christi. WHF 127 2 Für Satans Sünde, seine Verantwortlichkeit als Anstifter und Versucher gibt es keine Erlösung. Dafür muß er die volle Strafe tragen. Für ihn gibt es keinen Erlöser oder Stellvertreter, der seine Strafe auf sich nehmen kann. Er selbst muß für die Sünde "sühnen", daß er alle Menschen zur Sünde verführte; ähnlich wie ein Anführer einer Verbrecherbande am Galgen für die Vergehen büßen muß, zu denen er andere verführte. Einzig und allein in diesem Sinne dürfen wir die Worte aus 3.Mose 16,10 über Asasel verstehen, "... daß er über ihm Sühne vollziehe". Die Gerechtigkeit erfordert, daß, wenn Christus für meine Schuld leidet, Satan als ihr Urheber bestraft werden muß. WHF 127 3 Aus diesem Grunde brauchte man am großen Versöhnungstag zwei Böcke. Einer war "für den Herrn" (3.Mose 16,7) und schaffte durch das Vergießen seines Blutes sinnbildlich die Versöhnung; der andere war "für Asasel". 3.Mose 16,8. Nach dem Text standen sie in krassem Gegensatz zueinander. WHF 127 4 Der eine versinnbildete unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus, der an unserer Statt getötet wurde und all unsere Sündenschuld sowie die dafür bestimmte Strafe stellvertretend trug. Auf diese Weise schuf er eine vollkommene Versöhnung für unsere Sünden. Der andere Bock steht für Satan, auf dessen Haupt schließlich nicht nur seine eigenen Sünden zurückfallen, sondern auch die Verantwortung für all die Sünden, zu denen er andere verführte. WHF 128 1 Auf zwei weitere wichtige Punkte sei nachdrücklich hingewiesen: 1. Das Verfahren mit dem lebenden Bock (oder Asasel) wurde erst durchgeführt, nachdem die Versöhnung für die Sünden des Volkes vollzogen und damit die Versöhnung abgeschlossen war. 2. Der Bock für Asasel wurde nicht getötet und konnte darum weder Sühnemittel noch irgendeine stellvertretende Versöhnung bewirken. Ohne Blutvergießen gibt es keine Versöhnung. (Hebräer 9,22.) Von dem lebendigen Bock wurde kein Blut vergossen und zur Versöhnung dargebracht; weder ins Heiligtum gebracht noch vor dem Herrn gesprengt oder auf die Hörner des Altars gestrichen. Satan schafft keinerlei Versöhnung für unsere Sünden. Er wird aber am Ende die auf ihn zurückfallende Strafe auf Grund seiner Verantwortung für die Sünden aller Menschen -- der Gerechten wie auch der Ungerechten -- auf sich nehmen müssen. ------------------------Kapitel 8: Unser Hoherpriester im Allerheiligsten WHF 130 1 Die biblische Lehre vom Heiligtum wurde der Schlüssel, um das Geheimnis der Enttäuschung des Jahres 1844 verstehen zu können. Eine umfassende Schau der biblischen Wahrheit wurde dadurch ermöglicht und gab die Gewißheit, daß Gott die Adventbewegung geleitet hatte und die gegenwärtige Aufgabe des Volkes Gottes offenbarte. Gleichwie Jesu Jünger nach der schrecklichen Nacht des Kummers und der Enttäuschung froh wurden, "daß sie den Herrn sahen" (Johannes 20,20), so freuten sich nun jene, die ihm im Glauben auf seine Wiederkunft entgegengesehen hatten. Sie hatten sein Kommen in Glanz himmlischer Herrlichkeit erwartet, um als seine Knechte belohnt zu werden. Als sich ihre Hoffnungen zerschlagen hatten, verloren sie Jesus aus den Augen und riefen wie einst Maria am Grabe: "Sie haben meinen Herrn weggenommen ..., und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben." Nun aber sahen sie ihren barmherzigen Hohenpriester, der bald als König und Erretter erscheinen wird, im Allerheiligsten. Das Licht, das sie aus dem Heiligtum empfingen, erhellte ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie wußten, daß sie Gott in seiner Vorsehung geführt hatte. Wenn sie auch wie die ersten Jünger die ihnen aufgetragene Botschaft nicht völlig verstanden, so war sie doch richtig gewesen. Durch ihre Verkündigung hatten sie Gottes Absicht erfüllt, und ihre Arbeit war vor dem Herrn nicht vergebens gewesen. "Wiedergeboren ... zu einer lebendigen Hoffnung", freuten sie sich "mit unaussprechlicher und herrlicher Freude". 1.Petrus 1,3.8. WHF 131 1 Sowohl die Weissagung in Daniel 8,14: "Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden" als auch die erste Engelsbotschaft: "Fürchtet Gott und gebet ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen" wiesen auf den Dienst Christi im Allerheiligsten, auf das Untersuchungsgericht hin, nicht aber auf das Kommen Christi zur Erlösung seines Volkes und zur Vernichtung der Gottlosen. Der Fehler lag nicht in der Berechnung der prophetischen Zeitangaben, sondern in dem Ereignis, das am Ende der zweitausenddreihundert Tage stattfinden sollte. Durch diesen Irrtum hatten die Gläubigen die große Enttäuschung erlitten, obwohl sich alles, was durch die Weissagung vorhergesagt war und was sie nach der Schrift erwarten konnten, erfüllt hatte. Zur selben Zeit, als sie den Fehlschlag ihrer Hoffnungen beklagten, hatte das vorhergesagte Ereignis stattgefunden, das sich erfüllen mußte, ehe der Herr erscheinen konnte. WHF 131 2 Christus war nicht auf die Erde gekommen, wie sie erwartet hatten, sondern -- wie im sinnbildlichen Opferdienst angedeutet -- hatte er im Allerheiligsten des Tempels im Himmel den abschließenden Mittlerdienst aufgenommen. Der Prophet Daniel schreibt darüber, wie Christus zu dieser Zeit "zu dem Alten an Tagen" kommt: "Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn" -- nicht zur Erde, sondern er "gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht". Daniel 7,13. WHF 132 1 Von diesem Kommen weissagte auch der Prophet Maleachi: "Und bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt! spricht der HERR Zebaoth." Maleachi 3,1. Das Kommen des Herrn zu seinem Tempel geschah für seine Kinder plötzlich und unerwartet. Dort suchten sie ihn nicht, sondern sie erwarteten sein Kommen zur Erde "in Feuerflammen mit der Macht seiner Engel, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen wollen, und an denen, die nicht gehorsam sind dem Evangelium unsres Herrn Jesus". 2.Thessalonicher 1,7.8. WHF 132 2 Aber das Volk war noch nicht bereit, dem Herrn zu begegnen. Sie mußten zunächst darauf vorbereitet werden. Ihre Gedanken sollten durch das Licht, das ihnen zuteil wurde, auf den Tempel Gottes im Himmel gerichtet werden. Folgten sie im Glauben dem Dienst, den der Hohepriester verrichtete, so sollten ihnen neue Aufgaben gezeigt werden. Die Gemeinde sollte noch weiter unterwiesen werden und eine Warnungsbotschaft empfangen. WHF 132 3 Der Prophet sagt: "Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer eines Schmelzers und wie die Lauge der Wäscher. Er wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen, er wird die Söhne Levi reinigen und läutern wie Gold und Silber. Dann werden sie dem HERRN Opfer bringen in Gerechtigkeit." Maleachi 3,2.3. Wenn die Fürbitte Christi im Heiligtum droben aufhören wird, werden alle, die auf Erden leben, vor den Augen des heiligen Gottes ohne Mittler stehen. Dann müssen ihre Kleider fleckenlos, ihr Charakter durch das Blut der Besprengung von Sünde gereinigt sein. Durch Gottes Gnade müssen sie als Sieger aus dem Kampf mit dem Bösen hervorgegangen sein. Während das Untersuchungsgericht im Himmel vor sich geht und die Sünden reumütiger Gläubiger aus dem Heiligtum entfernt werden, muß das Volk Gottes auf Erden gereinigt werden. Das wird besonders klar in den Botschaften von Offenbarung 14 ausgesagt. WHF 133 1 Nachdem diese Zurüstung geschehen ist, werden die Nachfolger Christi bereit sein für sein Kommen. "Und es wird dem HERRN wohlgefallen das Opfer Judas und Jerusalems wie vormals und vor langen Jahren." Maleachi 3,4. Dann wird die Gemeinde, die der Herr bei seinem Kommen zu sich nehmen wird, eine Gemeinde sein, "die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen". Epheser 5,27. Dann wird man von ihr sagen: "Wer ist sie, die hervorbricht wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, gewaltig wie ein Heer?" Hohelied 6,10. WHF 133 2 Außer dem Kommen des Herrn zu seinem Tempel prophezeit Maleachi auch seine Wiederkunft und die Durchführung des Gerichts mit folgenden Worten: "Und ich will zu euch kommen zum Gericht und will ein schneller Zeuge sein gegen die Zauberer, Ehebrecher, Meineidigen und gegen die, die Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, Witwen und Waisen und die den Fremdling drücken und mich nicht fürchten, spricht der HERR Zebaoth." Maleachi 3,5. Auf dasselbe Ereignis verweist Judas: "Siehe, der Herr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Gottlosen für alle Werke ihres gottlosen Wandels, womit sie gottlos gewesen sind, und für all das Freche, das die gottlosen Sünder wider ihn geredet haben." Judas 14,15. Die Wiederkunft und das Kommen des Herrn zu seinem Tempel sind zwei völlig verschiedene Ereignisse. Auf die Bibel gegründet WHF 133 3 Der Eingang Jesu Christi, unseres Hohenpriesters, in das Allerheiligste, um das Heiligtum zu reinigen, wie es in Daniel 8,14 dargelegt ist, sowie das Kommen des Menschensohnes zu dem Hochbetagten, auf das in Daniel 7,13 hingewiesen wird; ebenso das Kommen des Herrn zu seinem Tempel, wie es Maleachi voraussagt, sind Beschreibungen ein und desselben Ereignisses, das auch durch das Erscheinen des Bräutigams zur Hochzeit dargestellt wird, wie es von Christus in dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen in Matthäus 25 beschrieben ist. WHF 134 1 Im Gleichnis nahmen sie, welche Öl in ihren Gefäßen und ihren Lampen hatten, an der Hochzeit teil. Diejenigen, die mit der Erkenntnis der Wahrheit aus der Heiligen Schrift auch den Geist und die Gnade Gottes besaßen, die in der Nacht der bitteren Prüfung geduldig gewartet und in der Bibel nach klarer Erkenntnis geforscht hatten, fanden die Wahrheit, die das Heiligtum im Himmel und den besonderen Dienst des Heilandes betrifft. Im Glauben folgten sie seinem abschließenden Dienst im himmlischen Heiligtum. Und alle, die durch das Zeugnis der Heiligen Schrift diese Erkenntnis annehmen und Christus im Glauben folgen, wenn er vor Gott tritt, um das letzte Werk der Fürsprache zu vollziehen und dann das Reich zu empfangen, sind sinnbildlich diejenigen, die hineingehen zur Hochzeit. WHF 134 2 In Matthäus 22 wird das gleiche Bild der Hochzeit angewandt. Dabei wird deutlich gezeigt, daß das Untersuchungsgericht vor der Hochzeit stattfindet. Vor der Hochzeit ging der König hinein, um zu sehen (Matthäus 22,11), ob alle Gäste das hochzeitliche Kleid angelegt haben, das fleckenlose Gewand, das gewaschen und hell gemacht ist "im Blut des Lammes". Offenbarung 7,14. Wer nicht mit diesem Gewand bekleidet ist, wird hinausgeworfen; aber alle, die bei der Prüfung das hochzeitliche Kleid tragen, wird Gott annehmen und für würdig erachten, Anteil zu haben an seinem Reich und mit ihm auf seinem Thron zu sitzen. Diese Prüfung, die Entscheidung darüber, wer für das Reich Gottes bereit ist, ist das Untersuchungsgericht, das abschließende Werk im himmlischen Heiligtum. WHF 135 1 Wenn diese Untersuchung beendet ist und nach sorgfältiger Prüfung über einen jeden entschieden ist, der vorgab ein Nachfolger Christi zu sein, dann und nicht eher wird die Prüfungszeit zu Ende gehen und die Gnadentür geschlossen werden. So führt uns der kurze Satz: "Und die bereit waren, gingen mit hinein zur Hochzeit, und die Tür ward verschlossen" durch den letzten Dienst Christi bis hin zur Vollendung des großen Erlösungswerkes. Der Dienst im Heiligtum WHF 135 2 Der Dienst im irdischen Heiligtum, der ein Abbild des Dienstes im himmlischen war, wurde in der ersten Abteilung abgeschlossen, wenn der Hohepriester am Versöhnungstag das Allerheiligste betrat. Gott befahl: "Kein Mensch soll in der Stiftshütte sein, wenn er hineingeht, Sühne zu schaffen im Heiligtum, bis er herauskommt." 3.Mose 16,17. So beschloß Christus, als er das Allerheiligste betrat, um die letzte Aufgabe der Versöhnung zu vollziehen, den ersten Abschnitt seines Dienstes. Doch damit begann unmittelbar der abschließende Dienst im Allerheiligsten. Im Schattendienst ging der Hohepriester am Versöhnungstag vom Heiligen hinein an den Ort der Gegenwart Gottes, um für alle Israeliten, die aufrichtig ihre Sünden bereuten, das Blut des Sündopfers darzubringen. So hatte Christus zunächst einen Abschnitt seines Werkes als unser Vermittler vollendet, um dann den andern Abschnitt desselben Werkes zu beginnen; und immer noch bittet er vor seinem Vater durch sein Blut für die Sünder. WHF 135 3 Das verstanden die Adventgläubigen im Jahre 1844 noch nicht. Nachdem die Zeit verstrichen war, da sie Christus erwarteten, glaubten sie noch immer, daß sein Kommen nahe sei; sie nahmen an, daß eine bedeutsame Entscheidung herangekommen und das Versöhnungswerk Christi vor Gott beendet sei. Es schien ihnen, die Bibel lehre, daß die Prüfungszeit des Menschen kurz vor dem sichtbaren Kommen des Herrn in den Wolken des Himmels zu Ende ginge. Dies glaubten sie aus jenen Schriftstellen herauszulesen, die auf eine Zeit hindeuten, in der Menschen die Tür der Gnade suchen werden, wenn sie anklopfen und rufen, ihnen aber nicht geöffnet wird. Sie fragten sich nun, ob die Zeit, zu der sie die Wiederkunft Christi erwartet hatten, nicht vielmehr der Anfang des Zeitabschnittes war, der unmittelbar seinem Kommen vorausgehen sollte. Da sie die Warnungsbotschaft von dem nahenden Gericht verkündigt hatten, meinten sie, daß ihre Aufgabe für die Welt getan sei. Die Verantwortung für die Errettung von Sündern verloren sie aus den Augen, zumal das freche und lasterhafte Spotten der Gottlosen ein weiterer Beweis dafür zu sein schien, daß sich der Geist Gottes von den Verächtern seiner Gnade zurückgezogen hat. All dies bestärkte sie in der Überzeugung, daß die Gnadenzeit beendet sei, wie sie sich damals ausdrückten, daß "die Tür der Gnade verschlossen" sei. Eine andere Tür geöffnet WHF 136 1 Aber mit der Untersuchung der Heiligtumsfrage gewannen sie klarere Erkenntnis. Sie sahen jetzt, daß sie in ihrer Überzeugung recht hatten, daß das Ende der zweitausenddreihundert Jahre im Jahre 1844 auf eine bedeutende Entscheidung hinweist. Wenn es auch zutraf, daß die Tür der Hoffnung und Gnade, durch die die Menschen achtzehnhundert Jahre lang Zugang zu Gott gefunden hatten, geschlossen war, so war doch eine andere Tür geöffnet worden. Vergebung der Sünde wurde den Menschen durch die Vermittlung Christi im Allerheiligsten angeboten. Ein Abschnitt seines Dienstes war beendet, aber der andere war nun an seine Stelle getreten. Noch immer gab es eine "offene Tür" zum himmlischen Heiligtum, wo Christus um der Sünder willen dient. WHF 137 1 Das wurde auch deutlich durch die Worte Christi aus der Offenbarung: "Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen." Offenbarung 3,7.8. WHF 137 2 Alle, die Christus durch den Glauben in dem großen Erlösungswerk folgen, empfangen die Segnungen seines Mittlerdienstes. Wer aber die Erkenntnis verwirft, die uns über seinen Dienst gegeben wird, kann keinen Anteil daran haben. Die Juden, die das Licht der Erkenntnis zurückwiesen, das ihnen bei der ersten Ankunft Christi gegeben wurde, und sich weigerten, an ihn als den Heiland der Welt zu glauben, konnten durch ihn keine Vergebung erlangen. Als Jesus nach seiner Himmelfahrt durch sein eigenes Blut in das himmlische Heiligtum trat, um seinen Jüngern die Segnungen seiner Fürbitte zu schenken, verblieben die Juden in völliger Blindheit und setzten ihre nutzlosen Opfer und Gaben fort. Doch der sinnbildliche Dienst hatte ein Ende gefunden. Jene Tür, durch die die Menschen früher Zugang zu Gott gefunden hatten, stand nicht mehr offen. Die Juden hatten es abgelehnt, den Herrn auf dem einzigen Weg zu suchen, auf dem er zu finden war: durch den Dienst im himmlischen Heiligtum. Deshalb fanden sie keine Gemeinschaft mit Gott. Für sie war die Tür verschlossen. Sie erkannten in Christus nicht das wahre Opfer und den einzigen Mittler vor Gott und konnten deshalb auch nicht die Gnade und Barmherzigkeit seiner Fürsprache empfangen. WHF 137 3 Der Zustand der ungläubigen Juden veranschaulicht die Verfassung der Sorglosen und Ungläubigen unter den angeblichen Christen, die absichtlich nichts von dem Werk unseres gnädigen Hohenpriesters wissen wollen. Wenn im sinnbildlichen Dienst der Hohepriester das Allerheiligste betrat, wurden alle Israeliten aufgefordert, sich um das Heiligtum zu versammeln und sich in ernster Reue vor Gott zu demütigen, damit sie Vergebung ihrer Sünden empfingen und nicht aus der Gemeinde ausgeschlossen würden. Darum ist es außerordentlich wichtig, daß wir durch den sinnbildlichen Dienst am Versöhnungstag das Werk unseres Hohenpriesters verstehen und erkennen, was Gott heute von uns erwartet. Die Ablehnung der Warnungsbotschaft Gottes und ihre Folgen WHF 138 1 Niemals können Menschen ungestraft Gottes Warnungen verwerfen, die er ihnen in seiner Gnade gegeben hat. In den Tagen Noahs wurde der Welt eine Botschaft vom Himmel gesandt, und ihre Rettung hing davon ab, wie sie sich zu dieser Warnungsbotschaft verhielt. Als sie diese Mahnung verwarf, zog sich der Geist Gottes von jenem sündigen Geschlecht zurück, und es kam um in den Wassern der Sintflut. In den Tagen Abrahams hatte die Gnade Gottes mit den schuldbeladenen Einwohnern Sodoms ein Ende gefunden. Alle, außer Lot mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, wurden vom Feuer verzehrt, das vom Himmel herabfiel. So war es auch in den Tagen Christi. Der Sohn Gottes sagte den ungläubigen Juden jenes Geschlechts voraus: "Euer Haus soll euch wüste gelassen werden." Matthäus 23,38. Im Blick auf die letzten Tage spricht der Allmächtige von denen, die "die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben zu ihrer Rettung": ‚Darum sendet ihnen Gott auch kräftige Irrtümer, daß sie glauben der Lüge, auf daß gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern hatten Lust an der Ungerechtigkeit'. 2.Thessalonicher 2,10-12. Da sie die Lehren seines Wortes verwerfen, zieht Gott seinen Geist zurück und überläßt sie den Irrtümern, die sie lieben. WHF 139 1 Noch versieht Christus seinen Mittlerdienst für die Menschen und gibt Erkenntnis all denen, die danach suchen. Obwohl das die Adventgläubigen zuerst nicht erfaßten, wurde es ihnen später klar, als sie die Schriftstellen verstanden, die ihnen ihren wahren Standort offenbarten. WHF 139 2 Nach Ablauf des Jahres 1844 folgte ein Abschnitt großer Prüfung für alle, die noch immer am Adventglauben festhielten. Ihr einziger Trost, soweit dies die Gewißheit ihres Glaubens betraf, war das Licht, das ihre Aufmerksamkeit auf das himmlische Heiligtum richtete. Manche sagten sich von ihrem früheren Verständnis der prophetischen Zeitrechnung los und schrieben den gewaltigen Einfluß des Heiligen Geistes, der die Adventbewegung begleitet hatte, menschlichen oder gar satanischen Kräften zu. Andere hielten unerschütterlich daran fest, daß der Herr sie in der Vergangenheit geführt hat; und da sie weiter warteten, wachten und beteten, um den Willen des Herrn zu erfahren, sahen sie, daß ihr großer Hoherpriester einen andern Abschnitt seines Dienstes angetreten hatte. Im Glauben schauten sie zu ihm auf und verstanden nun auch das abschließende Werk der Gemeinde. Die erste und zweite Engelsbotschaft wurde ihnen klarer, und sie waren vorbereitet, nun der Welt die ernste Warnung des dritten Engels aus Offenbarung 14 zu verkünden. Das Heiligtum und der Sabbat WHF 139 3 "Der Tempel Gottes im Himmel ward aufgetan, und die Lade seines Bundes ward in seinem Tempel gesehen." Offenbarung 11,19. Die Lade des Bundes Gottes steht im Allerheiligsten, der zweiten Abteilung des Heiligtums. Im bildhaften Dienst der irdischen Stiftshütte, der "dem Vorbild und dem Schatten des Himmlischen" diente, wurde diese Abteilung nur am großen Versöhnungstag zur Reinigung des Heiligtums geöffnet. Darum verweist die Ankündigung, daß der Tempel Gottes im Himmel geöffnet und die Lade des Bundes darin gesehen wurde, auf das Auftun des Allerheiligsten im himmlischen Heiligtum, auf das Jahr 1844, als Christus dort eintrat und das Schlußwerk der Versöhnung begann. Wer im Glauben dem großen Hohenpriester folgte, als er seinen Dienst im Allerheiligsten antrat, schaute auch die Bundeslade. Durch das Studium der Heiligtumsfrage verstanden nun die Gläubigen, daß der Heiland einen weiteren Abschnitt seines Dienstes aufgenommen hatte und erkannten, daß er jetzt vor der Lade Gottes diente und dort mit seinem Blut für die Sünder eintrat. WHF 140 1 Die Lade in der Stiftshütte auf Erden enthielt die zwei steinernen Tafeln, auf denen die Gebote Gottes eingegraben waren. Die Bundeslade diente lediglich zur Aufbewahrung der Gesetzestafeln; doch das verlieh ihr gerade Wert und Heiligkeit. Als der Tempel Gottes im Himmel geöffnet wurde, war dort die Lade des Bundes zu sehen. Im Allerheiligsten des himmlischen Heiligtums wird das göttliche Gesetz unverletzlich aufbewahrt, das Gesetz, das unter Donner am Sinai von Gott selbst gesprochen und auf steinerne Tafeln geschrieben worden war. WHF 140 2 Das Gesetz Gottes im himmlischen Heiligtum ist die große Urschrift. Die auf steinerne Tafeln geschrieben und danach in den Büchern Mose verzeichneten Gebote waren davon eine untrügliche Abschrift. Wem das Verständnis für diese bedeutsame Tatsache aufging, der erkannte auch die Heiligkeit und Unveränderlichkeit des göttlichen Gesetzes. Ihm wurde bewußt, mit welchem Nachdruck der Heiland die Worte gesagt hatte: "Bis daß Himmel und Erde vergehe, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis daß es alles geschehe." Matthäus 5,18. Das Gesetz Gottes als Offenbarung seines Willens ist Ausdruck seines Wesens; es ist daher auch ewig so, wie "der treue Zeuge" im Himmel. Nicht ein Gebot ist aufgehoben; nicht der kleinste Buchstabe verändert worden. Der Psalmist sagt: "HERR, dein Wort bleibt ewiglich, soweit der Himmel reicht." "Alle seine Ordnungen sind beständig. Sie stehen fest für immer und ewig". Psalm. 119,89; 111,7.8. WHF 141 1 Inmitten der Zehn Gebote steht das vierte Gebot, wie es ursprünglich verkündigt wurde: "Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN ... Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn." 2.Mose 20,8-11. WHF 141 2 Gottes Geist wirkte nachhaltig in den Herzen jener, die sein Wort erforschten. Sie gewannen die Überzeugung, daß sie dieses Gebot unwissentlich übertreten und den Ruhetag des Schöpfers mißachtet hatten. Nun prüften sie die Gründe für die Feier des ersten Wochentages statt des von Gott geheiligten Sabbats. Sie fanden aber in der Heiligen Schrift keinen Hinweis für die Aufhebung oder Veränderung des vierten Gebotes. Der Segen, der auf der Heiligung des siebenten Tages liegt, war ihm nie entzogen worden. Die Suchenden waren aufrichtig bemüht, Gottes Willen zu erfahren und danach zu handeln. Dabei erkannten sie sich als Übertreter des Gesetzes. Reue erfüllte ihre Herzen, und fortan bewiesen sie ihre Treue zu Gott durch die Heiligung des Sabbats. WHF 142 1 Gegen diese ihre Glaubensüberzeugung wurden ernste Angriffe geführt. Man konnte jedoch unmöglich daran vorbeigehen, daß, wenn das irdische Heiligtum ein Abbild des himmlischen war, auch das in der irdischen Bundeslade aufbewahrte Gesetz dem in der himmlischen Bundeslade entsprach. Diese Erkenntnis über das himmlische Heiligtum schloß die Anerkennung der Forderungen des göttlichen Gesetzes mit ein und damit auch die Verpflichtung gegenüber dem Sabbat des vierten Gebotes. Hier lag die Ursache für den scharfen und entschiedenen Widerstand gegen die Aussagen der Heiligen Schrift über den Dienst Christi im himmlischen Heiligtum. Menschen versuchten die Tür zu schließen, die Gott geöffnet hatte, und die Tür zu öffnen, die er geschlossen hatte. Aber "der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf", hatte gesagt: "Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen". Offenbarung 3,7.8. Christus hatte die Tür geöffnet und damit den Dienst im Allerheiligsten aufgenommen. Licht strahlte aus jener offenen Tür des himmlischen Heiligtums und zeigte, daß auch das vierte Gebot zu dem dort aufbewahrten Gesetz gehört. Was Gott gesagt hat, kann kein Mensch aufheben. WHF 142 2 Die nun die biblische Wahrheit über den Mittlerdienst Christi und die Unveränderlichkeit des Gesetzes Gottes angenommen hatten, fanden, daß auch Offenbarung 14 auf diese Wahrheit hinwies. Die Botschaften Gottes in diesem Kapitel enthalten eine dreifache Warnung, um die Bewohner der Erde auf die Wiederkunft des Herrn vorzubereiten. Die Ankündigung: "Die Stunde seines Gerichts ist gekommen" deutet auf das abschließende Vermittlungswerk Christi zur Erlösung der Menschen hin. Diese Botschaft muß verkündigt werden, bis der Mittlerdienst des Heilandes aufhört und er zur Erde kommen wird, um sein Volk zu sich zu nehmen. WHF 143 1 Das Gerichtsgeschehen, das im Jahre 1844 seinen Anfang nahm, wird so lange dauern, bis die Entscheidung über jeden einzelnen der Lebenden und der Toten getroffen sein wird, also bis zum Ende der Gnadenzeit. Damit die Menschen vorbereitet sind, um im Gericht zu bestehen, fordert die Botschaft: "Fürchtet Gott und gebet ihm die Ehre", "und betet den an, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserbrunnen". Das Ergebnis der Annahme dieser göttlichen Botschaft wird zusammengefaßt in den Worten: "Hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus." Um auf das Gericht vorbereitet zu sein, ist es nötig, die Gebote Gottes zu beachten. Sie sind der Maßstab für die Beurteilung des Menschen im Gericht. Gottes Botschaft über das Heiligtum und die Unveränderlichkeit seines Gesetzes erfüllte alle, die sie angenommen hatten, mit Freude und Staunen. Sie erkannten, wie übereinstimmend und klar die biblische Wahrheit ist. ------------------------Kapitel 9: Christi abschließender Dienst im himmlischen Heiligtum WHF 144 1 Auf Gottes Weisung wurde durch die Predigt der ersten Engelsbotschaft eine bestimmte Zeit für das Gericht verkündigt. Die Berechnung der prophetischen Zeitangaben, auf die sich diese Botschaft gründete und die den Ablauf der zweitausenddreihundert Tage in den Herbst des Jahres 1844 legt, ist zweifellos richtig. WHF 144 2 "Ich sah", schreibt der Prophet Daniel, "wie Throne aufgestellt wurden, und einer, der uralt war, setzte sich. Sein Kleid war weiß wie Schnee und das Haar auf seinem Haupt rein wie Wolle; Feuerflammen waren sein Thron und dessen Räder loderndes Feuer. Und von ihm ging aus ein langer feuriger Strahl. Tausendmal Tausende dienten ihm, und zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm. Das Gericht wurde gehalten, und die Bücher wurden aufgetan". Daniel 7,9.10. WHF 144 3 So wurde dem Propheten im Gesicht der große und feierliche Tag offenbart, an dem das Wesen und Leben eines jeden Menschen von dem großen Richter des Alls geprüft und jedem nach "seinen Werken" zugemessen werden wird. Der Uralte ist Gott der Vater. Der Psalmist sagt von ihm: "Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit." Psalm 90,2. Er selbst, die Quelle des Lebens und Urheber aller Gesetze, wird im Gericht den Vorsitz führen. Heilige Engel "tausendmal Tausende und zehntausendmal Zehntausende", werden diesem großen Gericht als Diener und Zeugen beiwohnen. WHF 145 1 "Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Der gab ihm Macht, Ehre und Reich, daß ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende." Daniel 7,13.14. WHF 145 2 Das hier beschriebene Kommen Christi ist nicht seine Wiederkunft zur Erde. Er kommt zu dem "Uralten" im Himmel, um Macht, Ehre und Reich zu empfangen, die ihm am Ende seines Mittlerdienstes gegeben werden. Von diesem Kommen, und nicht von seiner Wiederkunft zur Erde, wird in der Weissagung bezeugt, daß es am Ende der zweitausenddreihundert Tage, also im Jahre 1844, stattfinden werde. In Begleitung himmlischer Engel betritt unser Hoherpriester das Allerheiligste und erscheint dort vor Gott, um die letzten Handlungen seines Dienstes für die Menschen vorzubereiten und das Untersuchungsgericht durchzuführen. Dabei wird er für alle eine Versöhnung erwirken, die sich ihrer würdig erweisen. Wer wird geprüft? WHF 145 3 Im sinnbildlichen Dienst hatten nur diejenigen Anteil am Dienst des Versöhnungstages, die zu Gott kamen, um zu bekennen und zu bereuen, und deren Sünden durch das Blut des Sündopfers auf das Heiligtum übertragen worden waren. So betrifft auch der abschließende Dienst der Versöhnung und des Untersuchungsgerichts nur diejenigen, die sich zum bekennenden Volk Gottes zählen. Das Gericht über die Heilsverächter ist davon gesondert und wird zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. "Denn es ist Zeit, daß anfange das Gericht an dem Hause Gottes. Wenn aber zuerst an uns, was will's für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben?" 1.Petrus 4,17. WHF 146 1 Die Bücher des Himmels, in denen die Namen und Taten der Menschen verzeichnet stehen, sind ausschlaggebend für die Entscheidungen des Gerichts. Der Prophet Daniel sagt: "Das Gericht wurde gehalten, und die Bücher wurden aufgetan." Der Schreiber der Offenbarung schildert dasselbe Geschehen und fügt hinzu: "Und ein andres Buch ward aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was geschrieben steht in den Büchern, nach ihren Werken." Offenbarung 20,12. Das Buch des Lebens enthält die Namen aller, die jemals Gott im Glauben nachfolgten. Jesus sagte zu seinen Jüngern: "Freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind." Lukas 10,20. Paulus spricht von seinen getreuen Mitarbeitern, deren "Namen in dem Buch des Lebens sind". Philipper 4,3. Im Hinblick auf eine noch nicht dagewesene Trübsalszeit erklärt Daniel: "Zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch des Lebens geschrieben stehen." Daniel 12,1. In der Offenbarung heißt es, daß nur solche Menschen in die Stadt Gottes einziehen dürfen, "die geschrieben sind in dem Lebensbuch des Lammes". Offenbarung 21,27. WHF 146 2 Maleachi weist auf ein "Gedenkbuch" hin, das vor dem Herrn geschrieben ist, in dem die guten Taten derer berichtet sind, die "den HERRN fürchten und an seinen Namen gedenken". Maleachi 3,16. Ihre Worte des Glaubens, ihre Taten der Liebe sind im Himmel verzeichnet. Darauf nimmt auch Nehemia Bezug, wenn er sagt: "Gedenke, mein Gott, um dessentwillen an mich und lösche nicht aus, was ich in Treue am Hause meines Gottes und für den Dienst in ihm getan habe!" Nehemia 13,14. Im Gedenkbuch Gottes wird jede gerechte Tat festgehalten. Jede bestandene Versuchung, jedes überwundene Übel, jedes Wort herzlichen Mitgefühls ist dort gewissenhaft berichtet; wie auch jede aufopfernde Tat und alle Leiden und Schmerzen, die um Christi willen ertragen wurden. Der Psalmist sagt: "Zähle die Tage meiner Flucht; sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie." Psalm 56,9. WHF 147 1 Ebenso wird dort Bericht über die Sünden der Menschen geführt. "Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse." Prediger 12,14. Der Heiland sagt: "Die Menschen müssen Rechenschaft geben am Tage des Gerichts von einem jeglichen nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden." Matthäus 12,36.37. Selbst die verborgenen Absichten und Beweggründe erscheinen in jenem lückenlosen Bericht, denn Gott "wird ans Licht bringen, auch was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen". 1.Korinther 4,5. "Siehe, es steht vor mir geschrieben ..., ja ich will es ihnen heimzahlen, beides, ihre Missetaten und ihrer Väter Missetaten miteinander, spricht der HERR." Jesaja 65,6.7. WHF 147 2 Eines jeden Taten werden noch einmal vor Gott aufgerollt und als treu oder untreu befunden. Unter dem Namen eines jeden wird in den himmlischen Büchern mit peinlicher Genauigkeit jedes schlechte Wort, jede selbstsüchtige Handlung, jede unerfüllte Pflicht, jede verborgene Sünde und jede listige Verstellung festgehalten. Mißachtete Mahnungen Gottes, verschwendete Augenblicke, ungenutzte Gelegenheiten, Einflüsse zum Guten oder Bösen mit ihren weitreichenden Folgen, alles wird von dem berichtführenden Engel aufgezeichnet. Gottes Gebote als Maßstab WHF 148 1 Das Gesetz Gottes ist der Maßstab, nach dem das ganze Leben eines Menschen im Gericht geprüft werden wird. In der Heiligen Schrift heißt es: "Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen. Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen." Prediger 12,13.14. Und der Apostel Jakobus ermahnte seine Brüder: "Redet so und handelt so wie Leute, die dereinst durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden." Jakobus 2,12. WHF 148 2 Wer im Gericht für "würdig erfunden" ist, wird an der Auferstehung der Gerechten teilhaben. Jesus sagte: "Welche aber gewürdigt werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten ... sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, weil sie Kinder sind der Auferstehung." Lukas 20,35.36. WHF 148 3 "Und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens." Johannes 5,29. Demnach werden die gerechten Toten erst auferweckt, nachdem sie im Gericht würdig erfunden worden sind zur "Auferstehung des Lebens". Sie werden also nicht persönlich bei diesem Gericht zugegen sein, wenn ihre Lebensberichte geprüft und danach ihr Geschick entschieden wird. Jesus, der Fürsprecher WHF 148 4 Jesus wird als ihr Fürsprecher vor Gott für sie eintreten. "Ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist." 1.Johannes 2,1. "Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, das mit Händen gemacht ist, welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns." "Daher kann er auch auf ewig selig machen, die durch ihn zu Gott kommen; denn er lebt immerdar und bittet für sie." Hebräer 9,24; Hebräer 7,25. WHF 149 1 Mit dem Auftun der Bücher wird der Lebenslauf eines jeden, der an Jesus geglaubt hat, vor Gott aufgerollt werden. Unser Fürsprecher beginnt mit denen, die zuerst auf Erden lebten, prüft dann die nachfolgenden Geschlechter und schließt mit den Lebenden. Jeder Name wird erwähnt, das Leben jedes einzelnen genau untersucht. Es werden Namen angenommen, Namen verworfen. Sind bei manchen Namen Sünden verzeichnet, die nicht bereut und vergeben wurden, dann werden diese Namen aus dem Buch des Lebens getilgt und der Bericht ihrer guten Taten aus dem Gedenkbuch Gottes gelöscht. Einst erklärte der Herr dem Mose: "Ich will den aus meinem Buch tilgen, der an mir sündigt." 2.Mose 32,33. Und der Prophet Hesekiel sagte: "Und wenn sich der Gerechte abkehrt von seiner Gerechtigkeit und tut Unrecht ..., an alle seine Gerechtigkeit, die er getan hat, soll nicht gedacht werden." Hesekiel 18,24. WHF 149 2 Doch bei den Namen derer, die ihre Sünden aufrichtig bereut und das Blut Christi im Glauben als ihr versöhnendes Opfer angenommen haben, wird die gewährte Vergebung in den Himmelsbüchern vermerkt. Da sie Teilhaber der Gerechtigkeit Christi geworden sind und ihr Wesen in Einklang mit den Geboten Gottes stand, werden ihre Sünden ausgetilgt und sie selbst des ewigen Lebens für würdig erachtet. Durch den Propheten Jesaja sagt der Herr: "Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht." Jesaja 43,25. Und Jesus sichert uns zu: "Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln." "Wer nun mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater." Offenbarung 3,5; Matthäus 10,32.33. Das Gerichtsgeschehen WHF 150 1 Selbst die stärkste Anteilnahme der Menschen an Entscheidungen irdischer Gerichtshöfe ist nur ein schwacher Vergleich zu der beim himmlischen Gerichtshof herrschenden Aufmerksamkeit, wenn die im Buch des Lammes eingetragenen Namen zur Überprüfung vor den Richter der ganzen Welt gebracht werden. Der göttliche Mittler legt für alle, die durch den Glauben an sein Blut überwunden und Vergebung ihrer Sünden empfangen haben, Fürsprache ein. Er bittet für sie, damit sie wieder in den paradiesischen Zustand eingesetzt und als Miterben Christi Anteil haben an der "früheren Herrschaft". Micha 4,8. Durch seine Bemühungen, die Menschen zu verführen, hatte Satan gehofft, Gottes Plan zur Errettung der Menschen vereiteln zu können; Christus aber tritt dafür ein, daß dieser Plan ausgeführt wird, so als wäre der Mensch nie gefallen. Er bittet für sein Volk nicht nur um völlige umfassende Vergebung und Rechtfertigung, sondern auch um dessen Anteil an seiner Herrlichkeit und Macht. WHF 150 2 So wie Jesus für diejenigen Fürbitte einlegt, die unter seiner Gnade stehen, so beschuldigt sie Satan vor Gott als Übertreter. Der große Betrüger suchte sie in Zweifel zu verstricken, ihr Vertrauen auf Gott zu erschüttern und sie dadurch zum Ungehorsam zu verleiten. Nun verweist er auf ihren Lebensbericht, auf ihre charakterlichen Mängel und darauf, wie unähnlich sie Christus sind, wie sie ihrem Erlöser Schande bereitet haben. Er zeigt auf alle Sünden, zu denen er sie verleitet hat, und erhebt damit die Forderung, sie für sich beanspruchen zu können. WHF 151 1 Jesus entschuldigt ihre Sünden nicht, verweist aber auf ihre Reue und ihren Glauben und bittet für sie um Vergebung; er erhebt seine durchbohrten Hände vor dem Vater und den heiligen Engeln und bezeugt: ich kenne sie bei Namen, ich habe sie in meine Hände gezeichnet. "Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes, zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten." Psalm 51,19. Und dem Ankläger seines Volkes erklärt er: "Der HERR schelte dich, du Satan. Ja, der HERR, der Jerusalem erwählt hat, schelte dich. Ist dieser nicht ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerettet ist?" Sacharja 3,2. Christus wird seine Getreuen mit seiner eigenen Gerechtigkeit bekleiden, damit er sie seinem Vater darstellen kann "als eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen". Epheser 5,27. Ihre Namen stehen im Buch des Lebens; von ihnen gilt das Wort: "Die werden mit mir wandeln in weißen Kleidern, denn sie sind's wert." Offenbarung 3,4. WHF 151 2 So wird die vollkommene Erfüllung der Verheißung des Neuen Bundes verwirklicht werden: "Ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken." "Zur selben Zeit und in jenen Tagen wird man die Missetat Israels suchen, spricht der HERR, aber es wird keine da sein, und die Sünden Judas, aber es wird keine gefunden werden." Jeremia 31,34; Jeremia 50,20. "Zu der Zeit wird, was der HERR sprießen läßt, lieb und wert sein und die Frucht des Landes herrlich und schön bei denen, die erhalten bleiben in Israel. Und wer da wird übrig sein in Zion und übrig bleiben in Jerusalem, der wird heilig heißen, ein jeder, der aufgeschrieben ist zum Leben in Jerusalem." Jesaja 4,2.3. WHF 151 3 Das Untersuchungsgericht und die Austilgung aller Sünden der Gläubigen werden vor der Wiederkunft des Herrn abgeschlossen sein. Da die Toten nach den Berichten in den Büchern gerichtet werden, ist es nicht möglich, daß das Lebenswerk eines jeden vor Abschluß des Gerichts untersucht und seine Sünden ausgetilgt werden. Der Apostel Petrus bestätigt eindeutig, daß die Sünden der Gläubigen ausgelöscht werden sollen, "auf daß da komme die Zeit der Erquickung von dem Angesicht des Herrn und er sende den, der euch zuvor zum Christus bestimmt ist, Jesus". Apostelgeschichte 3,20. Wenn das Untersuchungsgericht beendet ist, wird Christus kommen und sein Lohn mit ihm, einem jeglichen zu geben, wie seine Werke sind. Das abschließende Werk WHF 152 1 Im sinnbildlichen Dienst trat der Hohepriester, nachdem er die Versöhnung für Israel vollbracht hatte, wieder heraus und segnete die Gemeinde. So wird auch Christus nach Beendigung seines Mittleramtes erscheinen, "nicht um der Sünde willen, sondern denen, die auf ihn warten, zum Heil" (Hebräer 9,28), und sein wartendes Volk mit dem ewigen Leben segnen. Wie einst der Priester die Sünden, nachdem sie aus dem Heiligtum entfernt waren, auf das Haupt des noch lebenden Bocks für Asasel bekannte, so wird Christus alle Sünden auf Satan, den Urheber und Anstifter der Sünde, legen. Dieser Asasel, beladen mit den Sünden Israels, wurde "in die Wildnis" geführt (3.Mose 16,22); ebenso wird Satan dann die Schuld all der Sünden zu tragen haben, zu denen er Gottes Volk verführte. Tausend Jahre wird er auf der Erde gebannt sein, die dann wüst und leer sein wird, um zuletzt die volle Strafe für alle Sünden in dem Feuer zu erleiden, das alle Heilsverächter vernichten wird. Auf diese Weise wird der Erlösungsplan vollendet werden mit der endgültigen Ausrottung der Sünde und der Errettung aller, die willens waren, dem Bösen zu widerstehen. Untrügliche Berichte WHF 153 1 Zu der von Gott für das Gericht vorgesehenen Zeit, nach Ablauf der zweitausenddreihundert Tage im Jahre 1844, begann die Untersuchung und die Austilgung der Sünden. Alle, die jemals den Namen Christi angenommen haben, werden einer genauen Prüfung unterzogen. Lebende und Tote werden gerichtet, "nach dem, was geschrieben steht in den Büchern, nach ihren Werken". WHF 153 2 Sünden, die nicht bereut und unterlassen wurden, können nicht vergeben und nicht aus den Büchern ausgetilgt werden, sondern werden am Tag Gottes gegen den Sünder zeugen. Mag er seine bösen Taten am hellen Tag oder im Dunkel der Nacht begangen haben; alles wird offenbar sein vor dem, in dessen Hand wir stehen. Gottes Engel sind Zeuge jeder Sünde gewesen und hielten sie in untrüglichen Berichten fest. Man mag die Sünde verhehlen, verleugnen oder vor Vater, Mutter, Frau und Kind verbergen; mag niemand auch nur den allergeringsten Verdacht eines begangenen Unrechts hegen; vor den himmlischen Zeugen ist alles offenbar. Selbst die Verschlagenheit abgefeimter Betrüger kann nicht einen Gedanken vor dem durchdringenden Auge des Allgegenwärtigen verschleiern. Vor Gott liegt ein genauer Bericht aller ungerechten Vorgänge und jeder ungetreuen Handlung. Er kann nicht durch den Schein eines gottseligen Wesens getäuscht werden; er irrt sich auch nicht in der Beurteilung eines Menschen. Es mag manchem gelungen sein, seine Mitmenschen zu betrügen; aber Gottes Augen durchdringen alle Täuschungsversuche; er kennt selbst die WHF 153 3 verborgensten Beweggründe. Wie ernst ist doch dieser Gedanke! Ein Tag nach dem andern vergeht und hinterläßt die Spuren seiner Geschehnisse in den himmlischen Büchern. Einmal gesprochene Worte, einmal begangene Taten lassen sich nie mehr ungeschehen machen. Die Engel haben alles festgehalten, das Gute wie das Böse. Der gewaltigste Machthaber auf Erden ist nicht imstande, auch nur den Bericht eines einzigen Tages auszulöschen. Unsere Taten, unsere Worte, ja unsere geheimsten Gedanken tragen alle zur Entscheidung unseres Schicksals bei, sei es zum Leben oder zum Tod. Und sollten wir sie auch vergessen haben, so werden sie doch Zeugnis ablegen und uns rechtfertigen oder verdammen. WHF 154 1 So wie die Gesichtszüge eines Menschen durch Künstlerhand mit untrüglicher Genauigkeit auf einer Kupferplatte wiedergegeben werden, so wird das Wesen eines Menschen in den himmlischen Büchern dargestellt. Doch wie sorglos und unbekümmert ist man über den Bericht, der offen vor den Augen himmlischer Wesen ausliegt. Könnte der Schleier, der die sichtbare Welt von der unsichtbaren trennt, zurückgezogen werden und könnten die Menschen einem Engel zusehen, der jedes Wort und jede Tat für das Gericht aufzeichnet, wieviele unnütze Worte blieben unausgesprochen, wieviele böse Taten ungetan! WHF 154 2 In diesem Gericht wird der Gebrauch der anvertrauten Gaben genau geprüft werden. Wie haben wir die uns vom Himmel verliehenen Gaben verwendet? Wird der Herr bei seinem Erscheinen sein Eigentum mit Gewinn nehmen können? Haben wir die uns anvertrauten Kräfte des Körpers und des Geistes zur Verherrlichung Gottes und zum Besten unserer Umwelt eingesetzt? Wie haben wir unsere Zeit, unsere Stimme, unser Geld, unseren Einfluß verwertet? Was haben wir für Christus getan, der uns in Gestalt der Hilfsbedürftigen und Heimgesuchten, der Witwen und Waisen begegnete? Gott hat uns beauftragt, sein heiliges Wort zu bewahren; was haben wir mit dem Licht der Erkenntnis und der Wahrheit getan? Haben wir uns bemüht, Menschen zur Seligkeit zu führen? Ein bloßes Bekennen unseres Glaubens an Christus ist wertlos; nur die Liebe, die sich in guten Werken erweist, wird als echt anerkannt. Es ist allein die Liebe, die in den Augen des Himmels eine Tat wertvoll macht. Was aus Liebe geschieht, wie gering es auch in der Menschen Augen scheinen mag, wird Gott annehmen und belohnen. WHF 155 1 Sogar die verborgene Selbstsucht der Menschen wird durch die Bücher des Himmels offenbar. Dort findet sich auch der Bericht über alle unterlassenen Pflichten gegenüber dem Nächsten, über jede Nachlässigkeit den Forderungen des Heilandes gegenüber. Dort wird erkennbar, wie oft wir Satan unsere Zeit, unsere Gedanken und unsere Kraft zur Verfügung gestellt haben, die doch Christus gehörten. Oft sind es betrübliche Berichte, die die Engel zum Himmel tragen. Verständige Leute, die sich Nachfolger Christi nennen, haben sich völlig vom Trachten nach irdischem Gut oder der Jagd nach zeitlichen Vergnügungen gefangennehmen lassen. Geld, Zeit und Kraft werden eitler Selbstgefälligkeit geopfert; aber nur wenige Augenblicke dem Gebet und Schriftstudium, der Selbstbesinnung und dem Bekenntnis der eigenen Sünde. WHF 155 2 Satan erfindet unzählige Möglichkeiten, unsere Gedanken zu beschäftigen und uns dadurch von dem Werk abzulenken, mit dem wir am innigsten vertraut sein sollten. Der Erzbetrüger haßt die Wahrheit, die uns auf das versöhnende Opfer Christi und seinen Dienst als unser Fürsprecher hinweist. Er weiß, daß für ihn alles davon abhängt, die Gedanken von Jesus und seiner Botschaft abzulenken. Heiligung in der Furcht Gottes WHF 155 3 Wer die Segnungen der Fürsprache Christi empfangen möchte, darf sich durch nichts davon abhalten lassen, durch die Furcht Gottes in der Heiligung zu wachsen. Statt kostbare Stunden dem Vergnügen, der Eitelkeit oder der Gewinnsucht zu opfern, wäre es besser, sie ernstem Gebet oder dem Studium des Wortes Gottes zu widmen. Das Wesen des Heiligtums und des Untersuchungsgerichts sollte Gottes Volk richtig verstehen lernen. Jeder muß für sich selbst die Erkenntnis vom Wesen und Werk seines großen Hohenpriesters gewinnen; sonst wird es ihm unmöglich sein, in dem für unsere Zeit so wesentlichen Glauben zu bestehen und den Platz einzunehmen, den er nach Gottes Willen ausfüllen soll. Jeder hat seine Seele zu retten, oder er wird sie verlieren. Jedes Leben wird eines Tages vor den Schranken des Gerichtes Gottes entschieden werden. Jeder muß vor dem Angesicht des großen Richters erscheinen. Daher ist es für jeden von uns so wichtig, immer wieder darüber nachzudenken, daß Gericht gehalten und die Bücher aufgetan werden; daß jeder mit Daniel auferstehen muß zu seinem Erbteil am Ende der Tage. WHF 156 1 Jeder Gläubige, dem die Erkenntnis dieser Wahrheit aufgegangen ist, hat die Pflicht, Zeugnis davon abzulegen. Das himmlische Heiligtum ist wahrhaftig der Mittelpunkt des Gnadenwerkes Christi für uns. Das geht jeden auf dieser Erde an. Hier wird uns der Blick geöffnet für den Erlösungsplan, der uns bis ans Ende der Zeiten führt und den siegreichen Ausgang des Kampfes zwischen Gerechtigkeit und Sünde offenbart. Daher ist es von größter Bedeutung, daß wir Stück um Stück dieser biblischen Wahrheit untersuchen, damit wir jedem, der uns nach dem Grund unserer Hoffnung fragt, recht antworten können. WHF 156 2 Christi Mittlerdienst für uns Menschen droben im Heiligtum gehört ebenso zum Heilsplan wie sein Tod am Kreuz. Mit seinem Tode begann er das Werk, das zu vollenden er nach seiner Auferstehung gen Himmel fuhr. Wir müssen im Glauben "in das Innere hinter dem Vorhang" eingehen, "dahin ist als Vorläufer für uns eingegangen Jesus". Hebräer 6,19.20. Dort leuchtet das strahlende Licht vom Kreuz auf Golgatha. Dort gewinnen wir ein klareres Verständnis der Geheimnisse des Erlösungsplanes. Die Erlösung des Menschen wurde mit unermeßlichen Kosten erkauft; das dargebrachte Opfer entspricht allen Anforderungen des gebrochenen Gesetzes Gottes. Jesus hat den Weg zum Thron des Vaters gebahnt, und durch seinen Mittlerdienst kann das aufrichtige Verlangen aller Menschen, die im Glauben zu ihm kommen, vor Gott gebracht werden. WHF 157 1 "Wer seine Sünde leugnet, dem wird's nicht gelingen; wer sie aber bekennt und läßt, der wird Barmherzigkeit erlangen." Sprüche 28,13. Sähen es doch alle, die ihre Fehler verbergen und entschuldigen, wie Satan über sie frohlockt, wie Christus und die heiligen Engel durch einen sündhaften Wandel geschmäht werden, so würden sie ihre Sünden bekennen und ablegen. Indem Satan einzelne Charakterschwächen ausnutzt, versucht er sich der gesamten Gedankenwelt zu bemächtigen, und er weiß auch, daß ihm das gelingen wird, wo solche Schwächen gehegt werden. Immer wieder will er die Nachfolger Christi mit seinen spitzfindigen Trugschlüssen täuschen, als ob es unmöglich sei, die Sünde zu überwinden. Aber Jesus bittet für seine Nachfolger mit seinen durchbohrten Händen und seinem zerschlagenen Leib. Er versichert jedem, der an ihn glaubt: "Laß dir an meiner Gnade genügen." 2.Korinther 12,9. "Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht." Matthäus 11,29.30. Keines Menschen Fehler sind unheilbar. Gott wird Glauben und Gnade verleihen, sie zu überwinden. Die Zeit des großen Versöhnungstages WHF 157 2 Wir leben in der Zeit des großen Versöhnungstages. Im sinnbildlichen Dienst wurden alle zu ernster Reue vor Gott aufgefordert, während der Hohepriester für Israel die Versöhnung erwirkte. Sie bekannten ihre Sünden und demütigten sich vor dem Herrn, damit sie nicht aus dem Volk ausgeschlossen würden. In gleicher Weise sollten alle, die ihren Namen im Lebensbuch erhalten wollen, in diesen letzten Tagen der Gnadenzeit Leid tragen über ihre Sünden und sich in wahrhafter Reue zu Gott kehren. Ernst und gewissenhaft sollen wir unser Wesen vor ihm prüfen. Der leichtfertige, oberflächliche Geist, der so viele bekenntliche Christen beherrscht, muß abgelegt werden. Es ist ein harter Kampf, die üblen Neigungen, die nach Macht streben, zu überwinden. Das Werk der Vorbereitung ist eine persönliche Aufgabe. Wir werden nicht scharenweise erlöst. Die Frömmigkeit und Reinheit des einen kann nicht die Mängel des andern ausgleichen. Wenn auch alle Völker vor dem Gericht Gottes erscheinen müssen, wird Gott doch den Fall jedes einzelnen so gründlich und genau untersuchen, als gäbe es keinen andern auf Erden. Jeder muß bei seiner Prüfung ohne Flecken, Runzel oder etwas dergleichen erfunden werden. WHF 158 1 Sehr ernst sind die Vorgänge, die den Abschluß des Versöhnungswerkes bilden; folgenschwer die damit verbundenen Tatsachen. Das Gericht geht jetzt im himmlischen Heiligtum vor sich. Schon viele Jahre wird dies Werk getan. Bald -- niemand weiß wann -- werden die Berichte der gegenwärtig Lebenden untersucht werden. In der Gegenwart Gottes wird unser Leben vor ihm entrollt werden. Mehr denn je sollte darum jede Seele die Mahnung des Heilandes beherzigen: "Sehet euch vor, wachet! denn ihr wisset nicht, wenn die Zeit da ist." Markus 13,33. "Wenn du aber nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde." Offenbarung 3,3. WHF 158 2 Wenn das Untersuchungsgericht abgeschlossen wird, ist das Schicksal aller Menschen entweder zum Leben oder zum Tod entschieden. Die Gnadenzeit endet kurz vor dem Erscheinen des Herrn in den Wolken des Himmels. Christus erklärt im Hinblick auf diese Zeit: "Wer böse ist, der sei fernerhin böse, und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein; aber wer fromm ist, der sei fernerhin fromm, und wer heilig ist, der sei fernerhin heilig. Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sind." Offenbarung 22,11.12. WHF 159 1 Gerechte und Gottlose werden dann noch in ihrem sterblichen Zustand auf Erden leben: sie werden pflanzen und bauen, essen und trinken und nicht wissen, daß die endgültige und unwiderrufliche Entscheidung im himmlischen Heiligtum bereits gefallen ist. Vor der Sintflut, nachdem Noah in die Arche gegangen war, machte Gott hinter ihm zu und schloß alle anderen aus; sieben Tage lang setzten die Menschen ihre gleichgültige, vergnügungssüchtige Lebensweise fort und spotteten über die Warnung vor einem drohenden Gericht, ohne zu wissen, daß ihr Schicksal bereits entschieden war. "So wird auch sein das Kommen des Menschensohnes" (Matthäus 24,39), sagte der Heiland. Wie ein Dieb in der Nacht wird die entscheidende Stunde kommen, in der sich das Schicksal jedes Menschen erfüllt und die den Sündern angebotene göttliche Gnade auf immer entzogen wird. WHF 159 2 "So wachet nun ..., auf daß er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt." Markus 13,35.36. Gefährlich ist der Zustand derer, die -- des Wachens müde -- sich den Verführungen hingeben. In der Stunde, da der eine ganz in der Jagd nach Gewinn aufgeht, da der andere nur seinem Vergnügen lebt und Befriedigung in der Eitelkeit sucht, wird der Richter der Welt den Urteilsspruch verkünden: "Man hat dich auf der Waage gewogen und zu leicht befunden." Daniel 5,27.